Das Institut für Kulturmanagement an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg besteht seit 25 Jahren. Sein Leiter Thomas Knubben fragt, was aus der Kultur wird, wenn Bund und Länder ihre Zuschüsse wie angekündigt kürzen werden.

In den achtziger Jahren wurde der Aufbruch in eine offenere Gesellschaft zelebriert, ab sofort sollte die Kultur für alle da sein. Um dieser neuen Rolle gerecht zu werden, sollten künftig Profis zwischen Künstlern und Publikum vermitteln. Überall in der Republik wurden Institute für Kulturmanagement gegründet. Das an der Pädagogischen Hochschule in Ludwigsburg war nach dem in Hamburg das zweite. Im Jubiläumsjahr fragt sich sein Leiter Thomas Knubben, was aus der Kultur wird, wenn Bund und Länder ihre Zuschüsse wie angekündigt drastisch kürzen werden.
Herr Knubben, früher war von einzelnen Kunstsparten die Rede. Heute sprechen alle von Kultur. Haben die klassischen Zuschreibungen ausgedient?
In vielen Teilen des Kulturbetriebs gibt es diese Unterscheidungen schon noch. Aber es stimmt, wo die Aufspaltung nicht mehr so stark zum Tragen kommt, ist das Feuilleton. Die Kulturseiten haben sich zu einem breiteren Kulturbegriff geöffnet.
Was bezeichnet man denn an der Hochschule alles mit Kultur?
Alle Formen der Kultur, die öffentlich werden und einer Steuerung bedürfen. Ein Kunstwerk, das in einem geheimen Kämmerchen entsteht – ganz unabhängig davon, welche Qualität es hat, das aber nie an die Öffentlichkeit gerät –, wäre für uns kein Gegenstand der Betrachtung.
Wer Management hört, denkt an Geld. Wie groß ist die Rolle die Finanzen im Studium?
Das ist natürlich auch ein ganz starkes Thema bei uns. Der verantwortungsvolle und effiziente Umgang mit Ressourcen ist eine unsere Kernfragen. Für jemanden, der im künstlerischen Betrieb tätig ist, ist die Frage der Alimentierung existenziell. Deshalb hat auch kein Künstler Scheu, über Geld zu sprechen. Wenn ein Banker einen Künstler trifft, will der Banker über Kunst reden und der Künstler über Geld.
Sie sprechen von Ressourcen.
Ressourcen umfassen eben nicht nur Geld, sondern auch Zeit und Aufmerksamkeit . . .
. . . die oft noch schwerer zu bekommen sind.
Eben. Häufig ist die Aufmerksamkeit ein noch viel begrenzteres Gut als das Geld.
Ist man also Mittler zwischen den Parteien?
Der Kulturmanager ist schon derjenige, der die Kunstproduzenten und das Publikum zusammenbringt. Dieses Parship muss immer wieder hergestellt werden, das geschieht nicht automatisch.
Das Institut ist vor 25 Jahren gegründet worden. Hat man erst da festgestellt, dass man so etwas braucht? Was gab es vorher?
Als Funktion gab es das Management natürlich schon vorher. Den Impresario, den Galeristen . . .
Aber das waren eher Seiteneinsteiger.
Ja, Dilettanten im positiven Sinne. Menschen, die Leidenschaft aufgebracht haben. Systematisiert wurde das erst Ende der achtziger Jahre. Da hatten wir eine gesellschaftspolitische Situation, die eine Professionalisierung des Kulturbetriebs wollte.
Warum?
Die Gesellschaft hat sich für neue Lebensformen geöffnet, und es gab die Forderung nach einer Kultur für alle. All diese Initiativen haben dazu geführt, dass der Kultursektor mächtig expandiert hat.
Im Grunde eine Folge der siebziger Jahre?
Ja. Ein Gutteil der Nachkriegsproblematik wie Wohnraum und Arbeitsplätze schaffen, Flüchtlinge integrieren, den Basisbedarf decken oder Bildungsinstitutionen schaffen, das war im Kern erledigt gewesen. Jetzt ging es um die Feinjustierung der Bundesrepublik. Jetzt ging es um Aufbrüche hin zu einer egalitären und offenen Gesellschaft. Und um den Abbau alter autoritärer Strukturen.
Warum ist das Institut Teil der PH?
Das hatte zwei Ursachen: Die PH hatte sich darum beworben, weil sie sehr schwankenden Einflüssen unterliegt. Die Klientel, die an Pädagogischen Hochschulen ausgebildet wird, ist sehr eingeschränkt – damals waren es nur Lehrer für Grund-, Haupt- und Realschule. Das Institut für Kulturmanagemet hat dagegen für einen offenen Arbeitsmarkt ausgebildet. Jenseits des Lehrerberufs. Der zweite Grund war: es gab nebenan auch die Hochschule für Verwaltung und Finanzen. Da wir ja zwischen der Ausrichtung auf Kultur, Finanzen und Recht liegen, dachte man, da können die Dozenten von beiden Hochschulen eingesetzt werden, da brauchen wir nur eine kleine Einheit.
Und das ist aufgegangen?
Ja. Das ist noch so. Aber es gab Ende der neunziger Jahre mal die Idee wegzugehen.
Wohin?
Ans ZKM (Zentrum für Kunst und Medientechnologie, Anm. d. R.) nach Karlsruhe.
Das hätte sich auch begründen lassen.
Ja, aber dann hätte der württembergische Raum nichts mehr, alles wäre im Badischen gewesen. Bei der Äquivalenz der Landesteile wäre das nicht tragbar gewesen.
Was hat sich geändert, seit es das Studium Kulturmanagement gibt?
Das ist sicher eine schleichende Sache. Aber die Leistungen sind anerkannt. Handelt es sich doch heute um einen Sektor mit weit über einer Million Beschäftigten.
Wie groß ist ein Jahrgang am Institut?
Wir nehmen immer nur 25 Personen auf, bei 200 Bewerbern. Wir haben inzwischen etwa 800 Kulturmanager ausgebildet. Wir haben regelmäßig Absolventenbefragungen gemacht. Und tatsächlich, 85 Prozent sind im Kulturbetrieb gelandet.
Im nächsten Semester gibt es bei Ihnen ein Seminar, das sich mit dem Aufbau des Stadtmuseums Mannheim beschäftigt. War das Institut auch am Aufbau des Ludwigsburger Museums beteiligt?
Nein, eigentümlicherweise nicht. Obwohl die Kulturamtsleiterin Wiebke Richert eine Absolventin von uns ist. Ebenso wie der Leiter der Karlskaserne und die Leiterin der Tanz- und Theaterwerkstatt oder die neue Leiterin der Jugendmusikschule.
Thema Subventionen. Ist das Geld für die Kunst wirklich knapper geworden, oder redet man nur davon?
Doch, es wird knapper. Das ist nicht so schnell spürbar geworden, wie wir das nach der Finanzkrise 2008 befürchtet haben. Aber das liegt daran, dass wir eine Sonderkonjunktur haben – aber nur in Deutschland. Wir wissen alle, dass die Schuldenbremse kommt. Alle Landes- und Bundeshaushalte wollen die schwarze Null.
Das ist verfassungsrechtlich festgelegt.
Ja, es ist klar, dass die Kultur kämpfen muss. Wenn wir mal die Beträge vergleichen: für das nächste Jahr werden Ausgaben von elf Milliarden Euro für die Flüchtlingsproblematik prognostiziert, wofür der Bund neue Schulden aufnehmen muss. Der Gesamtbetrag der Kulturförderung von Bund und Ländern in Deutschland liegt bei neun Milliarden. Wir hatten gehofft, dass der Übergang von der öffentlichen zur privaten Förderung leichter vonstattengeht. Es gab etwa den Stiftungsboom. Aber die goldene Idee der Stiftung ist durch das Niedrigzinsniveau getrübt worden.
Was bedeutet es, dass zurzeit superreiche Privatleute in der Kunst das Sagen haben?
Der Kunstsektor ist innerhalb des Kulturmanagements die kleinste Einheit – jedoch mit teils spektakulären Auftritten. Die Ökonomisierung des Betriebes ist im Kunstsektor am stärksten. Die Sammler dirigieren den Markt und damit die Museen.
Verschwindet die Kunst bald ganz aus der Öffentlichkeit?
Es gibt eine Entwicklung, die uns gelassen sein lässt. Bei jeder Privatsammlung stellt sich irgendwann die Frage, was wird damit geschehen? Es gibt nur drei Wege: sie wird aufgelöst und damit in den Kunstmarkt zurückgeführt; sie bleibt als Privatmuseum erhalten, dümpelt aber vor sich hin, weil die Zufuhr an frischer Kunst fehlt; oder aber, man übergibt die Werke doch der öffentlichen Hand. Und genau das ist die momentan vorherrschende Strategie.