Der Staat reagierte repressiv, dazu Wettrüsten, Pershing-Raketen und die Angst vor einem Atomkrieg: „No future“ hieß die Parole der jungen Generation. Einige besetzten Häuser, rebellierten gegen das System, lehnten die Konsumgesellschaft ab und kloppten sich mit Skins und Neo-Nazis.

 

„Die Punkszene war vielfältig: Es gab Lederjackenpunks, aber auch Künstler, Fotografen, Dichter, Maler oder romantische New Waver. Jörg Krause aus Stammheim verewigte seine Erlebnisse und inneren Gefühle in dem Punk-Fanzine, das er ‚Die bewältigte Verzweiflung‘ nannte und in dem er die vielfältige Stuttgarter Punk-Kunstszene kritisch auseinandernahm“, berichtet Autor Simon Steiner.

Oberstes Prinzip und wichtiges Gütesiegel war: Do it yourself, mach es selbst: Der Stuttgarter Mailart und Copyart Künstler Albrecht D. darf daher als heimlicher Vater der Stuttgarter Punkbewegung bezeichnet werden. Er war Kunstlehrer an der Rilke-Realschule in Zuffenhausen-Rot: „Und er war der erste, der den Do-it-Yourself-Charakter, das Selbermacher vorwegnahm“, betont Steiner. „Er schrieb und collagierte und experimentierte schon Anfang der 1970er Jahre im späteren Punk-Design. Gleichzeitig musizierte er auf selbst gebastelten Instrumenten, dilettantisch, also punkig, aber reflektiert und auch solidarisch, altersübergreifend mit dem aus der früher Punkszene kommenden „mußikanten“ Rolf“, so der Autor.

Experimentalklänge im Weilimdorfer Bunker

Teflon Fonfara, bekannt als SDR-Legende „Frau Kächele“, wohnte, bevor er für ein Jahr nach New York ging, von 1978 bis 1983 in Weilimdorf. „Ich suchte ursprünglich für mich allein einen kleinen Proberaum“, sagt Fonfara. Er fand etwas in einem Weilimdorfer Bunker an der Ecke Am Seelachweg/Im Frauenholz. Es war ultraeng darin, aber Fonfara probte dort auch mit der New-Wave-Band Originalton oder auch mit Maik Glemser als Duo. „Das war eine sehr kreative Phase im Bunker“, sagt er. Eigentlich sei das Experimental- und Avantgardemusik gewesen, was damals entstanden sei. Erst habe man das Material auf Kassette aufgenommen, dann auf eine Revox-Bandmaschine gespielt und anschließend teilweise monatelang bearbeitet, berichtet Fonfara. Mit der Tonmaschine wurde gebastelt, improvisiert und komponiert. Der Proberaum befand sich im Erdgeschoss des Hochbunkers. Sogar SWR-Leute drehten damals und machten einen Beitrag für die Abendschau, erinnert sich Fonfara: „Im Weilimdorfer Bunker entstand Material für mehrere Stunden Musik. Es war ein experimentierfreudiger Platz, manchmal hatten wir auch Besuch, es kamen Mädels aus der Nachbarschaft oder Fans, aber es war immer sehr eng in den Räumen, weil er eigentlich zu klein war für eine ganze Band. Aber irgendwie haben wir das hingekriegt und der Bunker hat Geschichte geschrieben.“