Zwei neue große Einkaufszentren, steigende Mietpreise in Toplagen und die Konkurrenz im Internet: Themen gab es reichlich für das Pressecafé der VHS unter dem Titel „Handel im Wandel – wie sich Stuttgarts Einkaufswelt verändert“. Das Thema brennt den Stuttgartern auf den Nägeln.

Stuttgart – An der Fassade prangen groß die Namen bekannter Ladenketten. Sven Hahn, der in der Lokalredaktion dieser Zeitung für den Handel zuständig ist, hätte kein besseres Bild an den Anfang seines Vortrags im Treffpunkt Rotebühlplatz stellen können. In der Reihe „Stuttgarter Zeitung direkt“ sprach er über „Der Handel im Wandel – wie sich Stuttgarts Einkaufswelt verändert“. Das Thema interessierte viele Leser und Besucher der Volkshochschule: das Pressecafé der VHS war bis auf den letzten Platz besetzt.

 

Die Besucher bewegte, dass es auf dem Marktplatz kein Café mehr gibt, die Königstraße durch Filialgeschäfte von Handelsketten langweilig geworden ist und viele der traditionsreichen inhabergeführten Geschäfte ihre Tore schließen mussten.

Der Internethandel nimmt stark zu

Hahn, der im Lokalen der StZ spezialisiert ist auf den Mietmarkt, auf Immobilien und lokale Wirtschaft, skizzierte kurz die Entwicklungen in der Landeshauptstadt: die beiden neuen Einkaufszentren Milaneo und Gerber, die steigenden und für inhabergeführte Geschäfte unerschwinglichen Mieten in Toplagen wie König-, Stift- und Kirchstraße, die alternative Einkaufsmeile Fluxus in der Calwer Passage, der Internethandel, der weltweit enorm ansteigt. Und das entstehende Dorotheen-Quartier. „Zwei Landesministerien ziehen hin, aber es kommen 10 000 Quadratmeter Handelsfläche zusätzlich“, so Sven Hahn. „Was da aber kommt, ist unklar.“

Klarer scheint zu sein, wie man sich gegen den Internethandel wappnen und die Stadt lebendig halten will. So seien wieder verkaufsoffene Sonntage im Gespräch. Diese brächten aber auch Verkehr und Verlierer in anderen Kommunen, so Hahn. Zum Milaneo kämen pro Tag im Schnitt 30 000 Menschen, 30 Prozent von außerhalb, gar aus Ravensburg, Konstanz und Mannheim. „Im Gerber wurde nach knapp einem Jahr das komplette Management ausgetauscht. Nun hat man Hannes Steim hinzugezogen, um das Obergeschoss wieder in Schwung zu bringen.“ Dessen bereits erwähntes Fluxus-Konzept, ein Zusammenschluss aus kleinen Läden und Designern, funktioniere. „Aber die Miete ist aufgrund der Zwischennutzung günstig.“

Im Zentrum Stuttgarts 54 Prozent Handelsfläche

Dass es nur die Jungen seien, die bei den Handelsketten billig einkauften, wie im Publikum moniert wurde, wollte Marion Kurz, bei der VHS für das Pressecafé zuständig, nicht stehen lassen. „Unser aller Kaufverhalten zählt. Es gibt da eine Gegenbewegung bei Jungen, die hinterfragen, wo und wie Dinge hergestellt werden.“ Sven Hahn betonte, dass Jugendliche sich nur schwer dem raffinierten Marketing der Ketten entziehen könnten. Und über das Vorkaufsrecht, das die Stadt laut einem Besucher bei jedem Gebäude habe, könne nicht immer der Mix an Angeboten beeinflusst werden. „Es muss im öffentlichen Interesse sein – ein Café oder ein Laden sind das nicht.“ Auch die Idee von Quartieren funktioniere in Stuttgart schlechter als in anderen Städten mit einem dezentraleren Handel. Hahn: „In anderen Stadtzentren macht die Handelsfläche zehn bis zwanzig Prozent aus, in Stuttgart 54 Prozent.“