Drei junge Winnender müssen sich wegen Erpressung und Betrugs vor Gericht verantworten. Einer machte dem Opfer sogar vor, es könne die Erpressung gegen Bares durch einen Profikiller beenden lassen – dessen Existenz frei erfunden war.

Manteldesk: Thomas Schwarz (hsw)

Winnenden/Stuttgart - Mit einem dreisten Trick haben drei junge Männer aus Winnenden, die seit Dienstag wegen Raub, Erpressung und Betrug vor dem Stuttgarter Landgericht stehen, ihr Opfer ausgenommen: Der älteste des Trios trat als Räuber und Erpresser auf, seine beiden 17 und 19 Jahre alten Komplizen als dessen Opfer. Das haben die drei jungen Männer am ersten Verhandlungstag, wenn auch eher schleppend, zugegeben. Ihr Opfer, ein Drogendealer, zahlte insgesamt mehr als 2000 Euro.

 

„Ja, ich möchte es einräumen“, sagt der 26-Jährige auf die Frage der Vorsitzenden Richterin, ob er etwas zu den Vorwürfen sagen wolle. Doch die Freude Cornelie Eßlinger-Grafs darüber währt nicht lange. Was der junge Mann von sich gibt, klingt doch allzu geschönt. Den Dealer hätten er und sein 19-jähriger Kumpel abzocken wollen, um diesem einen Denkzettel zu verpassen. „Der verkauft Drogen an Minderjährige“, erklärt der 26-Jährige in treuherzigem Tonfall. Die erfahrene Jugendrichterin lässt sich jedoch kein X für ein U vormachen. „Ich bin bekannt für ein offenes Wort“, sagt sie und macht dem Angeklagten und dessen Verteidigerin klar, dass es mit seinem Geständnis bisher nicht weit her ist.

Ein Geständnis mit Hindernissen

Nach einer kurzen Besprechung mit der Anwältin fängt der 26-Jährige noch einmal von vorne an. So leichtes Spiel wie mit dem naiven Drogendealer hat er mit der Richterin aber immer noch nicht. Sie fragt ständig nach, will Details wissen und glaubt nicht alles, was man ihr weismachen will. „So langsam wird das was“, konstatiert sie nach fast zwei Stunden, in denen nur die erste der Taten des Trios behandelt wurde.

Unter dem Vorwand, dem Dealer Marihuana verkaufen zu wollen, hatten sie sich mit ihm an einem Abend im August 2014 auf einem Waldparkplatz bei Winnenden-Bürg verabredet. Dort zog der 26-Jährige eine täuschend echt aussehende Spielzeugpistole und bedrohte sowohl den Drogenhändler als auch seine beiden Komplizen. Der 19-Jährige kannte nämlich das Opfer. „Es sollte so aussehen, dass der nix damit zu tun hat“, gibt der 26-Jährige nach einigem hin und her zu. Rund 200 Euro Beute machten die drei, behalten wollte der 26-Jährige das Geld jedoch für sich allein. „Ich hatte 4000 Euro Schulden.“

Weil ihr Opfer das Spiel nicht durchschaute, zockten sie den Ahnungslosen gleich noch einmal am Telefon ab. Durch die Drohung, der 26-Jährige würde ihn „kalt machen“, brachten sie den Dealer dazu, ihnen weitere Zahlungen zuzusagen. „Zum Spaß“ hätten sie angerufen, behauptet der 26-Jährige zuerst. „Aus Schadenfreude“, korrigiert die Richterin, „weil der so dämlich war. Spaß ist das aber nicht.“

Der Auftragskiller „Dominik“ war frei erfunden

Dem 19-Jährigen wird zudem vorgeworfen, den Gutgläubigen mit einer weiteren Räuberpistole noch dreister übers Ohr gehauen zu haben. Er habe einen Bekannten namens Dominik, der den Erpresser für 5000 Euro beseitigen werde. Dazu sei allerdings die Hälfte im voraus fällig. Der Plan ging auf: 2000 Euro zahlte das Opfer an den vermeintlichen Profikiller, der frei erfunden war. Schließlich ging der 19-Jährige sogar so weit, dem anderen zu erzählen, Dominik habe den 26-Jährigen erledigt, wolle jetzt jedoch seinerseits Geld. Ansonsten lege er die gesamte Familie des Dealers um.

Damit war der Bogen wohl überspannt. Der Bedrohte ging endlich zur Polizei. „Er ist allerdings seit einiger Zeit verschwunden, wir können ihn nicht ausfindig machen“, sagt die Richterin. Er hat er es wohl vorgezogen, wegen seiner Drogengeschäfte nicht zu erscheinen – auch sicher nicht zum nächsten Termin am Donnerstag.