Der erste Tweed Rund fand 2009 in London statt. Der Verein Stuttgart-Charity-Society veranstaltet das Event in Stuttgart und sammelt zugleich Spenden für wohltätige Zwecke. Der Start war am Samstag im Innenhof des Alten Schlosses.

Stuttgart - Kurz vor 9 Uhr quietschen am Samstagmorgen zwei Stahlrösser durch den Schlossgarten. Es sind Räder, die aussehen, als seien sie vor mindestens 50 Jahren aus der Fabrik gerollt – Ledersattel samt passendem Griffband am Lenker, ein leicht klappriger Scheinwerfer und ein kunstvoll gefertigtes Emblem aus Stahl am Steuerrohr. Die beiden Fahrer stechen unter den morgendlichen Joggern mit ihren neongelben Funktionsjacken nicht minder ins Auge. Die beiden Herren tragen gepflegte Knickerbockerhosen, eine gebundene Fliege und Anzüge mit breitem Revers. Sie sehen aus, als wollten sie in einem Gangsterfilm der 1940er Jahre mitspielen. Doch ihr Ziel ist der Innenhof des Alten Schlosses und damit der Start des vierten Stuttgarter Tweed Runs.

 

Spende für den guten Zweck

„Die erste Veranstaltung dieser Art fand 2009 in London statt“, erklären Florian Müller-Metge und Jesper Ploug vom Verein Stuttgart-Charity-Society (SCS). Der Verein ist Veranstalter des Tweed Runs. „Wir wollten uns von den anderen Events dieser Art abgrenzen und spenden die Einnahmen und Startgelder daher für einen guten Zweck“, sagt Müller-Metge. In diesem Jahr wird das Geld – die Macher hoffen auf einen fünfstelligen Betrag – an die Nikolauspflege und das „Slow Mobil – Essen für Kinder“ gehen.

Kurz vor dem Start trudeln neben den beiden Herren mit ihren Stahlrössern die restlichen knapp 200 Teilnehmer im Innenhof des Alten Schlosses ein. Ein schwarzes Rennrad, wahrscheinlich aus den 1980er Jahren – der italienischen Kultschmiede Bianchi lehnt an der Reiterstatue von Herzog Eberhard, dem ersten Herzog von Württemberg und Teck.

Schiebermützen und Wollsakkos

Die meisten Fahrer des Tweed Runs sind stilecht gekleidet. Die Herren sehen aus, als seien sie für eine Fuchsjagd angemeldet mit Schiebermützen und schweren Wollsakkos. Die Damen tragen Hüte, Kleider aus der Vorkriegsära und meist hochhackige Schuhe aus Leder. Doch Ploug sagt: „Jeder kann mitmachen, unabhängig vom Outfit. Es geht ja um den guten Zweck.“

Ursprünglich sollte die Veranstaltung im Frühjahr stattfinden. „Da hatten wir aber Probleme mit der Streckenführung“, sagt Ploug. Die ausgewählten Wege am Rotwildpark seien gesperrt gewesen, fügt er hinzu. Ploug ist Maßschneider und hat sein Geschäft im Stuttgarter Westen. Nun führt die Strecke über eine Länge von 26 Kilometern via Killesberg Richtung Kräherwald und vorbei am Schloss Solitude. Aufgrund der Steigungen gehört Stuttgart zu den sportlichsten Tweed Runs.

Austern an der Solitude

Doch das Ziel ist es ohnehin nicht, als erster anzukommen. „Wir wollen einen schönen Sonntag verbringen“, sagt Müller-Metge, während sich Ploug eine weitere Pfeife ansteckt. Aus diesem Grund werden den Teilnehmern von Partnern und Sponsoren unterwegs Leckereien, Bier, Kaffee und Sekt gereicht. „An der Solitude gibt es Austern“, berichtet Ploug.

Der Tag endet im Jazzclub Bix an der Leonhardskirche mit einem Dinner. Dort werden auch die beiden Herren mit ihren Stahlrössern dabei sein. „Wir sind extra aus Norddeutschland angereist“, erzählen sie. Und: „Eigentlich wollten wir in London teilnehmen, doch da bewerben sich inzwischen 5000 Leute auf die 500 Startplätze. Da ist es hier gemütlicher.“ Im kommenden Jahr soll der Tweed Run im Übrigen wieder am letzte Sonntag im April stattfinden.