Neuntklässler der Jahnschule Harthausen und der Realschule Bonlanden diskutieren bei einer gespielten Gemeinderatssitzung realistische Anträge.

Bernhausen - Die Vorsitzende blickt in die Runde und stellt fest: „Es sind alle da, wir sind beschlussfähig.“ Alle Gemeinderatsfraktionen sind an diesem Freitagvormittag vertreten. Die Uhrzeit der Gemeinderatssitzung ist ungewöhnlich, ebenso die Namen der Fraktionsvorsitzenden. Die Vorsitzende ist aber zweifelsohne die echte Oberbürgermeisterin Gabriele Dönig-Poppensieker.

 

Die Rathauschefin hat sich Zeit genommen, um beim Planspiel Kommunalpolitik der Friedrich-Ebert-Stiftung Themen zu diskutieren, die den jungen Stadträten unter den Nägeln brennen. Die Räte sind 42 Neuntklässler, Haupt- und Realschüler vom Bildungszentrum Seefälle in Bonlanden und der Jahnschule Harthausen. Wie berichtet, haben sie sich zu Beginn der Woche beim Planspiel auf die Sitzung vorbereitet.

Die Tagesordnung besteht nur aus vier Punkten, aber die behandelten Themen sind durchaus relevant. Wie es bei einer echten Gemeinderatssitzung der Fall ist, antworten Vertreter der Stadtverwaltung auf die Fragen der Räte. Der erste Tagesordnungspunkt ist schnell behandelt. Der Schüler Patrick Manzer liest den Antrag der Freien Wähler vor: Der Gemeinderat möge beschließen, dass die Verwaltung nach Gebäuden sucht, die als Unterkunft für Obdachlose genutzt werden. Jan-Stefan Blessing, stellvertretender Leiter vom Amt für Sicherheit, Ordnung und Soziales, antwortet: „Wir haben sieben Gebäude in der Stadt, die ein Obdachlosenheim sind.“ Die OB gibt eine kurze Erklärung, es gibt keine weiteren Fragen. Antrag abgehakt.

Die Diskussion der Themen verläuft ernsthaft

Bei den nächsten Punkten wird mehr diskutiert. Die FDP-Fraktion fordert mehr Jugendhäuser in der Stadt und eine öffentliche Grillwiese, Grüne/FFL möchten einmal jährlich ein Sommerfest für Jugendliche, die CDU ein Sprachprogramm für Migranten, die SPD-Fraktion bessere Busverbindungen zwischen Filderstadt und Aichtal. Es wird nachgefragt und diskutiert. Beim Sommerfest gehen die Meinungen weit auseinander. Die einen wollen, dass kein Alkohol verkauft wird, die anderen befürchten, dass dann zu wenig Gäste kommen. Soll es Eintritt kosten, braucht man Sicherheitspersonal? Die Diskussion verläuft ernsthaft. Nur einmal muss die OB ermahnen, wie sie es auch im echten Gemeinderat tut: „Keine Zwiegespräche, bitte!“

Die Schüler stimmen über die Anträge ab. Die Forderung nach mehr Jugendhäusern und einer Grillstelle wird an den Beirat für Jugendarbeit weitergegeben, mit dem Vorschlag für ein Sommerfest soll sich der Jugendgemeinderat befassen. Zu den Busverbindungen gibt es noch mehr Klärungsbedarf, bei welchen Linien es Probleme gibt. Aus einer Anfrage der SPD-Fraktion wird eine Resolution: Auch die S-Bahn S 3 soll nach Filderstadt fahren. Da die Resolution nur mehrheitlich, nicht aber einstimmig beschlossen wird, gibt Jens Theobaldt, persönlicher Referent der Oberbürgermeisterin, noch einen Tipp: „Eine Resolution ist nur gut, wenn alle zustimmen.“

Nach einer guten Stunde ist die Sitzung vorbei. Die Schulleiter Thomas Dreher und Ullrich Heller sowie einige „echte“ Stadträte im Publikum sind zufrieden. Für die Schüler war es eine interessante Erfahrung. „Es war spannend, dass wir unsere Anliegen vorstellen konnten und was die Verwaltung und die OB dazu gesagt haben“, erzählt Daniel Weinmann von der Realschule Seefälle. „Es war auf jeden Fall besser als Unterricht, man nimmt mehr mit“, sagt Vanessa Riedel von der Jahnschule. Zum Interesse der Jugendlichen an Politik meint die Hauptschülerin: „Es ist schon wichtig, dass man weiß, was los ist.“ Auf die Frage von Vinzenz Huzel, Leiter des Planspiels, wer sich vorstellen kann, später einmal für den Gemeinderat zu kandidieren, heben drei Schüler die Hand.