Der Verdacht drängt sich auf, dass es den Gewerkschaftern gar nicht mehr darum geht, den Besitzstand zu wahren, sondern dass sich ihr Widerstand gegen die Pläne von Konzernchef Spohr richtet, der den Kranich grundlegend neu aufstellen will. Das von Spohrs Vorgänger Christoph Franz eingeleitete „Zukunftsprogramm Score“, mit dem das Ergebnis um 1,5 Milliarden Euro verbessert werden sollte, ist weitgehend auf den Weg gebracht – doch es wird nicht reichen. „Das Wettbewerbsumfeld hat sich dramatisch verändert“, sagt Airbus-Pilot Spohr. Billigflieger in Europa, entschuldete Konkurrenten aus Nordamerika sowie aggressive Wettbewerber mit Staatslenkern im Rücken aus dem Mittleren Osten oder der Türkei haben zur Aufholjagd geblasen.

 

Die Lufthansa will ihre Führungsposition aber nicht kampflos aufgeben. Anfang Juli präsentierte Spohr sein Konzept, mit dem er auf drei Gebieten erfolgreich sein möchte: Lufthansa, sowie die Töchter Swiss, AUA und Brussels Airline, sollen weiterhin als Qualitätsanbieter unterwegs sein. Germanwings und vom nächsten Jahr an auch die Tochter Eurowings sollen im Europaverkehr den Billigfliegern wie Rynaiar oder Easyjet Paroli bieten. Und auf der Langstrecke sollen ältere Großraumflieger solche Strecken fliegen, die sich für die Lufthansa unter alten Bedingungen nicht mehr rechnen.

Das Zentrum des Luftverkehrs verschiebt sich nach Osten

Ob dieser Plan aufgehen kann, ist unter Experten umstritten – wenn sich die Piloten gegen jegliche Veränderung wehren, wird es ohnehin schwer, den Beweis anzutreten. Viele Alternativen aber bleiben nicht, denn das Wachstum im Luftverkehr wird nicht in Europa stattfinden, sondern dort, wo Wettbewerber der Lufthansa die Nase vorn haben.

Weil sich das Epizentrum der weltweiten Verkehrs- und Frachtströme im 21. Jahrhundert „komplett und für immer“ nach Osten verschiebt, rechnet sich etwa der Chef von Emirates, Tim Clark, beste Chancen aus, die Frankfurter schon bald überholt zu haben. So wie sich der Frankfurter Großraum mit Hilfe der Lufthansa zum Kraftzentrum der europäischen Verkehrsströme entwickelt hat, so gilt dies nun für Dubai im Weltmaßstab.