Annette Schavan hat den Prozess um ihren Doktortitel verloren. Das Düsseldorfer Verwaltungsgericht hat die Plagiatsvorwürfe bestätigt. „Da wird der Versuch gestartet, etwas Eigenes vorzutäuschen“, urteilte die Richterin.

Düsseldorf - Schon bevor sich das Gericht um die Mittagszeit zur Beratung zurückzog, war Christian Dietrich Bracher klar, dass seine Mandantin an diesem Tag ihren Doktortitel erneut verlieren würde. Die Vorsitzende Richterin Simone Feuerstein hatte nach einer kurzen Sitzungsunterbrechung alle Beweisanträge des Verteidigers von Annette Schavan abgelehnt und aus der Art und Weise, wie die Richterin es getan hatte, konnte man einiges herauslesen.

 

„Wir brauchen für unsere Entscheidung keine weiteren Gutachten“, hatte sie Bracher entgegen geschmettert und seinen Wunsch, darüber hinaus noch weitere Zeugen zur Entlastung der früheren Wissenschaftsministerin zu hören, mit dem kalten Satz „das ist unsubstantiiert“ zurückgewiesen. Als sie dann fragte, ob die Anwälte ein letztes Wort vor dem Urteil in das Verfahren einbringen wollten, zuckte Bracher nur mit den Schultern und schüttelte den Kopf.

Universität berichtet von intensivem Prüfverfahren

Das Gericht hatte zu diesem Zeitpunkt ohnehin zu erkennen gegeben, dass es reichlich Stoff zum Nachdenken in den Akten gab. „Es ist viel geschrieben worden“, begann die Richterin am Morgen die öffentliche Verhandlung, bei der vor allem die Anwälte Schavans ein letztes Mal versuchen wollten, das Gericht gegen die Universität Düsseldorf in Stellung zu bringen. Die Alma Mater hatte der ehemaligen Wissenschaftsministerin im Februar des vergangenen Jahres nach einem intensiven Prüfverfahren den 1980 erworbenen Doktortitel aberkannt. Dagegen war sie vor Gericht gezogen. „Ich habe nicht getäuscht“, hatte Schavan immer wieder öffentlich behauptet, war allerdings trotzdem von ihrem Amt zurückgetreten.

In der mehrstündigen öffentlichen Verhandlung im größten Saal des Düsseldorfer Verwaltungsgerichts wurden noch einmal viele Details des intensiv ausgetragenen Streits zwischen der früheren Ministerin und ihrer Universität beleuchtet. Die Vertreter der Heinrich Heine Universität gaben Einblick in das Verfahren und begründeten ausführlich, warum sie zwingend zu dem Schluss kommen mussten, der prominenten Doktorandin den Titel abzuerkennen. „Die Arbeit ist nicht nur von großer Flüchtigkeit geprägt“, urteilte der universitäre Gutachter Professor Stefan Rohrbacher, „da ist eine Abfolge von Handlungsabsichten zu erkennen, fremdes Gedankengut nicht zu kennzeichnen“.

„Wir hätten gerne an Flüchtigkeit geglaubt“

In seinem Fazit hatte Rohrbacher davon gesprochen, dass er nach seiner Monate währenden Prüfung zu dem eindeutigen Urteil gekommen war, Annette Schavan habe nicht nur schlampig gearbeitet, sie hätte auch eine „leitende Täuschungsabsicht“ gehabt. Nachdem die Richterin den Gutachter bittet, eine entsprechend nicht gekennzeichnete Stelle im Gerichtssaal vorzulesen, fasst sie am Ende für das Protokoll zusammen: „Da wird der Versucht gestartet, etwas Eigenes vorzutäuschen.“

Die Verteidiger zucken an solchen Stellen, sie schaffen es aber nicht, die Vorwürfe zu entkräften. Sie müssen mehrfach einräumen, dass ihre Mandantin vergessen habe, die Sekundärliteratur vollständig anzugeben, bewerten dies aber als Nebensächlichkeit. „Wenn wir an Flüchtigkeit glauben könnten, hätten wir das gerne getan“, hält Rohrbacher an dieser Stelle entgegen, und die Vorsitzende Richterin hat anschließend keine weiteren Fragen. Auch dass Schavans Zitierpraxis im Fach Erziehungswissenschaften in den 80er Jahren üblich gewesen sei, versuchen sie vorzubringen, aber auch dieses Argument scheint vor Gericht nicht zu verfangen.

Trotz des Urteils behält sich die Ex-Ministerin weitere rechtliche Schritte vor. Sie werde darüber aber erst entscheiden, wenn das schriftliche Urteil vorliege, teilte sie mit und verweist darauf, dass „zahlreiche Wissenschaftler meine Dissertation anders bewerten, als dies in Düsseldorf geschehen ist“. Und sie betont: „Den Vorwurf der Täuschung weise ich erneut zurück.“