Die Vorstände des Energiekonzerns wollen wegen der schlechten Rahmenbedingungen bis auf weiteres die Realisierung des 1,7 Milliarden Euro teuren Objekts vorerst nicht weiter verfolgen.

Stuttgart - Hinter dem Bau des Pumpspeicherkraftwerks in Atdorf stehen immer größere Fragezeichen. Nun hat der Vorstand des Stromkonzerns RWE in Essen den Beschluss gefasst, das 1,7-Milliarden-Projekt auf Eis zu legen. Ein entsprechender Bericht der „Badischen Zeitung“ wurde der Stuttgarter Zeitung aus Vorstandskreisen bestätigt. Die Landesregierung hält hingegen weiter an Atdorf fest.

 

Wie verlautet hat man RWE die Sprachregelung getroffen, das Vorhaben unter den derzeitigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht weiter zu verfolgen. Änderten sich diese, sei ein Wiedereinstieg möglich. Offiziell wollte der Energiekonzern keine Stellung nehmen. „An solchen Spekulationen beteiligen wir uns nicht“, sagte eine Konzernsprecherin. Man könne derartige Meldungen „weder bestätigen noch dementieren“.

Es sei allerdings richtig, dass sich die RWE schon seit längerer Zeit mit dem Kooperationspartner EnBW zu dieser Frage in Gesprächen befinde. Bei der EnBW in Karlsruhe sagte ein Sprecher, man werde „mögliche Beschlüsse von Partnern nicht kommentieren“. Er verwies darauf, dass die Rahmenbedingungen für solche Kraftwerke schwierig geworden seien.

Das größte Bauvorhaben im Land nach Stuttgart 21

Die Schluchseewerk AG, ein Gemeinschaftsunternehmen von RWE und EnBW, will in Atdorf im Hochschwarzwald das größte Pumpspeicherkraftwerk Deutschlands bauen will. Es soll eine Leistung von maximal 1400 Megawatt erbringen und könnte nach Stuttgart 21 das größte Bauvorhaben in Baden-Württemberg werden. Derzeit läuft das Planfeststellungsverfahren für das Projekt, in das beide Partner bereits 60 Millionen Euro investiert haben.

Die RWE hält über ihre Tochter Power AG 50 Prozent an der Schluchseewerk AG. Die EnBW ist über eine Firmentochter mit 37,5 Prozent beteiligt. Die restlichen 12,5 Prozent hält die mehrheitlich von der EnBW beherrschte Energiedienst AG.

RWE und EnBW leiden unter dem Ausstieg aus der Atomenergie, die ihnen früher Milliardengewinne garantiert hatte. Jetzt müssen sie empfindliche Gewinneinbußen hinnehmen und Mitarbeiter entlassen. Es fehlt das Geld für kostspielige Engagements, deren Profitabilität ungewiss ist.

Die Ankündigung des Rückzugs eines der Projektpartner stößt bei der Bürgerinitiative gegen Atdorf auf Skepsis. „Wir haben den Eindruck, dass die RWE hier Druck auf Politiker aufbauen will, um an die Subventionstöpfe zu kommen“, kommentierte ihr Sprecher Klaus Stöcklin. Der Widerstand gegen das Projekt gehe weiter. „Wir lassen uns durch solche Nachrichten nicht einschläfern“, sagte Stöcklin.

„ RWE will die künftige Bundesregierung unter Druck setzen“

Die Stromkonzerne fordern vom Bund für den Betrieb von Pumpspeicheranlagen unter anderem eine Befreiung von der Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz und eine Freistellung von den bisher für den Transport sowie die Verteilung der Energie erhobenen Nutzungsentgelten.

Die Ausstiegsdrohung zeigt laut dem BUND, dass RWE auch die nächste Bundesregierung unter Druck setzen wolle. Der Konzern sei offenkundig nur bereit, derartige Projekte zu finanzieren, „wenn die Rahmenbedingungen geändert werden“. Das bedeute, dass derartige Vorhaben „entweder subventioniert oder über eine Umlage eine gesicherte einträgliche Finanzierung erhalten“, sagte der BUND-Referent Franz Pöter. Atdorf rechne sich nicht.

Anders beurteilt das baden-württembergische Umweltministerium die Lage. Das Ressort von Franz Untersteller (Grüne) hält an dem Vorhaben fest. „Wir gehen davon aus, dass das Verfahren zur Planfeststellung fortgesetzt und dann auch zu Ende gebracht wird“, sagte ein Sprecher. Ein Ausstieg würde wenig Sinn machen. Es sei politischer Konsens, dass nach der Bundestagswahl „über ein neues Design für den Energiemarkt nachgedacht wird“.

Geändert um 14:56. Entfernt wurde der Satz „Die RWE und die EnBW halten jeweils 37,5 Prozent an der Schluchseewerk AG.“ Die Mehrheitsverhältnisse wurden konkretisiert.