Die Rallye Dakar ist die gefährlichste Motorsport-Veranstaltung der Welt. 2014 sind drei Menschen ums Leben gekommen – wie schon im Vorjahr.

Sport: Dominik Ignée (doi)

Stuttgart - Die Rallye Dakar ist und bleibt gefährlich. Es geben die Mini-Cooper den Ton an. Das ist spannend zu verfolgen für die Bewunderer des größten Abenteuers im Motorsport. Im Kampf um die Dakar-Krone wird aber schnell vergessen, dass es am vergangenen Wochenende drei Tote gab und das Schicksal seine hässliche Fratze zeigte. Wieder einmal.

 

Mund abwischen und weitermachen, immer weiter, immer weiter – das ist die Dakar. In keinem Sport wird der Verlust von Menschenleben schneller abgehakt als bei der Marathonrallye. Und keine Sportart bringt es auf mehr Todesopfer als der motorisierte Wahnsinn durch Wüsten und gefährliche Berglandschaften. Im Durchschnitt gibt es pro Jahr zwei Tote.

Am Samstag starb der belgische Motorradfahrer Eric Palante. Der 50-Jährige stürzte in Argentinien zwischen Chilecito und Tucuman von seiner Maschine. Als er endlich entdeckt worden war, wurde er mit Wasser versorgt, aber es konnte ihm nicht mehr geholfen werden. Am selben Tag stürzte ein zum Dakar-Tross gehörendes Auto in eine 100 Meter tiefe Schlucht. Darin kamen zwei Reporter um, zwei weitere überlebten schwer verletzt. Die drei tödlich Verunglückten in diesem Jahr schrauben die Schreckensbilanz der Rallye weiter nach oben. Es waren die Todesfälle Nummer 63, 64 und 65.

Seit 1978 gibt es die Dakar. Unter den Toten befanden sich mehr als 30 Teilnehmer. Alle anderen waren entweder Zuschauer, Angehörige des riesigen Trosses oder Privatmenschen, die nichts mit der Veranstaltung am Hut hatten. So kamen im vergangenen Jahr bei einem Zusammenstoß mit einem Servicefahrzeug zwei Taxiinsassen ums Leben. Der dritte Tote der Dakar 2013 war der Motorradfahrer Thomas Bourgin. Der Franzose wurde 26 Jahre alt.

Drei Tote – wie im vergangenen Jahr

Nun sind es schon wieder drei Menschen, die ihr Leben ließen. Die Unglücksetappe war wegen Temperaturen von mehr als 40 Grad verkürzt worden. Zuvor waren rund 50 Prozent der Motorradfahrer wegen der bewusst anspruchsvoller gestalteten Strecken ausgestiegen. Der Dakar-Rekordsieger Stéphane Peterhansel, der früher selbst mit dem Motorrad an der Raserei beteiligt war, hatte einen Streckenabschnitt in Argentinien als die härteste Etappe bezeichnet, seit die Dakar durch Südamerika führt. Der Kick für die Hochgeschwindigkeitsjunkies wird immer größer – und die Gefahr, dabei ein hohes Risiko einzugehen, auch sie nimmt offenbar zu.

Der Rallyefahrer Niki Schelle beobachtet die Dakar aus der Ferne. Der 47-Jährige kann sich vorstellen, einmal an dem Spektakel teilzunehmen, dazu ist er zu sehr Rennfahrer. Aber der Oberbayer aus Böbing weiß auch: zu den Unglücken kommt es nicht von ungefähr. Man könne den herkömmlichen Rallyesport mit der Dakar überhaupt nicht vergleichen, sagt Schelle. „Bei der Rallye Monte Carlo erkunden wir vorher die Strecke, und wenn wir einen Fehler machen, sind wir selber schuld, weil wir uns eine Stelle nicht richtig notiert haben“, sagt er. Bei der Marathontour in Südamerika dagegen sei alles anders. „Wenn ich so eine riesige Strecke wie die in Argentinien oder Chile vor mir habe – woher soll ich da denn wissen, wo das nächste Loch kommt?“

800 Kilometer bei brütender Hitze

Teilweise 800 Kilometer legen die Auto- und Motorradfahrer am Tag bei brütender Hitze zurück. Sie kennen die Gegend nicht, sind oft übermüdet und haben bei hohem Tempo Konzentrationsprobleme. Viele der Dakar-Teilnehmer sind Amateure, die im fortgeschrittenen Alter und oft nicht ausreichend trainiert sind. „Ich sehe es ja an mir selbst. Im Straßenverkehr fahre ich im Auto nach Vorschrift, aber wenn ich im Motorsport den Helm aufziehe, wird Vollgas gegeben, man kommt da in einen Rausch. Es kann sein, dass sich bei der Dakar der eine oder andere etwas mehr zutraut, als er kann“, sagt Niki Schelle.

Der Bayer weist außerdem darauf hin, dass im normalen Rallyesport überall Streckenposten stehen, die im Falle eines Unfalls zur Hilfe kommen – bei der Dakar sei das wegen der Weite des Landes nicht möglich. Zudem könne nicht kontrolliert werden, wie nah die Zuschauer tatsächlich an die Piste herankommen und sich einer großen Gefahr aussetzen. Als noch in Afrika gefahren wurde, raste ein Fahrzeug in eine Traube von neun Kindern.

Das führte in Afrika zu Anti-Dakar-Protesten, die zum Wechsel nach Südamerika führten – wie auch der Terror. 2007 wurden in Nordafrika vier französische Touristen und drei Soldaten umgebracht. Es gab auch Terrordrohungen gegen die Dakar. Und so hat sie in Südamerika zwar ihre neue Heimat gefunden – aber kein Mittel gegen den Tod auf der Strecke.