Michael Domberger hat den Springenden Punkt und vieles mehr erfunden. Nun ist der Siebdrucker ausgezeichnet worden.

Stuttgart - Die ersten Erinnerungen des heute 70-jährigen Michael Domberger an den Siebdruck sind nicht unbedingt positiv: "In meinem Kinderzimmer hat es gestunken wie die Pest." Sein Vater Luitpold war nach dem Zweiten Weltkrieg im Vorläufer des Amerika-Hauses in Stuttgart auf diese neue Technik aufmerksam geworden.

Zu Hause fing er an zu experimentieren, nahm die Seidenstrümpfe seiner Frau zu Hilfe, spannte sie auf ein Holzrähmchen und versuchte damit sein Glück. "Vier Wochen später hatte er das erste Druckgerät", erzählt Michael Domberger. Damals, Mitte der 50er Jahre, wurde seine Leidenschaft für den Siebdruck geweckt, die ihn später zu einem der bekanntesten Kalenderproduzenten werden ließ. Der Plattenhardter Unternehmer Michael Domberger ist ein Pionier des kreativen Siebdruckkalenders. Derzeit sind die besten Werke in einer Sonderausstellung im Haus der Wirtschaft zu sehen.

Dombergers bekannteste Kreation ist der Springende Punkt, ein Wandposterkalender, der unter anderem seit 1977 im Museum of Modern Art (Moma) in New York verkauft wird. Auf die ebenso einfache wie geniale Idee kam Domberger an Weihnachten 1975. Damals hatte er für seine Kinder ausgestanzte Punkte aus seinem Betrieb zum Spielen mitgebracht. Doch statt der lieben Kleinen schob ihr Herr Papa die Punkte auf dem Esstisch so lange vor sich hin und her, bis ihm die Erleuchtung kam: In ein schwarzes Plakat stanzte Domberger schließlich Kreise, die man jeden Tag herauslösen kann.

Springenden Punkt gibt's in allen Variationen


Dahinter kommt das bunte zweite Blatt zum Vorschein. "Die Idee hat von der ersten Sekunde an funktioniert", sagt Domberger. Den Namen für seine Kreation hat er auch noch gleich miterfunden. Im ersten Jahr verkaufte er allein 60.000 Springende Punkte an ein und denselben Kunden. Ein Jahr später sprang das Moma auf und nahm ihm gleich 5000 Kalender ab.

Inzwischen gibt es den Springenden Punkt in allen möglichen Variationen – nur nicht mehr bei Domberger. Der Mann mit dem weißen Haar hat sich vor knapp zwei Jahren von seinem Kalendergeschäft verabschiedet und diesen Teil seines Unternehmens an die teNeues Verlagsgruppe veräußert. "Es wird irgendwann langweilig, immer nur Springende Punkte zu verkaufen", sagt er. Seine beiden Kinder wollten die Druckerei, die seit Anfang der 80er Jahre in einem historischen Fabrikgebäude in Filderstadt-Plattenhardt residiert, sowieso nicht übernehmen.

Doch ganz kann Domberger seine Finger vom Geschäft nicht lassen. Einem teNeues-Kalender, der unter seinem Namen vermarktet werden sollte, hat er das Namensrecht verweigert. Jetzt bastelt er wieder selbst an einer Kalenderidee, an einem "kleinen springenden Punkt". Mehr will er nicht verraten.

Dombergers Vater begann mit Siebdruckexperimenten


Lieber erzählt Michael Domberger von den Anfängen. Seine nächste Anekdote handelt von seinem Vater und Willi Baumeister, dem Stuttgarter Maler, Grafiker und Bühnenbildner, der zu den bekanntesten Vertretern der Klassischen Moderne sowie der Avantgarde der späten 40er- und 50er-Jahre gehört. Luitpold Domberger hatte sich nach seinen ersten geglückten Siebdruckexperimenten Räume gesucht und sie in der ausgebombten Villa Oppenheimer in der Gänsheide gefunden.

Willi Baumeister hatte sein Studio im gleichen Haus. Eines Tages stand er bei Luitpold Domberger in der Tür. Das war der Beginn einer jahrelangen künstlerisch-technischen Zusammenarbeit. Endlich hatte der Künstler jemanden gefunden, der seine Farben drucken konnte. Damals sind über 60 Blätter entstanden. "Willi Baumeister fand den Siebdruck toll", sagt Michael Domberger.

Von der Gänsheide zog die Druckerei 1954 nach Möhringen in die heutige Hechinger Straße, vier Jahre später kaufte Luitpold Domberger ein Grundstück in Bonlanden. Der Junior Michael war damit gar nicht einverstanden. "Auf die Schwäbische Alb geht doch kein Kunde mit", klagte er, um zu verdeutlichen, wie provinziell Bonlanden aus seiner Stuttgarter Sicht ist.