Präsident des Sportkreises Ludwigsburg „Kinder müssen wieder mehr Sport treiben“

Präsident Matthias Müller berät gut 500 Sportvereine im Kreis Ludwigsburg. Foto: /BeLa Sportfoto

Der Sportkreis Ludwigsburg feiert am 22. Juli sein 75-Jahr-Jubiläum. Ein Gespräch mit dem Präsidenten Matthias Müller über Breitensport und Spitzensport, über die selbst ernannte Sportstadt Ludwigsburg und über fehlende Sportstätten.

Gut gelaunt kommt Matthias Müller an diesem heißen Spätnachmittag im Sommer zu dem vereinbarten Treffen am Neckarufer fürs Interview. Der Präsident des Sportkreises Ludwigsburg, 1967 in Ludwigsburg geboren hat ein Faible fürs Wasser, er geht oft schwimmen – allerdings weniger im Neckar. Am Freitag, 22. Juli, feiert Müller mit vielen Vereinsvertretern die Gründung des Sportkreises vor 75 Jahren.

 

Matthias Müller, Ihr Arbeitstag ist gelaufen. Haben Sie heute schon Sport getrieben?

Ja, ich war von 6 bis 6.30 Uhr im Campusbad Ludwigsburg. Dort schwimme ich täglich. Ich wohne nur ein paar Schritte vom Bad entfernt. Ich schwimme, seit ich denken kann.

Wie sind Sie sportlich groß geworden? In welchem Verein haben Sie als Kind schwimmen gelernt?

Bei der DLRG. Über den Schulsport bin ich dann zum Leistungsschwimmen beim TSV Ludwigsburg gekommen.

Sportliche Erfolge?

Ich bin als Jugendlicher für die Startgemeinschaft Ludwigsburg/Mühlacker württembergischer Jahrgangsmeister geworden und bei den deutschen Jahrgangsmeisterschaften im Mittelfeld mitgeschwommen.

Und dann war Schluss mit Leistungssport?

Ja, mit 18 Jahren habe ich aufgehört, hart zu trainieren, und mich meiner beruflichen Karriere gewidmet. Seither schwimme ich nur noch zum Spaß und um fit zu bleiben.

Sie sind Präsident des Sportkreises. Welche ist die wichtigste Aufgabe des Sportkreises, der jetzt seine Gründung vor 75 Jahren feiert?

Ganz eindeutig die Beratung der gut 500 Sportvereine im Landkreis. Wenn es um finanzielle Fragen geht oder darum, Förderanträge zu stellen und rechtliche Fragen zu klären, dann benötigen die Vereine kompetente Ansprechpartner. Wir haben drei hauptamtliche Mitarbeiter, arbeiten mit einer Steuerberater- und Anwaltskanzlei zusammen und sind gerade dabei, eine Service GmbH zu gründen. Die Pandemie hat gezeigt: Ohne Fachleute stehen die Ehrenamtlichen vieler Clubs alleine da.

Wie lief die Beratung der Vereine in Coronazeiten?

Wir haben zu Beginn der Pandemie den Vereinen angeboten, alle Fragen an uns weiterzuleiten, etwa wenn es um Beschränkungen der Angebote ging oder um die Regelung des Trainings unter Pandemiebedingungen. Es ist uns gelungen, alle gesammelten Fragen an einem Tag zu beantworten.

Ludwigsburg bezeichnet sich selbst gerne als Sportstadt. Ist alles gut in Sachen Sportstätten?

Bei der Infrastruktur gibt es schon noch das eine oder andere, das fehlt.

Was genau?

Die Cricketspieler treten in der Bundesliga an, sie haben aber keinen geeigneten Platz, behelfen sich zurzeit mit einer Notlösung. Zudem müssen viele ältere Sporthallen dringend saniert werden.

Sonst ist aber alles in Butter?

Nein, speziell die Wassersport treibenden Vereine brauchen mehr Wasserflächen. Der Bedarf an Schwimmkursen für Kinder ist jetzt, auch wegen Corona, riesig. Die Wartelisten mit Namen von Nichtschwimmerkindern sind elend lang. Wir brauchen unbedingt die viel diskutierte Traglufthalle über dem Freibad Hoheneck für den Winter. Auch in den Nachbarstädten, etwa in Schwieberdingen und in Bietigheim-Bissingen, fehlen Bäder. Eine Traglufthalle wäre ideal für alle im Landkreis.

Der Citylauf Ludwigsburg ist zu einem kleinen lokalen Politikum geworden. Was sagen Sie zu den Plänen des Veranstalters, langsamere Läufer auszuschließen, damit die Topsportler diese auf dem Zwei-Runden-Kurs nicht überholen müssen?

Die DJK hat angekündigt, in diesem Jahr ebenfalls einen Zehn-Kilometer-Lauf zu veranstalten, bei dem jeder und jede starten darf. Insofern kann ich gut mit der Entscheidung der Citylauf-Macher leben. Konkurrenz belebt bekanntlich das Geschäft. Vielleicht wird die DJK-Strecke sogar noch attraktiver.

Zurück zum Sportkreis. 1947 gegründet, kurz nach dem Zweiten Weltkrieg – mit welcher Idee?

Damals ging es in erster Linie darum, die Sportinfrastruktur wiederaufzubauen. Viele Hallen und Bäder waren zerstört oder von alliierten Soldaten in Beschlag genommen. Die Bevölkerung sollte wieder im Verein Sport treiben können.

Wenn man betrachtet, was damals und in den Jahrzehnten nach dem Krieg alles erreicht worden ist, dann sollte es doch heute möglich sein, die Sportstätten zur erhalten und ein paar neue zu bauen, oder?

Ja, das Thema muss auf der Agenda bleiben. Uns geht es im Vergleich zur Nachkriegszeit doch blendend. Wir benötigen Hallen und Schwimmbäder, müssen uns aber auch Gedanken darüber machen, wie wir Kinder und Jugendliche nach den Corona-Einschränkungen dazu bringen, wieder mehr Sport zu treiben und sich zu bewegen. Die Aufgaben gehen dem Sportkreis auch im Jahr 76 nach der Gründung ganz bestimmt nicht aus.

Vita
 Matthias Müller ist 1967 in Ludwigsburg geboren worden, er hat immer in der Stadt gelebt. Nach der Lehre zum Energiegeräte-Elektroniker und der Bundeswehrzeit bei der Marine in Kiel hat Müller in Karlsruhe studiert, seinen Abschluss als Wirtschaftsingenieur hat er 1997 gemacht. Seither arbeitet Müller bei Bosch in Feuerbach. Matthias Müller war von 2001 bis 2008 Sportkreisjugendleiter, seither ist er Präsident des Sportkreises. Wenn Müller nicht für Bosch arbeitet oder für den Sportkreis unterwegs ist, dann liest er gerne Bücher oder reist.

Sportkreis
Der 1947 gegründete Sportkreis zählt zurzeit 513 Mitgliedsvereine. Es kommen immer neue hinzu, denn ohne Mitgliedschaft erhalten die Clubs keine öffentlichen Fördergelder. Seit der Landkreisreform 1972 gehören zum Sportkreis Ludwigsburg auch ein paar Vereine aus den Nachbarkreisen, etwa aus dem Enzkreis. Die Geschäftsstelle des Sportkreises ist im sogenannten Sprecherturm – Turm des Sports – im Ludwigsburger Stadion untergebracht.

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