Mit dem Podium-Festival startet in Esslingen eines der spannendsten alternativen Festspiele. Zu den Spielstätten gehört nun auch das renovierte Central Theater aus dem Jahr 1913. Da auch Stillsitzen nicht zum Konzept gehört, gibt es jetzt auch was für Kinder.

Esslingen - Musik macht glücklich, macht traurig und manchmal rührt sie zu Tränen. Wie Vertonungen, die Zuhörern diese Gefühle entlocken, entstehen, um später spielend leicht und perfekt auf einer Bühne präsentiert zu werden, bleibt dem Publikum in der Regel verborgen. Mit „vier gewinnt“ haben die Macher des Podium-Festivals erstmals ein Stück im Programm, das diese Thematik kindgerecht aber dennoch anspruchsvoll auf die Bühne bringt. Einige Schulklassen durften sich das Musiktheater, das eine Station des Esslinger Kulturrucksacks ist, bereits ansehen. Das offizielle Konzert findet am Samstag um 11 Uhr im renovierten Central Theater am Rossmarkt statt.

 

Konzerte für Familien mit Kindern sind eine Neuerung beim diesjährigen Podium-Festival. Das inszenierte Konzert „vier gewinnt“ wurde von der Regisseurin Ela Baumann konzipiert und soll vor allem Kindern einen Zugang zur klassischen Musik bieten. „Wir wollten gerne zeigen, was man auf der Bühne sonst nicht sieht“, sagt die Musikwissenschaftlerin Wiebke Rademacher, die für die Koordination verantwortlich ist. Und dazu gehören auch die menschlichen Seiten der Musiker, die sich im Prozess des Musikmachens offenbaren.

Anstrengung bis zur Ohnmacht

So beginnt das Musiktheater im aufwendig renovierten Central Theater mit dem Erscheinen des Streichquartetts zur Probe. Die vier Musiker, jung, modisch mit engen schwarzen Jeans, kariertem Frack und einem Zylinder betreten nicht etwa eine fertige Bühne, sondern packen erst mal ihre Instrumente aus. Die Inszenierung zeigt humorvoll die Phasen einer Probe und die menschlichen Seiten, die zu Tage treten. Denn die vier Musiker streiten und prügeln sich, sie fallen vor Anstrengung in Ohnmacht oder sind glücklich. Denn Musik transportiert und verursacht vor allem eines: Gefühle. „So sehen die Kinder auch Probleme und Themen, die ihren eigenen ähnlich sind“, sagt Rademacher.

In dem Konzert werden Kinder nicht zum Stillsitzen verdonnert. Stattdessen dürfen sie zwischendrin auch mitmachen, etwa wenn es darum geht, einen Tipp abzugeben, wie es klingt, wenn Zinnsoldaten tapferen Schrittes marschieren oder wie ein stürmisches Unwetter klingen kann. Wie das dann in einem ganzen Stück funktioniert, präsentiert das Streichquartett anhand Franz Schuberts Vertonung von Goethes „Erlkönig“.

Vorkriegskino als originelle Spielstätte

Mit Jakob Encke, Sander Stuart, Leonard Disselhorst und Daniel Stoll konnte man vier vielfach ausgezeichnete Musiker gewinnen, die ihre Rolle perfekt ausfüllen, sodass die Fünftklässler am Donnerstagvormittag am Ende noch lautstark und erfolgreich nach einer Zugabe riefen.

Auch das als Kulisse gewählte und 1913 erbaute Central Theater reiht sich als neue originelle Spielstätte perfekt in das unkonventionelle Festival ein. Und so dient der Jugendstilsaal eines der ältesten Kinos Deutschlands auch am Montag um 20 Uhr als Bühne für Olivier Messiaens’ „Auf das Ende der Zeit – Eine letzte Musik“. Auch hier kündigen die Veranstalter an, das Publikum in die Mitte des Geschehens zu rücken. Das offizielle Eröffnungskonzert des Podium-Festivals „Dividuum – Eine Romanze“ findet im übrigen an diesem Freitag um 20 Uhr im Alten Rathaus statt.