Das Gemeindepsychiatrische Zentrum Filder kritisiert die Pläne zur Zusammenlegung der psychiatrischen Kliniken im Landkreis Esslingen.

Filder - Eine gemeindenahe psychiatrische Versorgung sollte in der Stadt und nicht auf der grünen Wiese stattfinden“, sagt Susanne Müller-Weber, die Leiterin des Gemeindepsychiatrischen Zentrums für das Fildergebiet (GPZ) in Sielmingen. Hintergrund ihrer Aussage sind die aktuellen Pläne zur Umstrukturierung der Krankenhauslandschaft im Landkreis Esslingen. Wie berichtet, sollen die Kreiskliniken mit dem Klinikum Esslingen fusionieren – was weitreichende Folgen für die Psychiatrie hätte.

 

Gutachter von Ernst & Young empfehlen, die psychiatrischen Abteilungen im Landkreis (Nürtingen und Plochingen) auf dem Stumpenhof in Plochingen zu konzentrieren. In der Fachwelt ist das umstritten, denn nach den Plänen würde das Krankenhaus in Plochingen zu einer reinen psychiatrischen Klinik umgewandelt werden. Die stationäre psychiatrische Behandlung würde somit abgekoppelt von einem Allgemeinkrankenhaus erfolgen.

Patienten könnten ausgegrenzt werden

Beim GPZ in Sielmingen, das für die ambulante Betreuung und die Beratung psychisch kranker Menschen in Leinfelden-Echterdingen, Filderstadt, Neuhausen und Ostfildern zuständig ist, spricht man von einer Ausgrenzung der Psychiatrie-Patienten. Eine Zusammenlegung der psychiatrischen Abteilungen auf dem Stumpenhof widerspreche den bislang verfolgten Therapieansätzen, betont Müller-Weber. „Die Patienten sitzen in Plochingen oben auf der Bergspitze, fern von der Stadt“, sagt sie. „Die Anbindung ist schlecht.“

Mit dem zweiten Satz macht die GPZ-Leiterin auf einen wichtigen Punkt insbesondere für Betroffene auf den Fildern aufmerksam. Sollte ein Klinikaufenthalt notwendig sein, dann müssten psychisch kranke Menschen statt wie bisher nach Nürtingen künftig nach Plochingen fahren. „Die Fahrt von Musberg nach Plochingen ist sehr weit und mit erheblichen Fahrtkosten verbunden“, sagt Müller-Weber und ergänzt: „Viele Patienten haben kein Auto und wenig Geld.“

Gerade die Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist laut Müller-Weber ein erheblicher Stressfaktor für jemanden, der psychisch noch nicht so stabil ist. Zudem befürchtet sie, dass die Kontakte zwischen den Betroffenen, die sich aus der Tagesklinik in Bernhausen kennen, brüchiger werden. Untereinander würden sich einige Patienten gegenseitig besuchen, wenn einer von ihnen für mehrere Woche stationär behandelt werden müsse, meint Müller-Weber. Auch für die Angehörigen sei es schwieriger, nach Plochingen zu kommen.

Das GPZ bemängelt, dass einzig und allein Kostengründe für die Umstrukturierung der hoch verschuldeten Kreiskliniken ausschlaggebend seien. „Es wirkt so, als ob saniert werden soll und nicht inhaltlich geschaut werden soll, was gemacht wird“, schildert die Leiterin ihren Eindruck. Sie hat zudem gehört, dass die Zahl der Betten in der Psychiatrie in Plochingen künftig geringer ausfallen soll als an den beiden bisherigen Standorten zusammen.

Fachleute erarbeiten Vorschläge

Ein Sprecher der Kreiskliniken Esslingen weist dies als Spekulation zurück. Eine Arbeitsgruppe beschäftige sich derzeit mit der Umsetzung des Konzepts zur Klinikfusion, so der Sprecher. „Das Ziel ist eine wirtschaftlich und medizinisch tragfähige Lösung.“ Konkrete Vorschläge werden die Fachleute im Herbst vorstellen.

Einen Umsetzungsplan für die Psychiatrie zu entwickeln, sei eines von vielen Teilprojekten, um die im April vom Kreistag beschlossene Fusion hinzubekommen, erklärt Peter Keck, der Sprecher des Landratsamts Esslingen. „Dass nur wirtschaftliche Gründe herangezogen werden, kann man nicht bestätigen“, sagt er. Einen finalen Beschluss über die Umsetzung der Fusion wird der Kreistag im Frühjahr treffen.