Doktorarbeit der Bildungsministerin auf dem Prüfstand. Opposition will ihren Rücktritt, sollten sich die Plagiatsvorwürfe bestätigen.

Berlin - Die unter Plagiatsverdacht bei ihrer Promotion stehende Bundesbildungsministerin Annette Schavan hat Rückendeckung von ihrem Doktorvater erhalten. „Die Arbeit entsprach absolut dem wissenschaftlichen Standard“, sagte der Pädagogikprofessor Gerhard Wehle der „Rheinischen Post“ (Dienstag). Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth legte der CDU-Politikerin den Rücktritt nahe, sollte sich der Verdacht bestätigen, dass sie bei ihrer Doktorarbeit getäuscht hat.

 

Am Wochenende war ein Gutachten bekanntgeworden, in dem der Vorsitzende des zuständigen Promotionsausschusses der Universität Düsseldorf laut Medienberichten eine Täuschungsabsicht bei der 32 Jahre alten Doktorarbeit der CDU-Ministerin feststellt. Schavan selbst wies den Täuschungsvorwurf in Interviews zurück und besteht auf einer Anhörung. Nach Informationen der „Bild“-Zeitung will die Ministerin dazu nicht selbst erscheinen, sondern eine schriftliche Stellungnahme schicken.

Schavan will an diesem Dienstag nach Israel reisen. Der mit der Prüfung der Arbeit beauftragte Promotionsausschuss tagt laut „Spiegel“ an diesem Mittwoch. Das Gremium gibt eine Empfehlung an den Fakultätsrat, der schließlich zu entscheiden hat.

Der Doktorvater sagte, er habe Schavan als „ehrlichen Menschen“ kennengelernt. „Wie kann man eine Arbeit über das Gewissen schreiben und dabei täuschen“, fragte der 88-Jährige. Das Gutachten kenne er nicht, die Universität Düsseldorf habe bisher nicht mit ihm gesprochen.

Mehrere führende Forscher kritisieren Verlauf des Plagiatsverfahrens

Die Grünen-Vorsitzende Roth sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Dienstag): „Sollten sich die Vorwürfe als zutreffend erweisen, frage ich mich, wie ausgerechnet die für Wissenschaft und Forschung zuständige Ministerin ihr Amt noch glaubwürdig ausüben will.“ Allein der Verdacht einer wissentlichen Täuschung wiege angesichts der Vorbildfunktion schwer. Schavan müsse „die von ihr selbst gesteckten Maßstäbe und die Kriterien seriöser Forschung besonders penibel erfüllen“.

Mehrere führende Forscher kritisierten das Gutachten und den Verlauf des Plagiatsverfahrens. Der Präsident der Humboldt-Stiftung, Helmut Schwarz, sagte der „Süddeutschen Zeitung“ (Dienstag), es sei skandalös, dass die Öffentlichkeit vor der Betroffenen von den schwerwiegenden Vorwürfen erfahren habe. „Es gab schwere Fehler in dem Verfahren - die Universität sollte nun eine zweite Person bitten, die Vorwürfe sachlich zu prüfen“, forderte er.

Der Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), Matthias Kleiner, sagte dem Blatt, er sei „schon irritiert, dass in einem strikt vertraulichen, personenbezogenen Verfahren ein Gutachten an die Öffentlichkeit gerät, noch dazu bevor es von dem zuständigen Gremium bewertet wurde“. Jürgen Mlynek, Chef der Helmholtz-Gemeinschaft, zeigte sich „verwundert, dass die Arbeit offenbar nur von einem Hochschullehrer geprüft wurde“.