Wenige Reden, dafür viel Kunst – das hatte sich Finanzminister Wolfgang Schäuble für seinen Geburtstagsempfang erhofft. Zu den vielen prominenten Gästen zählte auch IWF-Chefin Christine Lagarde.

Berlin - Schon eine halbe Stunde vor Beginn nimmt der erste Gast seinen Platz ein: Es ist Norbert Blüm, der frühere Arbeits- und Sozialminister, der einst mit Wolfgang Schäuble am Kabinettstisch saß. Wie lange der Bundesfinanzminister schon in der ersten Reihe der Politik steht, wird an der Gästeschar deutlich: Anlässlich seines 70. Geburtstags sind ins Deutsche Theater in Berlin der frühere Bundespräsident Richard von Weizsäcker ebenso gekommen wie der ehemalige bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber. Dabei ist auch das Kabinett mit Kanzlerin Angela Merkel sowie Partei- und Fraktionschefs, Wirtschafts- und Gewerkschaftsführer. Dennoch bleiben im hinteren Bereich des Theaters viele Stühle leer. Nur ein Teil der Mitglieder aus den Fraktionen von Union und FDP sind da. Der laufende Parlamentsbetrieb hält manchen ab.

 

Eine Großveranstaltung mit vielen Reden war ohnehin nicht vorgesehen, dies wäre Schäuble wohl ein Graus gewesen. Eine Geburtstagsmatinee hat Unionsfraktionschef Volker Kauder organisieren lassen. Wenige Reden, dafür viel Kunst – das hat sich der Jubilar erhofft. Und sein Wunsch ging in Erfüllung. Welche Wertschätzung Schäuble auch außerhalb von Deutschland genießt, zeigt die Anwesenheit von Christine Lagarde, der charmanten Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF). Mit Lagarde verbindet Schäuble viel. „Wolfgang, mein Freund“, sagt die elegante Dame im lachsfarbenen Kleid. Sie hält eine herzliche Rede, bescheinigt Schäuble Weisheit, Weitsicht und Entscheidungskraft. Lagarde würdigt sein Eintreten für Europa. Schäuble sei wie kein anderer überzeugt davon, dass der Weg aus der Krise über eine enge Integration Europas führe. „Europa hat eine Seele, Europa hat aber auch ein Herz – und das schlägt in Wolfgang Schäuble“, sagt Lagarde.

Merkel hält eine sehr sachliche Rede

Lagarde und Schäuble duzen sich, ein Vorrecht, das der Finanzminister nur wenigen einräumt. Unionsfraktionschef Volker Kauder, der Schäuble seit mehr als 40 Jahren kennt, gehört dazu. Als Angela Merkel ans Rednerpult tritt, spricht sie ihren Minister mit „Sie“ an. Im Vergleich zu den Vorredner wird eine Distanz deutlich. Der Abstand erscheint auch deshalb groß, weil Merkel eine sehr nüchterne Rede hält.

Immerhin erlaubt sie einige Einblicke. Merkel lernte Schäuble im Jahr 1990 kennen, als sie noch stellvertretende Regierungssprecherin beim Ministerpräsidenten der DDR war. Schäuble verhandelte damals mit dem DDR-Staatssekretär Günther Krause den Einigungsvertrag. Merkel erzählt, dass nach der Vertragsunterzeichnung am 31. August 1990 Krause noch ein Fernsehinterview geben wollte. Danach war eine Pressekonferenz mit Schäuble geplant. Als Merkel dem damaligen Innenminister Schäuble sagte, Krause wolle noch schnell ein Interview geben, reagierte Schäuble barsch: „Dann findet die Pressekonferenz nicht statt“, habe Schäuble erwidert. Merkel erzählt diese Anekdote als Beleg für die Durchsetzungsfähigkeit ihres Finanzministers. Natürlich wurde das Interview abgesagt. Merkel sagt, sie schätze an Schäuble seine Erfahrung und seinen vollen Einsatz für das Land.

Lange wird an diesem Tag nicht geredet. Dafür liest der Schauspieler Ulrich Matthes aus Tucholsky und das Hornquartett der Berliner Philharmoniker spielt Mozart. Schäuble ist ergriffen. „Ich habe lange keine so intensive Stunde mehr erlebt“, sagt er. Dann dankt er seiner Frau Ingeborg und den drei Töchtern. Ohne sie wäre er nicht ein glücklicher Mensch geblieben.