Lange haben Stadt und Investor gestritten, jetzt nähern sie sich wieder an: Die historische Gebäudezeile vor dem Ludwigsburger Schloss soll restauriert und umgebaut werden. Auf der Rückseite sollen neue Gebäude entstehen.

Nachrichtenzentrale: Tim Höhn (tim)

Ludwigsburg - Nach einer langen Phase des Stillstands ist es der erste Schritt nach vorne: Der Ludwigsburger Gemeinderat hat am Mittwoch einstimmig einen Bebauungsplan für die historische Gebäudezeile vor dem Residenzschloss aufgestellt. Das klare Votum ist insofern bemerkenswert, weil es um das Prestigeprojekt, das bei der zuständigen privaten Investorengesellschaft Immovation aus Kassel unter den Namen „Höfe am Kaffeberg“ firmiert, zuletzt reichlich Ärger gegeben hatte. Zeitweise drohte die Sanierung des Areals gänzlich zu scheitern.

 

Jetzt macht sich wieder Optimismus breit. „Wenn alles glatt läuft, kann in diesem September mit dem Umbau begonnen werden“, sagt der Baubürgermeister Michael Ilk. „Wir nähern uns dem Ziel.“

Historisches Ensemble aus dem 18. Jahrhundert

Die Stadt hatte das Areal vor einigen Jahren vom Land erworben und später an die Immovation weiter verkauft, sich dabei aber ein Mitspracherecht bei der künftigen Gestaltung gesichert. Nach zähen Verhandlungen ist es nun gelungen, die Vorstellungen beider Seiten weitgehend in Einklang zu bringen. „Diese Stelle ist für die Stadt von enormer Bedeutung“, sagt der Oberbürgermeister Werner Spec. „Das soll so attraktiv wie möglich werden.“

Direkt gegenüber dem Schloss gelegen, umfasst das 4000 Quadratmeter große Areal drei Gebäude mit Seitenflügeln und Innenhöfen: ein 1724 errichtetes Rokokopalais (Grafenbau) und das 1719 fertiggestellte Gesandtenhaus, zuletzt genutzt als Polizeirevier. Ebenfalls zu diesem Ensemble gehört das ehemalige Hotel Schlosshof – genau an dieser Stelle hatte der Italiener Lazaro 1722 das erste Kaffeehaus in Ludwigsburg eröffnet. Dieses Gebäude ist marode, soll umfassend umgebaut werden und eine neue Fassade erhalten. Grafenbau und Gesandtenhaus sollen behutsam restauriert und danach an Gewerbe- und Dienstleistungsbetriebe vermietet werden. Im rückwärtigen Bereich will die Immovation Teile der Seitenflügel abreißen, um Platz für neue, dreistöckige Wohngebäude zu schaffen. Die Fassaden an der Schlossstraße sollen aufgehübscht werden.

Die Architektenkammer übte massive Kritik am Investor

Damit hat sich der Bauherr wieder den ursprünglichen Entwürfen angenähert, von denen er zwischenzeitlich weit abgerückt war – zum Ärger nicht nur des Rathauses. Auch die Ludwigsburger Architektenkammer kritisierte die Investoren massiv, als diese plötzlich Pläne auf den Tisch legten, auf denen riesig anmutende, fünf- bis sechsstöckige Neubauten eingezeichnet waren. Diese hätten den davor stehenden Grafenbau deutlich überragt. Maximale Dichte, maximale Rendite – das schien die Devise zu sein.

Der städtische Gestaltungsbeirat wurde eingeschaltet, und das Rathaus erinnerte die Immovation an das Kleingedruckte. Im Kaufvertrag war eine Rückkaufoption fixiert für den Fall, dass sich der Investor nicht an die Spielregeln hält und die Wünsche der Verwaltung missachtet. Das half. „Beim Investor hat ein Umdenken eingesetzt“, sagt Martin Kurt, der Chef-Stadtplaner. Mit den aktuellen Entwürfen sei man „völlig d’accord“. Nun muss über das Innere verhandelt werden, über Grundrisse, Nutzungsformen, denkmalschutzrechtliche Fragen. Dass es daran scheitert, glaubt indes niemand – in seltener Einmütigkeit lobten die Stadträte am Mittwoch die Arbeit der Verwaltung und des Investors.

An mindestens einem Punkt aber wird die Stadt Abstriche machen müssen. Einst war vorgesehen, dass an der Stelle des ersten Ludwigsburger Kaffeehauses wieder ein Café eröffnet, doch daraus wird nichts. Die Immovation habe berichtet, dass es schlicht keine Interessenten gebe, sagt Ilk. Wegen der unmittelbaren Nähe zur B 27 sei eine solche Nutzung dort nicht attraktiv.