Die Bundeswehr bemängelt erhebliche Fehler an der Fregatte „Baden-Württemberg“, dem Typ-Schiff einer neuen Schiffsklasse der Marine.

Wilhelmshaven - Baden-Württemberg kommt einfach nicht in Fahrt. Zu viele Pannen, Technik, die nicht funktioniert und Kosten, die explodieren. Aber es ist nicht der Südwesten, der sich Sorgen machen muss. Die Sorgen muss sich die Bundeswehr machen. Wieder verzögert sich der Zeitpunkt, da die Marine die Fregatte „Baden-Württemberg“, das Typschiff der neuen F-125-Klasse, in Dienst nehmen kann. Nach umfangreichen Probefahrten in der Nordsee, vor Norwegen und vor Kiel stellt sich heraus, dass umfangreiche Funktionsnachweise nicht erbracht worden sind. Nun muss das Schiff, das am 12. Dezember 2013 von der Ministerpräsidenten-Gattin Gerlinde Kretschmann getauft worden war, ab dem 19. Januar wieder bei der Werft „Blohm&Voss“ festmachen. Das Schiff wird von einer Arbeitsgemeinschaft aus Thyssen Krupp Marine Systems, zu der Blohm&Voss gehört, und der Bremer Lürssen-Werft gebaut.

 

Allein die „Baden-Württemberg kostet 650 Millionen Euro

Die neue Klasse soll aus vier Schiffen bestehen. Bei den Herstellern geht man weiter davon aus, dass die Auslieferung der übrigen Fregatten wie geplant ablaufen kann: Die „Nordrhein-Westfalen“ könnte demnach wie nun die „Baden-Württemberg“ 2018 ausgeliefert werden. 2019 und 2020 sollen dann die „“Sachsen-Anhalt“ und die „Rheinland-Pfalz“ folgen. 3,1 Milliarden Euro sind für die vier Schiffe von der Bundeswehr veranschlagt, die „Baden-Württemberg“ soll allein 650 Millionen Euro kosten.

Die neuerliche erhebliche Verzögerung ist ein schwerer Schlag für die Marine, die aus mehreren Gründen sehnlich auf den neuen Fregatten-Typ wartet. Aufgrund der ohnehin schon erheblichen Verzögerung bei der „Baden-Württemberg“ müssen die zwei Fregatten der sogenannten „Bremen“-Klasse (F122) länger als geplant in Dienst gehalten werden. Das erfordert bei den veralteten Schiffen erheblichen zusätzlichen Wartungsaufwand.

Weltweite Einsätze der Marine werden leichter

Vor allem aber soll die neue Fregatten-Klasse der Bundeswehr neue Operationsmöglichkeiten eröffnen. Die 7000-Tonnen-Kriegsschiffe, für die jeweils zwei Mannschaften mit je 120 Soldaten bereit stehen, sind für weltweite Einsätze konzipiert. Sie können ohne größere Wartung zwei Jahre in ihrem Einsatzgebiet bleiben und sind mit vier Einsatzbooten und zwei Hubschraubern bestückt. Sie könnten Seewege sichern, Embargos kontrollieren und den Einsatz von Spezialkräften koordinieren.

Die neuerliche Verzögerung ist nur das letzte Glied in einer Kette von Rückschlagen. Allein eine falsche Brandschutzfarbe und fehlerhafte Kabelzüge hatten zu einem über halbjährigen Verzug geführt. Schon im September 2016 hatte ein Bericht des Ministeriums einen Zeitrückstand von 30 Monaten gegenüber der ursprünglichen Planung festgestellt. Da aber ging die Bundeswehr noch von einer Übernahme des Schiffes ab Mai 2017 aus. Im Mai dieses Jahres wurde zudem ein Bericht des Verteidigungsministeriums bekannt, in dem vom Konstruktionsmängel die Rede war. So soll beim Schiff eine Seitenneigung von 1,3 Grad festgestellt worden sein. Nun heißt es bei der Marine, bei den Testfahrten habe das Zusammenspiel von Soft- und Hardware nicht richtig funktioniert. Die Verärgerung bei der Marineführung soll massiv sein.

Bundeswehr spielt Probleme herunter

Offiziell spielt die Bundeswehr die neuen Probleme herunter. Das Schiff sei „noch nicht an die Bundeswehr übergeben“, sagte eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums unserer Zeitung. Einige Tests seien „nicht erfolgreich“ verlaufen. Zur Fehlerbehebung sei nun „eine längere Liegezeit des Schiffs bei der Industrie“ geplant. Die Besatzung gehe deshalb „von Bord und das Schiff wird auf Werftflagge zurückgeflaggt“. Das sei „eine gängige Praxis“. Tatsächlich sind erhebliche Verzögerungen bei der Bundeswehr gängige Praxis. Bereits im Bericht vom September 2016 war von dadurch bedingten Kostensteigerungen auf 912 Millionen für das Gesamtprojekt die Rede.