Am Landgericht Stuttgart hat zum zweiten Mal ein Prozess gegen einen 29-Jährigen begonnen, dem gleich mehrere Straftaten vorgeworfen werden. Unter anderem soll der Mann aus Winnenden eine brennende Zigarette auf dem nackten Rücken seiner Ex-Freundin ausgedrückt haben.

Der Mann auf der Anklagebank des Stuttgarter Landgerichts macht einen geordneten Eindruck, doch in seinem Leben ging schon früh viel schief. Er wuchs faktisch ohne Vater auf, da dieser als Fernfahrer nur an den Wochenenden da war. Mit elf Jahren griff er zu Wodka, mit 13 zu Marihuana. Ein Jahr später wurde bei ihm ADHS diagnostiziert. Schon in der vierten Klasse musste er in eine Schule für schwer erziehbare Kinder wechseln, aus dieser flog er in der achten Klasse nach einer Schlägerei.

 

Danach wohnte er einem Erziehungsheim auf der Schwäbischen Alb, den Hauptschulabschluss machte er in der JVA Adelsheim. In seinem Register stehen 14 Vorstrafen, nun sitzt er erneut in Untersuchungshaft. Eine Drogentherapie hat er abgebrochen. Ein Gutachter hat ihm eine „dissoziale Persönlichkeitsakzentuierung“ und eine „Neigung zur Rädelsführerschaft“ attestiert.

Ein Bündel von Straftaten

Nunmehr sitzt er vor der 7. Großen Strafkammer des Landgerichts Stuttgart, die zum zweiten Mal über ein ganzes Bündel von Straftaten richten soll, die zum Teil am Amtsgericht Waiblingen eröffnet worden waren. Beim ersten Anlauf im Mai war der Prozess am Landgericht kurz vor Ende geplatzt, weil eine Schöffin erkrankt war. Dies hat den 29-Jährigen nach eigenen Angaben in ein tiefes psychisches Loch gestürzt.

Nunmehr soll im zweiten Anlauf unter anderem über die Vorwürfe der besonders schweren räuberischen Erpressung und des besonders schweren Raubes bei zwei Taten aus dem Herbst 2020 verhandelt werden. Zum einen soll der Angeklagte laut Staatsanwaltschaft Anfang Oktober 2020 zusammen mit zwei Komplizen versucht haben, von einem Mann Schulden einzutreiben, die aus Rauschgiftgeschäften stammen sollen. Laut Anklage hat das Trio den Mann in Backnang verfolgt, zu Boden gebracht und dann mehrfach auf ihn eingeschlagen und eingetreten. Dabei sei auch eine zerbrochene Glasflasche zum Einsatz gekommen, hieß es in der Anklage. Das Opfer erlitt unter anderem eine Platzwunde am Hinterkopf.

Rund sechs Wochen später, Mitte November, soll der Angeklagte in Winnenden einem anderen Opfer ein Kantholz über den Kopf gezogen haben. Dann soll er mehrfach gegen den Oberkörper des am Boden Liegenden getreten und ihm den Rucksack mit Geldbeutel und anderen Wertgegenständen abgenommen haben. In diesem Fall erlitt das Opfer starke Prellungen und eine Platzwunde.

Wegen Diebstahls muss sich der Winnender verantworten, weil er im Herbst 2019 einen E-Roller im Wert von 2000 Euro gestohlen haben soll, der vor dem Reiterstüble in Winnenden abgestellt war. Den Schlüssel habe er zuvor dem Eigentümer entwendet.

Laut Staatsanwaltschaft hat der Angeklagte Ende Oktober 2019 in der Wohnung seiner früheren Freundin einen Mann gewürgt und ihn mit der Faust mehrfach ins Gesicht geschlagen, sodass das Opfer massive Prellungen erlitt. Anschließend soll er eine brennende Zigarette auf dem nackten Rücken seiner Ex-Freundin ausgedrückt haben, die dabei eine Brandwunde erlitt. Hier lauten die Anklagen auf Körperverletzung und gefährliche Körperverletzung.

Wohnungseinbruch und Nötigung

Wegen Wohnungseinbruch und Nötigung muss sich der Winnender vor Gericht verantworten, weil er Ende Oktober 2019 zusammen mit drei Mittätern in Backnang in ein Haus in der Friedrichstraße eingedrungen sein soll. Die Männer traten laut Anklage eine Wohnungstür ein und entwendeten einen kleinen Tresor, in dem sich 200 Euro und ein Handy befanden.

Wegen Handels und Besitz von Rauschgift muss sich der 29-Jährige verantworten, weil er im Juli 2019 rund 100 Gramm Marihuana in seiner Wohnung bereitgehalten haben soll. Bei einer Hausdurchsuchung im März 2020 fanden Beamte bei ihm knapp 1,5 Gramm Marihuana, rund 35 Gramm Cannabissamen und eine Feinwaage. Zuletzt muss sich der Winnender auch noch wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und Versicherungsschutz verantworten. Im Februar wurde er unter Drogen- und Alkoholeinfluss auf einem Roller in Winnenden erwischt. Er habe weder einen Führerschein noch eine Haftpflichtversicherung gehabt. Fortgesetzt wird der Prozess am 14. November, das Urteil soll am 28. November verkündet werden.