Müssen Sie mit dem Sohn Fachgespräche über Memmeon und Aquahaubitzen führen? Fragen Sie sich auch, warum diese Conni so wahnsinnig nervt? Wir stellen fünf Kinderheldinnen und -helden vor, die in (fast) jedem Kinderzimmer zu finden sind.

Monster mit ulkigen Namen, Hunde, die in Autos sitzen, eine Schweinefamilie, die sich totlacht – Kinder haben ihre eigenen Helden. Eltern können oft nicht nachvollziehen, warum eine Figur so heiß geliebt wird. Hier werden einige dieser Wesen vorgestellt – von Eltern für Eltern:

 

Pokémon

Welche Begeisterung ein kleines Stück Papier auslösen kann: „Ich hab’ Reshiram V“, schallt es durch die Wohnung. Alles klar, der Junge hat mal wieder sein Taschengeld für ein Pokémon-Karten-Pack auf den Kopf gehauen. Wie viele dieser überteuerten Sammelkarten kann ein Kind haben wollen?

Sollten Sie noch nie etwas von Pokémon gehört haben, dürfte Ihre Kindheit schon länger her sein. Die Faszination für die kleinen Monsterwesen, die der Japaner Satoshi Tajiri erfunden hat, hält erstaunlich lange an. 1996 ging der Siegeszug los, da kam das erste Spiel von Nintendo auf den Markt.

Inzwischen gibt es ein ganzes Pokémonuniversum mit zahlreichen Computerspielen, Filmen und Merchandising-Produkten. Besonders beliebt: die Smartphone-Spiele-Version Pokémon Go.

1008 Monster mit teils grandiosen Namen

Es ist erstaunlich: Mit Vokabellernen tun sich viele Kinder schwer. Aber Pokémon und ihre Weiterentwicklungen rattern sie mühelos herunter. Was eine Leistung ist. Schließlich gibt es 1008 „pocket monster“, daher der Name Pokémon. Das wohl bekannteste ist gelb, hat lange Ohren und kann sich elektrisch aufladen. Sein Name: Pikachu. Zu den 151 Pokémon der ersten Stunde gehören auch das tollpatschige Enton, das unter Kopfschmerzen leidet, und das rosafarbene Pummeluff, das seine Feinde in den Schlaf singt und das sich – die Namen vieler Pokémon sind grandios – zu einem Knuddeluff weiterentwickeln kann.

Die Logik hinter dem Spiel ist für Uneingeweihte wie ein Buch mit sieben Siegeln. Kleiner Tipp: Wenn Sie sich trotzdem mit einem Kind über diese Helden unterhalten wollen, fragen Sie es nach seinen sechs liebsten Pokémon. Das ist ein Selbstläufer. Aber rechnen Sie nicht damit, dass Sie die Antwort verstehen.

Unterhaltungen über Pokémon laufen gerne mal so ab: Kind: „Intelleon ist mein fünftliebstes Pokémon.“ Mutter: „Warum?“ Kind: „Intelleon ist die letzte Entwicklung von Memmeon. Es ist ein Geheimagenten-Pokémon vom Typ Wasser und es hat eine sehr starke Attacke, die Aquahaubitze.“ Mutter: „Aha.“ Kind: „Und es hat eine Gigadynamax-Form, die beeindruckend ist.“ Mutter: „A-ha“?

Paw Patrol

Wer ein Kindergartenkind hat, kommt an diesen Helden auf vier Pfoten nicht vorbei: „Paw Patrol“, die Pfotenpatrouille mit einem Jungen namens Ryder als Anführer. Die kanadische Zeichentrickserie (Zielgruppe sind Zwei- bis Sechsjährige) ist nicht nur in Deutschland unfassbar erfolgreich, sondern in insgesamt 160 Ländern.

Die Episoden laufen nach einem einfachen Prinzip ab: Ryder erreicht ein Notruf, weil ein Mensch oder Tier ein Problem hat. Schon versammelt sich sein Hundeteam bereit zur (stets erfolgreichen) Rettung in der Zentrale: Chase, Marshall, Rubble, Rocky, Zuma und Skye – fünf Hunde und eine Hündin.

Das Geschlechterverhältnis ist suboptimal. Die Hündin ist gut zu erkennen – sie trägt (natürlich) rosa. Neben der Pilotenhündin gibt es einen Feuerwehrhund, einen Polizistenhund, einen Bauarbeiterhund, einen Handwerkerhund und einen Wasserrettungshund.

Kaum auf dem Flohmarkt, schon wieder verkauft

Jedes Tier bringt seine Fähigkeiten ins Team ein – und jedes hat einen Spruch: zum Beispiel „Ich bin ein Wuff-Wuff-Rettungshund“ oder „Rubble macht es rucki, zucki“. Auch der Sohn einer Freundin war eine Zeitlang Paw-Patrol-verrückt. „Kein Job ist zu groß, kein Hund ist zu klein“ – den Titelsong sang er mit Hingabe mit. Und die „sch…teuren“ Gefährte (O-Ton Mutter) der Hunde musste er natürlich unbedingt haben. Wie eigentlich alle in seiner Kita. Da würden schon in den Jüngsten Konsumwünsche geweckt, kritisiert die Freundin. Doch sich dem entziehen? Schwierig.

Mit Eintritt in die Schule war die „Paw Patrol“-Begeisterung verflogen. Und die teuren Gefährte? Die habe ihr Sohn auf dem Flohmarkt verkauft. Kaum lagen sie auf dem Tisch, waren sie schon weg. Daran kann sich der Junge gut erinnern. Ansonsten hat „Paw Patrol“ bei ihm keinen bleibenden Eindruck hinterlassen. Nicht einmal die Namen der Hunde weiß er noch.

Peppa Wutz

Wenn die Kinder klein sind, setzt man sich als gute Eltern manchmal mit aufs Sofa, um sich anzusehen, was das Kind da glotzt und danach – Rat der Medienpädagogen – mit ihm „über das Gesehene ins Gespräch zu kommen“. Manche Sendungen sind für Erwachsene eine echte Zumutung (siehe „Paw Patrol“), andere guckt man ganz gern mit.

Neben „Shaun das Schaf“ ist zum Beispiel die britische Zeichentrickserie „Peppa Wutz“ sehr elterntauglich – vielleicht auch deshalb, weil die vermenschlichten Tierfiguren nicht nur drollig anzusehen sind, sondern man sich in dieser durchschnittlichen Mittelschicht-Schweinefamilie so schön wieder finden kann: Da ist Papa Wutz, der zwei linke Hufe hat, sehr viel isst und sich ständig verfährt, ohne es zugeben zu wollen. Da sind die gewitzte Tochter Peppa Wutz und ihr putziger kleiner Bruder Schorsch. Da sind Opa Wutz, der all das repariert, was Papa Wutz vorher kaputt gemacht hat – und natürlich Mama Wutz, das eigentliche Kompetenzzentrum der Familie.

Sie essen Kringelkekse

Zusammen erleben sie all die unspektakulären und gerade deshalb so zauberhaften oder witzigen Dinge des Familienalltags: Mal entdecken die Kinder eine Spinne im Bad, mal essen alle zusammen Kringelkekse, mal basteln die Eltern für das Schulprojekt der Tochter aus einem Karton und Klopapierrollen eine Burg . Wobei, manchmal wird es schon ein bisschen spektakulär, wenn zum Beispiel Papa Wutz den Rekord im Matschpfützenspringen aufstellt. Am Ende jeder Folge werfen sich sämtliche Familienmitglieder auf den Boden und lachen zusammen.

Bei Spiegel.de hat eine Autorin die Serie mal als antifeministisch bezeichnet, weil sie stereotype Rollenbilder verbreite (Papa fährt Auto, Mama kocht). Wahrscheinlich hat sie damit sogar recht, aber sehr wahrscheinlich macht gerade das die Sendung so besonders authentisch.

Meine Freundin Conni

Eigentlich hat einem dieses Mädchen gar nichts getan, trotzdem geht sie einem – also den Eltern, nicht den Kindern – mit der Zeit wahnsinnig auf die Nerven. Dabei erlebt „Meine Freundin Conni“ nur den ganz normalen Alltag eines Kita- und später Grundschulkindes, was inmitten all der krassen Gestalten und Superhelden (siehe Pokémon, siehe Paw Patrol) , die sich sonst in Kinderserien tummeln, etwas tröstlich Bodenständiges hat.

Die blonde Zeichentrick-Conni mit dem Ringelpulli bekommt – um nur einige der gefühlt fünf Trilliarden Conni-Erlebnisse zu nennen – eine Katze, lernt Radfahren, geht Zelten, zieht um, muss zum Zahnarzt, fährt auf den Ponyhof, feiert Fasching, hat einen Schnupfen oder Geburtstag und wird schon mal ein Clown. Das Perfide dabei: Sie erlebt und erträgt all diese epochalen Entwicklungssprünge, in denen sich immerhin nicht weniger als die Evolution der Menschheit spiegelt, so trotzanfall – und nervenzusammenbruchslos, dass es einfach unerträglich ist.

Keine Abgründe und vervelose Eltern

Nein, dieses Mädchen hat wirklich gar keine Abgründe, keine Ecken und Spleens, die Kinder im echten Leben ausmachen und vielleicht der wahre Grund sind, warum man sich als Eltern so richtig in sie verknallt.

Conni hingegen ist das Abziehbild eines Kindes. Gleiches gilt für ihre Eltern, zwei vollkommen vervelose, gähnend langweilige, in praktische Elternkleidung gewandete, nie schlecht gelaunte oder rummotzende sondern immer verständnisvolle Menschen. Schon klar, eine Kinderzeichentrickserie für Vorschulkinder ist kein deutscher Autorenfilm aus den 1970-er Jahren. Und wahrscheinlich ist es gerade diese Abwesenheit von echten Konflikten, die sie für Kinder so anziehend macht. Trotzdem: Ein bisschen mehr Menschlichkeit könnte man schon erwarten.

Die drei Ausrufezeichen

„Die drei !!!“ sind eigentlich schnell erklärt: Sie sind „Die drei ???“ für Mädchen, jener Dauererfolgsreihe um drei jugendliche Detektive in Amerika. Bei den Ausrufezeichen, die Kinder ab acht Jahren mit Hörspielen, Büchern und Filmen ansprechen sollen, ermitteln nun drei Teenager-Mädchen: Kim Jülich, Franziska Winkler und Marie Grevenbroich bedienen alle Haarfarben-Geschmäcker und repräsentieren verschiedene Frauentypen: burschikos-technikaffin, sportlich-tierlieb, schönblond-und-trotzdem-schlau.

Immerhin mal Heldinnen in Abenteuergeschichten

Man kann das schrecklich schablonenhaft finden – zumal die Fälle dann oft recht klischeemäßig in Fitnessstudios, Topmodel-Kreisen oder bei Pferdeshows spielen. Man kann aber andererseits schon froh sein, dass da überhaupt drei Mädchen die Hauptfiguren in Abenteuer- und Kriminalgeschichten sind. Immerhin hat eine Studie des Instituts für Medienforschung an der Uni Rostock vor ein paar Jahren ergeben, dass im Kinderfernsehen durchschnittlich nur eine von vier Figuren weiblich ist.