Wer die Bilderserie zurückgelehnt betrachtet, wird feststellen, dass Peer Steinbrück witzig ist. Das spricht für, nicht gegen ihn.

 

Peer Steinbrück hat sich den Fotografen des SZ-Magazins gestellt. Vor ihm haben das schon Rennfahrer, Schauspieler, Sänger und andere hochmögende Menschen getan. Vor ein paar Wochen hat sich dabei auch schon die Verbraucherministerin und CSU-Hoffnungsträgerin Ilse Aigner ablichten lassen. Bei diesen nie bierernst gemeinten Foto-Interviews haben professionelle Mimen natürlich einen Vorteil, weil sie gelernt haben, sich mit Mimik und Körpersprache in Szene zu setzen. Allein unter diesem Aspekt ist das Foto-Shooting mit Steinbrück ein Coup, denn so überraschend und lebhaft sieht man Politiker höchst selten, Ilse Aigner war – erwartungsgemäß – viel braver. Steinbrück, das zeigt die Fotostrecke, schien Gefallen an der Grimassiererei zu finden; er, der nach den vielen medialen Prügeln sehr vorsichtig geworden ist, ging hier aus sich heraus.

Eine typisch deutsche Debatte

Auf einem der sieben Bilder zeigt Peer Steinbrück den Stinkefinger. Wer sich noch an das Plakat mit Sean Connery als James Bond erinnern kann, wird feststellen, dass Steinbrück den Stinkefinger zeigt wie James Bond seine Pistole. Man könnte also auch einfach vermuten, der gebeutelte Peer wäre gern so cool und so schlagkräftig wie der Agent 007.

Aber darf ein Kanzlerkandidat den Stinkefinger zeigen, muss er nicht Vorbild sein? Oh je, was für eine typisch deutsche Debatte. Natürlich ist das nicht pädagogisch wertvoll, aber ein Riesen-Fauxpas, ein Drama ist es auch nicht. Und viel von der Erregung ist auch nur gut geheuchelt, weil es im Wahlkampf nutzt. Immerhin – wir sehen, dass Peer lustvoll politisch inkorrekt sein kann. Von Angie wissen wir schon, dass sie manchmal zu wenig Streusel auf den Kuchen macht. Jetzt kann jeder entscheiden, was er für schlimmer hält.

Eine typisch deutsche Debatte

Auf einem der sieben Bilder zeigt Peer Steinbrück den Stinkefinger. Wer sich noch an das Plakat mit Sean Connery als James Bond erinnern kann, wird feststellen, dass Steinbrück den Stinkefinger zeigt wie James Bond seine Pistole. Man könnte also auch einfach vermuten, der gebeutelte Peer wäre gern so cool und so schlagkräftig wie der Agent 007.

Aber darf ein Kanzlerkandidat den Stinkefinger zeigen, muss er nicht Vorbild sein? Oh je, was für eine typisch deutsche Debatte. Natürlich ist das nicht pädagogisch wertvoll, aber ein Riesen-Fauxpas, ein Drama ist es auch nicht. Und viel von der Erregung ist auch nur gut geheuchelt, weil es im Wahlkampf nutzt. Immerhin – wir sehen, dass Peer lustvoll politisch inkorrekt sein kann. Von Angie wissen wir schon, dass sie manchmal zu wenig Streusel auf den Kuchen macht. Jetzt kann jeder entscheiden, was er für schlimmer hält.

Autorin StZ-Politikredakteurin Barbara Thurner-Fromm

Kontra: „Du kannst mich mal, Volk!

Ein Stinkefinger ist schlechter Stil für einen Kanzlerkandidaten. Viel wichtiger ist aber die Frage: warum glaubt er, das nötig gehabt zu haben.

Darf einer, der Kanzler werden will, den Stinkefinger zeigen? Diese obszöne Geste ist schlicht daneben für jemanden, der dieses Amt anstrebt. Von einem, den ich als Regierungschef wählen soll, möchte ich übrigens auch nicht wissen, dass er kein Unterhemd trägt, was auf einem anderen Foto der Serie zu sehen war. Also, Herr Steinbrück: klare Abzüge in der B-Note.

Viel interessanter scheint die Frage danach, warum Steinbrück das alles für nötig hielt. Ein Zufall war das Foto nicht. Der Mann ist ein Profi. Er weiß, dass der Anlass für das Bild wurscht ist – da kann es sich um einen noch so intellektuell-ironischen Interviewkontext handeln. Was bleibt, ist Steinbrück, der der Welt den Stinkefinger zeigt. Er verfolgt also eine Absicht mit dieser Pose. Nur welche?

Ein Volk von Proleten?

Womöglich handelt es sich um den peinlichen Versuch eines 66-jährigen Mannes, der im Anzug und in der großen weiten Welt zuhause ist und sich als Mann mit Schenkelklopferqualitäten an das anbiedern will, was er für das gemeine Volk zuhause hält. Dieses Kalkül würde zeigen, wie abgehoben Steinbrück ist. Ein Volk von Proleten? Er hat nicht an die Fremdscham junger Leute angesichts dieser Ranwanze gedacht, nicht an die Eltern, die ihren Kindern predigen: „Das macht man nicht.“ Noch unangenehmer ist die Vorstellung, dass Steinbrück einfach ehrlich sein wollte, weil er „klare Kante“ liebt. Dann hätten wir es mit einem zu tun, der sich emotionaler Höhen und Tiefen nicht enthalten kann – sei es weinend beim Parteikonvent, sei es ausfallend beim Fotoshooting. Er schafft mit dem missverständlichen Bild Spielraum für die Befürchtung, dass er sich im Ernstfall einfach wegdrehen und sagen könnte: „Du kannst mich mal, Volk!“ Kein kluger Schachzug.

Autorin: StZ-Berlin-Korrespondentin Katja Bauer