2017 gewann sie überraschend den Porsche Tennis Grand Prix – doch es folgten schwere Monate. Nun ist Laura Siegemund wieder da und erklärt, warum die Titelverteidigung kein Thema ist.

Stuttgart (StN) - Als Spitzenkraft des deutschen Frauentennis genießt man so manches Privileg – auch jenes, die Fahrzeugflotte des Fedcup-Teams nutzen zu dürfen. In einem der vier Porsche hat Laura Siegemund am Montag den kurzen Weg von Sillenbuch nach Bad Cannstatt zurückgelegt und konnte ihren eigenen Wagen schonen. In der Garage steht er, der Porsche 911 Carrera 4 GTS Cabrio in ihrer etwas gewöhnungsbedürftigen Wunschfarbe Frozen Berry Metallic, das Sportauto, das sie vor einem Jahr gewonnen hat, „der begehrteste Siegerpokal auf der WTA-Tour“, wie die Tennisspielerin findet.

 

Die Luxuskarosse erinnert Laura Siegemund, Anfang März 30 Jahre alt geworden, an den größten Triumph ihrer Karriere: den Turniersieg beim Porsche Tennis Grand Prix 2017. Als Titelverteidigerin geht sie also in die nächste Auflage des wichtigsten deutschen Frauenturniers, Barbara Strycova aus Tschechien ist ihre Gegnerin in der ersten Runde. Von einem weiteren Überraschungscoup in ihrer Heimat aber wagt Siegemund, als Weltranglisten-100. dank einer Wildcard ins Hauptfeld gekommen, nicht einmal zu träumen. Sie ist schon froh, überhaupt wieder dabei zu sein: „Ich bin noch dabei, mein Spiel zu finden, zu mir selbst zu finden.“

Keine Krise trotz Verletzung

Ein paar Wochen nach ihrem Sensationssieg in der Porsche-Arena zog sich Siegemund beim WTA-Turnier in Nürnberg bei einem harmlosen Ausfallschritt einen Kreuzbandriss zu. Das Pech ereilte sie kurz vor den French Open in Paris, mitten in der besten Phase ihrer Karriere, „ich war fit wie ein Turnschuh“. Was andere in eine tiefe Krise gestürzt hätte, nahm Laura Siegemund, ganz studierte Psychologin, als Wink des Schicksals. „Wenn man über die erste Enttäuschung hinweg ist, dann rückt Tennis auf positive Weise in den Hintergrund“, sagt Siegemund.

Als „tolle Erfahrung“ beschreibt sie im Rückblick die Zeit, in der sie nicht mehr mit Tennistaschen durch die Welt flog, sondern sich der Familie und den Freunden widmete und Vorträge auf Medizinerkongressen, Managertreffen oder Trainertagungen hielt. „Ich saß nicht frustriert auf dem Sofa und habe die Tage bis zum Comeback gezählt“, sagt sie. Stattdessen habe sie ihre neuen Aktivitäten während der Zwangspause als „wichtige Bereicherung“ empfunden. „Eine Weile lang habe ich das Tennis gar nicht vermisst. Das hat für mich auch den Druck aus der Reha genommen.“

Noch enger ist während dieser Monate auch der Kontakt zu Matthias Kleinert geworden, dem früheren Daimler-Cheflobbyisten, VfB-Aufsichtsrat und Hans Dampf in allen Gassen, der vor anderthalb Jahren auf ehrenamtlicher Basis das Management von Siegemund übernommen hat. Der 80-Jährige vermittelte den Kontakt zu vielen Firmen und zur baden-württembergischen Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU). „Ich sehe in Laura eine tolle Botschafterin für den Sport in unserem Land“, sagt Kleinert und will Siegemund künftig noch bekannter machen. Sein Ratschlag: „Laura, Du musst präsent sein.“

Topfit in Stuttgart am Start

Erfolge auf dem Tennisplatz sind dafür noch immer der beste Weg. Beim ITF-Turnier in Santa Margherita Di Pula (Italien) kehrte Siegemund Mitte März nach siebenmonatiger Pause zurück und erreichte immerhin das Viertelfinale. Bei ihrem ersten WTA-Turnier in Charleston (USA) überstand Siegemund zumindest die erste Runde. Sie wusste vorher selbst nicht so genau, wie es sich anfühlen würde, wieder auf dem Platz zustehen. Um so größer war ihre Erleichterung nach den ersten Matches: „Es war so, wie wenn man nach Hause kommt. Ich bin wieder da, wo ich letztes Jahr aufgehört habe.“

Beim Turnier in Lugano musste Siegemund zuletzt wegen Wadenproblemen in der ersten Runde aufgeben – fürs Turnier in Stuttgart aber fühlt sie sich topfit. Den Porsche Tennis Grand Prix hatte sie all die Monate über immer im Hinterkopf. Sie arbeitete darauf hin, am Ort ihres größten Triumphes wieder auf dem Platz zu stehen. Ihr Knie ist stabil, sie denkt nicht mehr daran, wenn sie Matches bestreitet.

Im ersten Training auf dem Centre Court der Porsche-Arena seien „besondere Emotionen“ zurückgekommen, sie hat sich ans Vorjahr erinnert und ist „glücklich, dass ich wieder hier spielen kann“. Größere Erwartungen hat Laura Siegemund diesmal nicht. Eine Überraschung wäre es, wenn sie die erste Runde übersteht. „Es wäre vermessen zu sagen, ich gewinne den nächsten Porsche.“