Der US-Präsident Donald Trump riskiert mit seinen Strafzöllen auf Stahl und Aluminium einen Handelskrieg. Brüssel könnte im Gegenzug Harleys, Whiskey und Apple-Produkte mit Zöllen belegen.

Korrespondenten: Markus Grabitz (mgr)

Brüssel - Die Falken in seinem Umfeld haben sich durchgesetzt. Handelsminister Wilbur Ross hatte US-Präsident Donald Trump drei Handlungsoptionen aufgezeigt. Wenn es darum gehe, die US-Stahlindustrie zu schützen, sei da zunächst diese Möglichkeit: Die USA setzen Ländern Obergrenzen für die Einfuhr von Stahl. Vorschlag zwei: Washington verhängt zielgerichtet Zölle gegen einige Länder, darunter China, Russland, Indien und die Türkei. Vorschlag drei: Die USA verhängen Abschottungszölle gegen alle Länder weltweit.

 

Wie zu hören ist, gab es lautstarke Auseinandersetzungen im Weißen Haus. US-Außenminister Rex Tillerson soll Trump eindringlich gebeten haben, sich nicht mit der ganzen Welt anzulegen. Alles vergeblich. Der selbst ernannte America-first-Politiker hat zum schärfsten Schwert gegriffen. Er hat ausdrücklich nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die engsten Partner, politisch wie wirtschaftlich, zu schonen. Schon nächste Woche will er vielmehr beschließen, dass Stahlimporte in die USA grundsätzlich mit einem Schutzzoll in Höhe von 25 Prozent belegt werden. Auf Aluminium soll der Strafzoll zehn Prozent betragen. Er trifft damit in erster Linie nicht die Wirtschaftsmächte China oder Indien. Mit voller Wucht geht Trump vielmehr gegen seinen unmittelbaren Nachbarn vor: Am meisten Stahl liefert Kanada in die USA. Danach kommen Brasilien und Südkorea, Deutschland steht vor China an der zehnten Stelle der Stahllieferanten.

Die Börsen gehen in die Knie

Und niemand sollte darauf hoffen, dass sich Trump in den nächsten Tagen vielleicht noch eines Besseren besinnt. Während die Börsen weltweit in die Knie gehen und sich Politiker und Unternehmen für einen Handelskrieg rüsten, polterte Trump ungerührt auf Twitter: Wenn man ein Handelsdefizit von 100 Milliarden Dollar mit einem bestimmten Land habe und dieses dann „aufmüpfig“ werde, gelte: „Einfach nicht mehr handeln – und wir gewinnen dicke.“ Und weiter: „It’s easy (Das ist leicht)!“ Eine Reporterfrage nahm er zudem zum Anlass, Zölle anzukündigen, „die für eine lange Zeitspanne gelten werden“. Vieles kommt einer Kriegserklärung an alle wichtigen Handelspartner der USA gleich. Der Schutzzoll in Höhe von 25 Prozent ist horrend. Die Welthandelsorganisation (WTO) sieht Zölle auf Stahl im untersten einstelligen Prozentbereich vor. Hinzu kommt: Die Begründung für die Schutzzölle ist an den Haaren herbeigezogen.

Die Trump-Regierung beruft sich auf ein altes US-Gesetz , das noch den Geist des Kalten Kriegs atmet. Dieses Gesetz ist bezeichnenderweise nur ein einziges Mal überhaupt zur Anwendung gekommen. Es ermächtigt die USA, internationale Verträge zu brechen, wenn irgendeine Regelung die nationale Sicherheit bedroht. Das Handelsministerium ist nun zu dem Schluss gekommen, dass die US-Stahlindustrie Teil der nationalen Sicherheit ist und diese durch die Konkurrenz aus dem Ausland bedroht ist. Der Chef des Handelsausschusses im Europaparlament, Bernd Lange (SPD), ist empört: „Die Straf- und Schutzzölle der USA sind durch nichts zu rechtfertigen. Es gibt kein Dumpingproblem im Zusammenhang mit europäischen Exporten. Trump betreibt Abschottung und Protektionismus in Reinkultur.“

Lange hat die EU nur zugeschaut

Es geht um einen großen Markt: Zuletzt haben die USA 35 Millionen Tonnen Stahl im Jahr mit einem Wert von rund 30 Milliarden Dollar importiert. Die EU hat 2017 rund fünf Millionen Tonnen Stahl in die USA exportiert. Der europäische Branchenverband Eurofer befürchtet, dass die Strafzölle dazu führen, dass die Stahlimporte der USA um bis zu 25 Millionen Tonnen einbrechen. Eine enorme Menge: „Dies entspricht in etwa der Hälfte der Stahlmengen, die die gesamte EU 2017 importiert hat“, warnt Axel Eggert von Eurofer.Lange hat die EU zugeschaut. Sie hat gegrollt, wenn Trump gezündelt hat. So leiden Industrie und Landwirtschaft in Europa schon heute unter Strafzöllen der Amerikaner. Seit dem Regierungsantritt Trumps wurden bestimmte Stahlsorten, die im Schiffsbau verwendet werden, mit einem Schutzzoll von 22,9 Prozent belegt. Auch Sonnenpaneele und Oliven wurden bereits Strafzöllen durch die US-Regierung unterworfen.

Die Strafzölle auf Stahl und Aluminium werden in Brüssel aber endgültig als Kriegserklärung des Weißen Hauses in Handelsfragen verstanden. Nur wenige Minuten nach Trumps Ankündigung drohte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker mit Vergeltungsmaßnahmen: „Wir werden nicht untätig dasitzen, während unsere Industrie von unfairen Maßnahmen getroffen wird, die Tausende von europäischen Arbeitsplätzen bedrohen.“ Europa werde entschieden auf die Provokation reagieren, „um unsere Interessen zu verteidigen“.

EU-Kommission überlegt, Agrarprodukte mit zusätzlichen Zöllen zu belegen

Die EU prüft, welche US-Produkte im Gegenzug mit Strafzöllen belegt werden. Schätzungen zufolge würden die US-Strafzölle Stahlexporte aus der EU im Wert von bisher rund fünf Milliarden Euro betreffen. Laut dem WTO-Recht wäre die EU nun berechtigt, ihrerseits Zölle gegen US-Importe mit einem Wert von rund fünf Milliarden Euro zu verhängen. Die EU-Kommission überlegt, Agrarprodukte wie Soja und Mais und Apfelsinen mit zusätzlichen Zöllen zu belegen. Auch Prestigeprodukte, die in Wahlkreisen von Vertrauten Trumps produziert werden, etwa Harley-Davidson-Motorräder oder Whiskey, sind im Gespräch. Empfindlich getroffen würden die USA, wenn Apple-Computer und -Smartphones ausgewählt würden.

Daniel Caspary (CDU), Handelsexperte im Europaparlament, spricht sich dafür aus, nicht mit voller Wucht zu reagieren, sondern eher gezielt Gegenmaßnahmen zu verhängen: „Ich halte es für sinnvoll, bei den Gegenmaßnahmen den uns erlaubten Rahmen zur Hälfte oder zu einem Drittel auszuschöpfen.“ Es gehe darum zu demonstrieren, „dass wir uns wehren. Eine Eskalation sollten wir aber vermeiden.“