Kleider mieten statt kaufen – dieser neue Fashion-Trend soll Geld, Platz und Ressourcen sparen. Selbst Prinzessin Kate macht mit. Aber wie nachhaltig ist das Kleider-Leasing?

Freizeit und Unterhaltung: Theresa Schäfer (the)

Prinzessin Kate tut es. Carrie Johnson, die Frau des ehemaligen britischen Premiers, auch. Die Rede ist von gemieteten Kleidern. Statt teures Geld für Designer-Abendkleider auszugeben, die dann in den Untiefen ihres begehbaren Kleiderschranks verschwinden, leihen sich die prominenten Damen eine Robe von Gucci, Jenny Packham oder Erdem – und legen darin für einen Abend einen glamourösen Auftritt hin. Das spart nicht nur Platz und Geld, es soll auch nachhaltiger sein.

 

In der angelsächsischen Welt ist das Kleider-Leasing schon weiter als bei uns: Das Geschäftsmodell von Online-Plattformen wie My Wardrobe HQ, Hurr oder Rent the Runway ist es, Designermode an ihre Kundinnen auszuleihen.

Ein großer Fan des Modells ist zum Beispiel Carrie Johnson, die Frau des ehemaligen britischen Premierministers Boris Johnson. Beim G7-Gipfel in Cornwall 2021 zeigte sich die Britin gleich in mehreren geliehenen Outfits – von Luxuslabeln wie Roksanda oder The Vampire’s Wife. Und sogar ihr Hochzeitskleid war gemietet.

Zum Earthshot-Klimapreis, der Anfang Dezember in Boston verliehen wurde, setzte auch Prinzessin Kate ein Zeichen der Nachhaltigkeit: Die Prinzessin von Wales kam in einem neongrünen Kleid von Solace London, das sie im Internet geliehen hatte. Die Leihgebühr für das Kleid beginnt bei 74 Pfund (etwa 85 Euro) – kauft man das Outfit, ist man fast 500 Euro los.

Auch in Deutschland ist der Trend inzwischen angekommen: Fairnica, Kleiderei oder Unown heißen die Plattformen, die sich hierzulande auf die Kleider-Vermietung spezialisiert haben. Das Online-Portal Fobe hat sich auf die Vermietung von angesagten Handtaschen, sogenannten It-Bags, spezialisiert. Die Macher der Portale haben etwas gemeinsam: Sie sagen dem schnelllebigen Modemarkt, der viele Ressourcen verbraucht, den Kampf an, indem sie Kleider verleihen statt verkaufen.

„Das Mieten von Mode ist eine absolute Nische“

Marcus Adam forscht an der Hochschule Reutlingen zum Thema nachhaltiger Modekonsum. Er beobachtet den Trend in Deutschland seit einigen Jahren. Mode-Start-ups hätten sich damals am Erfolg der „Share Economy“ bei Netflix, Airbnb oder dem Car-Sharing orientiert und „wollten eine Art ‚Fashion Netflix’ anbieten.“ Viele Angebote seien wie Pilze aus dem Boden geschossen, verschwänden dann aber oft auch wieder. Nur den wenigsten gelingt es laut Adam, ein profitables Geschäftsmodell zu etablieren. Viele Anbieter unterschätzen den Aufwand, den Mode-Leasing darstellt: „Transport, Retouren-Management, Waschen, Aufbereiten, Verpacken, Versichern, Marketingausgaben – all das ist zeit- und ressourcenintensiv.“ Und auch wenn man beim Blick auf Instagram oder Modeblogs anderes vermuten könnte: „Das Mieten von Mode ist noch immer eine absolute Nische“, sagt der Wissenschaftler. Verlässliche Zahlen, wie viele Menschen in Deutschland Mode mieten, gebe es nicht – es dürften aber nicht allzu viele sein.

Dank der wenig nachhaltigen, aber extrem erfolgreichen „Fast Fashion“ ist Mode oft sehr günstig und dank Onlinehandel rund um die Uhr verfügbar. Deshalb konzentriere sich das meiste Mode-Leasing auf Kleidung im Hochpreissegment, sagt Adam: „Hier werden besondere, teure Kleidungsstücke zur Miete angeboten, welche selten getragen werden. Kundinnen und Kunden haben dann einen Preisvorteil und vor allem ein Erlebnis, das sie sonst nie gehabt hätten – das besondere Kleid, das man sich nie hätte leisten können oder wollen, kann durch Mieten nun trotzdem getragen werden.“ Andere Mode-Leasing-Konzepte setzen auf Kleider-Abos: Die Nutzerinnen und Nutzer bekommen gegen eine Gebühr Kleidung zugeschickt, tragen sie eine Weile, bekommen dann neue Klamotten und schicken die alten zurück.

Aber wie nachhaltig ist das Kleider-Leasing wirklich?

Wer edle Abendkleider für einen bestimmten Anlass mietet, tut das laut dem Reutlinger Textil-Experten meist zusätzlich zum ohnehin schon vorhandenen Modekonsum: „Das Mieten ist nur ein Upgrade oder eine Aufstockung der eigenen Garderobe. Das T-Shirt wird weiter günstig beim Discount-Retailer gekauft, das teure Kleid wird zusätzlich gemietet.“ Eingespart werde damit noch nichts – im Gegenteil: „Konsum wird so eher noch befeuert.“ Denn wer bei der teuren Robe gespart hat, kann mehr Geld für die x-te Jeans von H&M oder Zara ausgeben.

Nachhaltiger sind „Fashion Libraries“

Die Idee hinter dem Mode-Leasing mag nachhaltig und ressourcenschonend sein – in der praktischen Umsetzung sieht Marcus Adam aber einige Probleme: „ Besonders Transport und Waschen schlagen hier zu Buche. Was die Umweltbilanz betrifft, ist Modemieten daher klar hinter dem Kauf von Second-Hand-Kleidung einzuordnen.“

Eine bessere Umweltbilanz konstatiert der Wissenschaftler so genannten „Fashion Libraries“. „Hier können sich Kundinnen und Kunden vor Ort Kleidung leihen. Wer Mode mieten möchte, fährt mit diesem Modell am nachhaltigsten.“

Dass sich Prominente wie Prinzessin Kate in gemieteter Kleidung zeigen, dürfte der Branche einen weiteren Schub verleihen, glaubt Marcus Adam. Bei der Prinzessin von Wales wird ohnehin ganz genau hingeschaut, was sie trägt. „Das ist meist ein elementarer Teil der medialen Berichterstattung. Gewissermaßen wird hier immer ein kleiner Hype erzeugt.“ Ein Hype, der dem Mode-Leasing neue Nutzerinnen verschaffen dürfte.