Im multikulturellen Stadtteil Jungbusch häufen sich die Klagen der Anwohner über Zuwanderer aus Rumänien und Bulgarien. Auch die örtliche CDU äußert sich besorgt über Müll, Lärm und undurchsichtige Wohnverhältnisse.

Mannheim - Mit der Popakademie, vielen Studenten, einer lebendigen Kneipenszene und einem traditionell hohen Ausländeranteil gilt das Hafenviertel Jungbusch von jeher als eins der buntesten Quartiere in Mannheim. Die Stadt hat in den vergangenen Jahren viel investiert, um Straßen, Plätze und das Ufer am Verbindungskanal von Rhein und Neckar zu verschönern. Und sie hat noch viel vor, um den Stadtteil noch attraktiver zu machen.

 

Aber Wunsch und Wirklichkeit klaffen bislang ein gutes Stück auseinander. Vor allem die alte Kaufmannsmühle, die seit Jahren leer steht, wird ein immer größeres Problem. Die Pläne der Stadt sehen hinter den Backsteinmauern Studios, Ateliers und Wohnungen mit Blick auf die Industrielandschaft am Hafen vor. Doch der Besitzer hat die dringend nötige Sanierung wiederholt verschoben. Inzwischen sind die Gebäude stark heruntergekommen, aus den Fassaden wachsen Büsche, und an einigen Stellen verhindern nur noch Balken ein Einstürzen im Innern.

Allein 2011 kamen 1900 Zuzügler aus Osteuropa

Zusätzliche Sorgen im Hinblick auf die Entwicklung des Stadtteils bereiten seit einiger Zeit starke Zuzüge von Bürgern aus Osteuropa, vor allem aus Bulgarien und Rumänien. Knapp 1900 haben sich 2011 bei der Stadt gemeldet. In diesem Jahr waren es bis Mai 764. „Das heißt, der Druck ist unverändert hoch“, erklärt der Sprecher der Stadt. Alteingesessene Bewohner klagen, dass die Zuzügler den öffentlichen Straßenraum über die Maßen belegen, dass Konflikte und Gewalttätigkeiten zunehmen, dass Unsicherheit und Ängste wachsen und Schmutz und Müll überhandnehmen. Auf einige Straßen trauen sich Frauen abends nicht mehr allein. Polizei und kommunaler Ordnungsdienst, so ein häufig zu hörender Vorwurf, seien viel zu selten präsent. Oft komme einfach niemand, wenn man dort anrufe.

Unmut bereiten Gruppen von Männern, die sich auf Bordsteinen breitmachen und auch einer Mutter mit Kinderwagen nicht weichen wollen oder die einen beliebten Spielplatz fast rund um die Uhr mit Beschlag belegen, dort trinken und urinieren. Auf einem anderen Platz beobachten die Nachbarn jeden Morgen einen „regelrechten Straßenstrich“, an dem arbeitslose Zuwanderer warten, um von Firmenbussen aufgegabelt zu werden.

„Kinder kommen ohne Heft und Stift in die Schule“

„Die Menschen tauchen auf und verschwinden wieder“, schrieb jüngst der „Mannheimer Morgen“ und zitierte einige Lehrerinnen aus dem Stadtteil. „So etwas“ hätten sie noch nie erlebt: „Kinder, die nichts in die Schule mitbringen, kein Heft, keinen Stift, kein Frühstück“; sie seien mit traditionellen Strukturen nicht erreichbar. Nachbarn berichten von „Problemhäusern“ mit undurchschaubaren Mietverhältnissen. Angeblich werden dort keine Wohnungen, sondern Matratzen vermietet – für monatlich 150 bis 200 Euro –, und die Miete wird schwarz in bar kassiert.

Während bisher vor allem Anwohner klagten, schlagen nun auch Lokalpolitiker Alarm. „Im Jungbusch und auch in der benachbarten Neckarstadt-West herrschen unbegreifliche Zustände“, erklärten der CDU-Ratsfraktionsvorsitzende Carsten Südmersen und der sicherheitspolitische Sprecher der Partei, Steffen Ratzel, in einer Pressemitteilung. „Wir laufen hier Gefahr, dass zwei Stadtteile abrutschen, wenn die Verwaltung nicht rasch handelt.“

Die Menschen wohnen in abbruchreifen Häusern

„Die Personen werden in abbruchreifen  Häusern und überbelegten Wohnungen zu völlig überhöhten Mieten untergebracht“, stellte Südmersen fest. Dort drohe durch unsachgemäße Überbrückungen von Stromleitungen hohe Brandgefahr.

Weil für die vielen nicht gemeldeten Bewohner die Mülltonnen nicht reichten, würden Abfälle „einfach auf der Straße entsorgt“. Die Retourkutsche kam prompt von den Grünen: Der für Sicherheit und Ordnung zuständige Bürgermeister Christian Specht habe ein CDU-Parteibuch; die Partei habe bisher „die wenigsten konstruktiven Vorschläge für Verbesserungen gemacht“. Bestreiten will die Probleme niemand. Man habe, erklärt der Stadtsprecher, schon vor Längerem eine Arbeitsgruppe im Rathaus gebildet und beobachte „die Lage sehr genau“. Viele Betroffene überzeugt das allerdings nicht. „Die Stadt hat viel zu lange geschlafen“, bemängeln einige, die vor ein paar Jahren voll Optimismus in den Jungbusch gezogen sind, darunter auch Frank Maaß, der frühere Sprecher der Initiative zur Sanierung der Teufelsbrücke. „Wenn es nach meiner Frau ginge, wären wir schon wieder weg“, sagt er.