Das Bauernkind Jakob Grünenwald konnte so gut malen, dass es erst den Sprung in die Stuttgarter Akademie schaffte und dann in der Kunststadt München reüssierte.

 

Serie – Vom armen Bauernbuben zum hofierten Genremaler hat es Jakob Grünenwald aus Ebersbach-Bünzwangen geschafft. Als sich der junge Mann im Jahr 1840 aufmachte, um seine künstlerische Laufbahn an der Stuttgarter Akademie zu beginnen, setzte er alles auf eine Karte – und hatte Erfolg. Sein idealisierender Malstil passte so gut in die Zeit, dass Grünenwald bald zu den bekanntesten schwäbischen Genremalern zählte.

Spurensuche im Göppinger Museum Storchen...

Es ist gar nicht so einfach, im Kreis Göppingen und darüber hinaus die Spuren des großen Künstlers zu entdecken. Es mag daran liegen, dass Grünenwalds bäuerliche Szenen lange nicht zum schnelllebigen Zeitgeist passten, jedenfalls wissen meist nur Kenner, wo ein echter Grünenwald hängt.

...und im Schulsaal in Ebersbach-Bünzwangen

Am ehesten begegnen Besucher dem 1821 geborenen Maler im Städtischen Museum Göppingen im Storchen. Der Blick auf die dortigen Grünenwald-Schätze bleibt aber wegen Sanierungsarbeiten und der Neuordnung der Sammlung noch bis Mitte dieses Jahres geschlossen. Eine gute Adresse für Grünenwald-Fans ist auch das kleine Museum in Ebersbach-Bünzwangen. Dort, wo der Maler als Bub einst die Schulbank drückte, haben es die ehrenamtlichen Museumsbetreuer Dieter und Dora Hettfleisch gemeinsam mit dem städtischen Archivar Uwe Geiger geschafft, in dem früheren Rathaus die größte Anzahl von Grünenwald-Originalen zu versammeln. Eine gehörige Portion Geduld und Hartnäckigkeit seien dazu nötig gewesen, versichert Dieter Hettfleisch.

Auf der Pirsch bei Auktionen

Seit Jahren ist der Ebersbacher im Internet und auf Auktionen auf der Pirsch nach Grünenwalds Werken. Weil der Etat der Gedächtnisstätte nicht sehr groß ist, kann die Stadt Ebersbach allerdings nur alle paar Jahre auf dem Kunstmarkt zuschlagen. Manchmal gibt es aber auch Geschenke wie vor zwei Jahren, als zwei Urenkelinnen Grünenwalds dem kleinen Museum ein Selbstporträt ihres Urgroßvaters übereigneten.

Das Prunkstück hing schon bei der Weltausstellung in Paris

Das Prunkstück der Ebersbacher Sammlung ist das großformatige Ölbild „Nach dem Hagelschlag“, das zu Jakob Grünenwalds Hauptwerken zählt. Es gibt davon zwei Exemplare. Eines wurde von der Staatsgalerie Stuttgart beauftragt und befindet sich bis heute in Stuttgarter Besitz, das zweite, das Ebersbacher Exemplar, wurde im Jahr 1867 bei der Weltausstellung in Paris präsentiert. Das imposante Bild, auf dem Grünenwald seine ganze Familie verewigt hat, hing jahrelang in der Ebersbacher Filiale der Göppinger Kreissparkasse im Tresorbereich.

Sakrale Motive für viele Kirchenfenster entworfen

Nur wenige Schritte vom Museum entfernt sind in der evangelischen Kirche ein Christus- und ein Moses-Porträt zu sehen. Moses taucht zudem in der Kirche St. Cyriakus in Bad Boll auf, wo ein Glasfenster nach Grünenwalds Entwürfen geschaffen wurde. Der sakralen Kunst hat sich Grünenwald vor allem zu Beginn und in der Spätphase seines Schaffens gewidmet. Beispiele für diese Thematik finden sich auch in Stuttgart, Herrenberg, Ellwangen und Biberach.

Große Beachtung in der Kunstwelt fand Grünenwalds „Schlacht bei Aidenbach“. Das Fresko im Stil der Historienmalerei entstand im Jahr 1863 für die historische Galerie des Bayerischen Nationalmuseums. Dieses Werk wurde allerdings im Zweiten Weltkrieg zerstört

Ausstellungstipps und Biografie

Ausstellung: Eine Gedächtnisstätte für Jakob Grünenwald gibt es in seinem Geburtsort Ebersbach-Bünzwangen seit 1984. Dieter und Dora Hettfleisch, die das kleine Museum betreuen, sind stolz auf die 42 Originale, darunter Ölgemälde, Tusche- und Kohlezeichnungen sowie Drucke und Stiche.

Öffnungszeiten:
Regelmäßig geöffnet ist das Museum im früheren Rathaus von Bünzwangen jeweils am ersten Sonntag im Monat von 10 bis 12 Uhr mit Ausnahme der Monate Januar, Februar, August und September. Führungen sind außerhalb dieser regulären Öffnungszeiten nach Absprache möglich. Der Eintritt ist frei.

Adresse
: Jakob-Grünenwald-Gedächtnisstätte, Ortsstraße 49, in 73061 Ebersbach-Bünzwangen. Kontakt über Familie Hettfleisch, Telefonnummer 0 71 63/23 06.

Das Talent hat gesiegt

Von der Provinz in die Kunststadt München

Als achtes Kind eines Kleinbauern und Lohnwebers und einer Hebamme war Grünenwald eine künstlerische Laufbahn nicht in die Wiege gelegt worden. Er sollte Lehrer werden, konnte aber stattdessen eine Lehre als Lithograf machen. Mit 19 nahm ihn die Königliche Kunstschule Stuttgart auf. Seine Lehrer Johann Friedrich Dieterich und Bernhard von Neher bildeten ihn zum Historienmaler aus.

Kassandra und die Schwabenburg

Mit 32 Jahren verabschiedete sich Grünenwald aus dem damals provinziellen Stuttgarter Kunstbetrieb und zog in die Kunstmetropole München. Grünenwald schloss sich dort dem Künstlerverein Kassandra an und ging in der sogenannten Schwabenburg ein und aus. Gemeint ist damit das Wohn- und Atelierhaus der ebenfalls in Stuttgart ausgebildeten Malerkollegen Anton Braith und Christian Friedrich Mali. Inzwischen verheiratet mit der Stuttgarterin Maria Dorothea Rapp, lebte Grünenwald vermutlich in gutbürgerlichen Verhältnissen im Münchner Künstlerviertel. Er hatte sich der damals in Mode gekommenen Genremalerei zugewandt und thematisierte Szenen aus dem Landleben. Seit den 1860er Jahren wurde Grünenwald häufiger in zeitgenössischen Kunstbesprechungen erwähnt. Er beteiligte sich an Ausstellungen in München, Dresden und Berlin. In dieser Zeit entstanden auch viele großformatige Arbeiten, die als seine Hauptwerke gelten.

Der Rückkehrer wird Professor

1877 kehrte Grünenwald nach Stuttgart zurück und wurde Professor für Zeichnen an der dortigen Kunstakademie. Mit 75 Jahren starb Grünenwald im Jahr 1896. Sein Grab befindet sich auf dem Pragfriedhof.

Was ist Historienmalerei?

Dieser akademische Malstil galt im 19. Jahrhundert als die höchste Gattung vor der Porträt- und Landschaftsmalerei. Die Darstellung geschichtlicher, mythologischer oder religiöser Inhalte diente meist der Glorifizierung der dargestellten Personen.

Die Münchner Schule

Der Begriff meint einen typischen Malstil der Münchner Malerei des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts aus dem Umfeld der dortigen Akademie. Die Münchner Schule im engeren Sinne wurde begründet durch den 1856 an die Akademie berufenen Karl von Piloty. (com)
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