Postfilialen in Böblingen Kunden müssen Pakete wieder mitnehmen

Derzeit hakt es in Sachen Post in Böblingen. Foto: dpa/Martin Gerten

Seit die Post-Partnerfiliale am Herdweg geschlossen hat, wird der Kiosk am Postplatz regelrecht überrannt. Dort muss die Betreiberin teils die Paketannahme verweigern, weil ihr Lager überquillt. Was unternimmt die Post?

Wer seine Päckchen und Pakete bislang im Kiosk am Herdweg 84 im Böblinger Ortsteil Tannenberg verschickt hat, der muss nun weitere Wege in Kauf nehmen. Das Schreibwaren-, Zeitschriften-, Lotto- und Tabakgeschäft, in dem die Postdienste bisher angeboten worden waren, hat seit Ende Februar geschlossen. Dabei liegt die Eröffnung durch den Betreiber Südkiosk Betriebs GmbH nur ein Jahr zurück; zuvor hatte lange Zeit Heike Groß das Geschäft geführt.

 

Grund für die Schließung ist die Insolvenz des Betreibers, wie ein handgeschriebener Zettel die Kunden wissen lässt, die vor verschlossener Tür stehen. „Bitte nutzen Sie die Filiale auf dem Postplatz. Vielen Dank!“, heißt es weiter. Dorthin gelangt man in rund einer Viertelstunde Fußweg – doch der könnte umsonst sein. Denn bei Tatjana Dieterle, die den Kiosk „Presse Dieterle“ am Postplatz 7 betreibt, hat sich die Anzahl an Päckchen und Paketen seit der Schließung des Herdweges verdoppelt. Statt zwei befüllt sie nun vier Rollcontainer am Tag. „Wir sind nicht dafür ausgelegt, dass wir so viel annehmen“, sagt sie. Deshalb müsse sie die Pakete teilweise ablehnen. „Wenn die Wägen voll sind, nehmen wir keine mehr an. Wir wissen uns langsam nicht mehr zu helfen“, sagt sie. Die Kunden, die ihr Päckchen wieder mitnehmen müssen, seien zwar verärgert, würden aber auch Verständnis aufbringen. „Sie sehen, dass ich nicht mal mehr auf Toilette kann, weil alles so vollsteht.“

Es fehlt eine zweite Abholung am Nachmittag

Wenn absehbar ist, dass ihre Kapazität gesprengt wird, beantragt Tatjana Dieterle Sonderabholungen, aber die würden mal kommen, mal nicht. „Das ist ein Glücksspiel“, sagt sie. Dauerhaft sieht sie die Lösung darin, dass sie zusätzlich zu der morgendlichen Abholung um 11 Uhr eine weitere am Nachmittag bekommt. Doch bislang habe die Deutsche Post dies nicht veranlasst.

Dort weiß man um die Not der überrannten Partnerfiliale am Postplatz. „Der Sachverhalt ist uns bekannt. Wir prüfen intensiv die Umsetzung der zusätzlichen Abholungen“, sagt der Sprecher Dieter Nawrath und betont, dies sei keine Floskel. Die Schließung der Partnerfiliale am Herdweg bedauere man. „Wir möchten in diesem Bereich gerne wieder eine Partnerfiliale eröffnen und für unsere Kundinnen und Kunden vor Ort präsent sein“, sagt Nawrath. Man sei auf der Suche nach einem neuen Partner, „Bewerber können sich melden“.

Die Deutsche Post selbst kommt als Betreiber nicht in Frage, da sie laut Nawrath bis auf zwei Standorte in Bonn und Berlin keine eigenen Filialen mehr führt, sondern ausschließlich mit Partnern wie Schreibwarenhändlern, Bäckereien oder Ähnlichem zusammenarbeitet, die das Postgeschäft mit in ihr Angebot aufnehmen. Das habe sich bewährt: „Der Kunde spart Zeit und zusätzliche Wege, da er seine Postgeschäfte zusammen mit seinen sonstigen Einkäufen erledigen kann und profitiert dabei von den oftmals großzügigen Öffnungszeiten in den Partnerfilialen.“ Der Partner wiederum erhöhe seine Kundenfrequenz, da die Postkunden oftmals auch das übliche Sortiment des Händlers nutzten. Nawrath: „Damit leistet die Deutsche Post einen Beitrag zum Erhalt des Einzelhandels.“

Geht allerdings der Geschäftspartner insolvent, geht auch das Postgeschäft vor Ort verloren, so wie am Herdweg. Eine Unterversorgung des Wohngebietes sieht der Post-Sprecher dennoch nicht. Vorgabe sei, dass die Post in selbstständigen Gemeinden mit mehr als 2000 Einwohnern eine stationäre Poststelle betreibe. In Gemeinden mit mehr als 4000 Einwohnern und größeren, zusammenhängenden Gebieten müsse gewährleistet sein, dass eine Filiale innerhalb von 2000 Metern erreichbar sei. „An diese Vorgaben halten wir uns selbstverständlich“, sagt Nawrath. In Orten, in denen kein geeigneter Partner gefunden werden könne, betreibe die Post Filialen vorübergehend mit eigenem Personal.

In Dagersheim gibt es wieder eine Poststelle

Der glückliche Fall, dass ein neuer Partner gefunden werden konnte, ist in Dagersheim eingetreten. Dort hat vor Kurzem eine neue Poststelle eröffnet. An bekannter Stelle: an der Goethestraße 22, dort, wo im Oktober 2021 Vera’s Backstüble mit Poststelle geschlossen worden war. Davor hatte es bis 2006 eine Post an der Hauptstraße im Ort gegeben. Über die Nachfolge an der Goethestraße hatten sich viele Dagersheimer gefreut. Und erfreut sind sie dank der Neueröffnung von „Joe’s Post“ erneut. „Es ist so gut, dass hier wieder eine Post ist“, sagt ein Kunde, der gerade ein Paket abholen will. „Sonst mussten wir immer zum Flugfeld fahren oder halt immer zu Hause sein, wenn Pakete kommen.“ So wie dieser Kunde seien viele Dagersheimer „wunschlos glücklich“, wie es der Betreiber ausdrückt. „Ich wohne selbst in Dagersheim und habe gemerkt, wie sehr die Post hier fehlt“, sagt Giuseppe Pagliazzo, genannt Joe. Er habe sich ohnehin selbstständig machen wollen und sei deshalb auf die Post zugegangen. Direkt neben der Post will Pagliazzo in etwas weniger als zwei Monaten einen Döner-Imbiss mit Fleisch aus der türkischen Metzgerei Murat-Lamm in Gärtringen eröffnen.

Wie geht es mit der Postbank-Filiale am Bahnhof weiter?

Postbank
Der größte Betreiber von Partnerfilialen der Deutschen Post ist die Postbank. Sie haben in vielen Fällen die ehemaligen Hauptpostfilialen, die oft in der Nähe von Bahnhöfen untergebracht waren, übernommen, erklärt Post-Sprecher Dieter Nawrath. So auch in Böblingen an der Bahnhofstraße 33, wo sowohl Geld- als auch Postgeschäfte getätigt werden können.

Umzug
Die Böblinger Baugesellschaft (BBG) ist Eigentümerin des Postareals, wo die Postbank derzeit ihren Sitz hat. Zum 30. Juni läuft der Mietvertrag aus, die Postbank muss interimsweise bis Ende 2024 in das Einkaufszentrum (EKZ) an der Wolfgang-Brumme-Allee umziehen. Später soll sie in einem Neubau, den die BBG an der Ecke Tal-/Karlstraße für ein neues Hospiz baut, unterkommen.

Service
Die Laufwege der Kunden ändern sich sowohl am Ausweichstandort als auch in der neuen Filiale nur um wenige Meter. „Das Leistungsangebot bleibt auch am Ausweichstandort unverändert und umfasst alle Post- und Paketdienstleistungen sowie die Leistungen der Postbank“, verspricht Postbank-Sprecher Oliver Rittmaier. Auch die Selbstbedienungsgeräte würden mit umziehen.

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