Die Unruhe war in den sozialen Medien bereits am Samstag zu spüren. In der Asperger Facebookgruppe äußerten einige Bedenken, zur Kundgebung der Bürgerinitiative Gemeinsam gegen Lea Tamm-Asperg (GGLTA) auf den Rathausplatz zu gehen. Grund war die Gegendemo, die das Antifaschistische Aktionsbündnis Stuttgart & Region (AABS) vor ein paar Tagen nur 90 Meter entfernt angemeldet hatte.
Wenn man sich die Homepage der Antifa anschaue, werde einem bange, schrieb eine Frau. In der Tat hat das Bundesamt für Verfassungsschutz beispielsweise die Homepage „de.indymedia“, eine Art Zentralorgan der Antifa, als extremistisch eingeordnet. Laut dem Verfassungsschutzbericht 2022 gibt es 2690 Linksextremisten im Land, 870 von ihnen sind gewaltorientiert. Die Zahl der Rechtsextremisten wird auf 2460 beziffert, darunter 800 gewaltorientierte.
Thomas Walker, einer der BI-Sprecher, versuchte in der Gruppe, zu beruhigen. Man sei im Austausch mit der Polizei, den Bürgermeistern und dem Landratsamt, schrieb er in der Gruppe. Von allen sei ein sicherer Ablauf zugesichert worden und die BI habe zudem die Security, die sie auf jeder Demo eingesetzt habe, noch einmal verstärkt.
Und in der Tat verliefen beide Veranstaltung ohne Zwischenfälle. Dafür sorgte sicher auch die starke Polizeipräsenz. Wie viel Einsatzkräfte genau vor Ort waren, wollte Sprecher Steffen Grabenstein nicht sagen, doch an die 100 Uniformierte werden es gewesen sein. Ihnen gegenüber standen knapp 1000 Besucher der BI-Kundgebung und rund 60 Antifa-Demonstranten. Die Linksextremisten werfen der BI Rassismus vor. Anfangs hätten Umweltargumente im Vordergrund gestanden. Jetzt seien es immer öfter sogenannte Sicherheitsbedenken und das sei nichts anderes als plumper Rassismus.
An die Seite der AABS stellt sich der AK Asyl Ludwigsburg. Als Rednerin trat AK-Mitglied Martha Albinger auf. Außerdem haben der ökumenische AK Asyl Ludwigsburg sowie die ökumenische Fachstelle Asyl zusammen mit der Antifa einen Flyer aufgelegt, um einen „starken Gegenpol zu fremdenfeindlichen und rechten Positionen zu bilden“.
Rechte Positionen hörte man auf der Kundgebung der BI ein paar Meter weiter indes nicht. Im Gegenteil. „Wir verachten Rassismus und Hetze jedweder Art gegen andere Menschen“, erklärte der Asperger Bürgermeister Christian Eiberger, der zusammen mit seinem Tammer Kollegen Martin Bernhard als Redner auftrat. Man sei gegen jegliche Form von Rassismus und auch Radikalismus, egal ob von links oder von rechts. Als Überraschungsgast hatten die beiden Landratsamts-Pressesprecher Markus Klohr mitgebracht. Der trete als „Freund“ auf, betonten sie. Mit im Gepäck hatte er den Schanzacker-Song. Die Botschaft: „Ne Lea woll’n wir nicht.“
Seitens der BI zeigte man sich nicht wirklich überrascht über die Aktion der Antifa. „Ich warte ehrlich gesagt schon lange darauf, dass man uns angreift“, sagte Walker. Auch in der Vergangenheit gab es immer wieder Vorwürfe, die BI distanziere sich nicht genug von Menschen mit rechtem Gedankengut. Schon im März hatte der Jugendverband der AfD versucht, die Demo der BI in Tamm für sich zu nutzen. Die Ordner der BI bremsten ein.
In einer schriftlichen Stellungnahme reagierte die BI am Wochenende schon vor der Kundgebung auf die Vorwürfe. Die Planungen des Landes würden schwierige gesellschaftliche, politische und rechtliche Fragen aufwerfen. Inhaltsleere Parolen, pauschale Vorwürfe und leichtfertig ausgesprochene Beschimpfungen seien weder zielführend noch hilfreich.
„Wir suchen keine Verbindung zu politischen Parteien, insbesondere nicht zur AfD und zu anderen Gruppierungen vom rechten Rand“, betonen die BI-Sprecher. Die politische Neutralität bedeute aber nicht, dass in der Debatte auf Argumente verzichtet werde, die nach der Wahrnehmung der BI die Menschen vor Ort im Hinblick auf die geplante Lea bewegen. Dies gelte insbesondere für die von zahlreichen Frauen aus Tamm, Asperg und Umgebung beschriebenen Ängste um ihre persönliche Sicherheit.
Die BI lege großen Wert auf den direkten und offenen Dialog, doch leider sei bis jetzt niemand der Akteure, die Rassismus vorwerfen, auf die BI zugekommen. Stattdessen habe es in den vergangenen Tagen und Wochen eine Zerstörungsserie an den Plakaten und Transparenten der BI gegeben. In Tamm und Asperg befinden sich bereits mehrere Unterkünfte der Anschlussunterbringung mit insgesamt einigen hundert Zuwanderern. Die BI habe dagegen noch nie demonstriert und sich auch nicht ablehnend geäußert.
Auf der Demo berichtete die BI von ihren Aktivitäten und übte einmal mehr Kritik an der Landesregierung. Die Botschaft war klar: Man wird nicht kleinbeigeben.