Die Motorworld in Böblingen prämiert zum dritten Mal die gelungensten Bilder sogenannter Carspotter – ambitionierte Fotografen exquisiter Automobile. Für sie entwickelt sich Böblingen immer mehr zum Szenetreff.
Die Böblinger Wolfgang-Brumme-Allee als Prachtstraße zu bezeichnen, mag an den meisten Tagen des Jahres übertrieben klingen. Doch wenn die Motorworld in Böblingen zum Saisonauftakt oder -ausklang einlädt, verwandelt sich die mehrspurige Straße zum Boulevard der automobilen Eitelkeiten. An der Kreuzung mit der Flugfeldallee tummeln sich dann Scharen sogenannter Carspotter – Fotografen mit Benzin im Blut (englisch: to spot – entdecken). Sie gieren danach, besonders ausgefallene Modelle vor die Linse zu bekommen. Zum dritten Mal prämierte die Motorworld am Donnerstag die talentiertesten von ihnen im Rahmen des Carspotter Awards.
Den Sieg trug der Stuttgarter Fotograf Aleksandr Pedanian davon, der einen Ferrari LaFerrari bei einem der Motorworld-Events auf der Brumme-Allee im Beschleunigungsvorgang ablichtete. „Eigentlich wollte ich gar nicht mitmachen“, sagt Pedanian, der hauptberuflich Autos fotografiert. „Aber ein Freund hat das Bild gesehen und sofort gesagt: Das musst Du einreichen, das wird gewinnen.“ Er sollte Recht behalten.
Was dem 36-Jährigen gelungen ist, nennen Fotografen einen Mitzieher: Mit Kamera ein bewegtes Objekt genau so verfolgen, dass es selbst scharf ist, aber der Hintergrund verwischt. Außerdem handelt es sich bei dem Supersportwagen um ein limitiertes Spitzenmodell der italienischen PS-Schmiede: Unter der Haube scharren 963 Pferde und der Preis kratzt an der Drei-Millionen-Marke. Also nur was für den ganz dicken Geldbeutel und in freier Wildbahn äußerst selten anzutreffen. Somit war der feuerrote Bolide für ihn ein Volltreffer im doppelten Sinne.
In der Szene der Carspotter geht es vor allem darum: sehen und gesehen werden. Ihre Bilder posten die PS-Fotografen in den sozialen Medien, insbesondere auf Instagram und TikTok. „Auf Instagram habe ich mittlerweile über 74 000 Follower“, sagt Aleksandr Pedanian. Er kam vor 11 Jahren aus Litauen nach Deutschland, arbeitete zunächst im Pflegebereich, bevor er sich hauptberuflich der PS-Fotografie widmete. In Teilzeit arbeitet er in einem Studio auf dem Flugfeld, lichtet etwa die Edelkarossen des Händlers Gohm ab, der in Böblingen Ferrari, Maserati und Lamborghini verkauft.
Stolz posieren die drei Preisträger am Donnerstagabend in der Motorworld neben ihren Motiven. „Dass alle Gewinner aus der Region Stuttgart stammen, ist reiner Zufall“, sagt Eventmanager Julian Reichl. Der zweite Platz ging an Florian Kellermann aus Böblingen, der einen McLaren Artura bei Nacht in Szene gesetzt hat mit dem leuchtenden Riesenrad im Hintergrund, das im Sommer auf dem Flugfeld gastierte. Der 22-Jährige arbeitet als Software-Ingenieur bei Philips auf der Hulb.
Dabei sind ihm fünf Stunden Nebenerwerb gestattet, und die investiert er in die Fotografie der britischen Edelrenner Marke McLaren. „Am Anfang war ich eher Porsche-Fan, irgendwann kam die Leidenschaft für die Briten“, sagt er. Angefangen mit dem Carspotten hat er mit 16, „auf einer Brücke über einer Bundesstraße.“ Doch stundenlang ausharren, bis irgendwann zufällig ein Nobel-Sportwagen vorbeirast, das ist nicht mehr sein Ding. Mittlerweile fotografiert er im offiziellen Auftrag der Stuttgarter McLaren-Vertretung die Boliden und deren „absolute fahrdynamische Ausrichtung.“
Den dritten Rang erreicht Noel Simert aus Korntal-Münchingen mit einem Ferrari Roma als Motiv.
Für den Award hätte eine Jury aus über 200 eingesandten Fotografien in einem zweistufigen Verfahren die besten ausgewählt. Darin sitzen Experten der Stuttgarter Filmproduktionsfirma Blue Delta Films. Die einzige Bedingung an das Motiv ist, dass die eingereichten Fotos einen Bezug zur Motorworld haben sollten.
Neben Ruhm und Ehre gibt es ein dickes Paket mit Gutscheinen im Wert von über 10 000 Euro, teilt die Motorworld mit: Hotel-Übernachtungen, Bekleidung, Einkaufsgutscheine oder für Rennsimulatoren und Restaurants.
