Das Renninger Rathaus bis Aschermittwoch fest in der Hand des närrischen Volkes. Der Rathauschef muss sich anhören, was seinen Bürgern fehlt: ein Bierbrunnen statt der Wasserspender im Rathaus, eine Sanierung der Veranstaltungsräume und endlich ein neuer Kinderarzt.

Traut er sich oder traut er sich nicht? Nach der langen Corona-Abstinenz in Sachen Karneval stellt sich die Frage, ob Bürgermeister Wolfgang Faißt noch fit genug ist für die Verteidigung seines Rathauses gegen die geballte Kraft der Renninger Schlüsselgesellschaft und der örtlichen Brauchtumsvereine, oder ob er seine ganzen Kräfte für die Einrichtung von Teststationen und das Aufsammeln von Mund-Nasenschutz- und Testkit-Überresten auf Renninger Gemarkung verbraucht hat.

 

Die Karnevalisten und Hästräger haben auf jeden Fall die Coronazeit genutzt und in der närrischen Pause reichlich Kräfte gesammelt. Dazu haben sie sich Verbündete ins Boot geholt und gemeinsam mit der 1. Narrenzunft Renningen, den Schdoibruch-Hexa, den Hecka Hupfer und den Sotanos Guggen erstmals vor dem Rathaus gut sichtbar direkt vor der Nase des Bürgermeisters einen Narrenbaum aufgestellt, das Herrschaftssymbol des närrischen Völkchens. Dazu wurde ganz nachhaltig der Weihnachtsbaum kurzerhand seiner Äste beraubt und mit bunten Bändern und den Wappen der Renninger Fasnetsvereine geschmückt.

Bierbrunnen statt Wasserspender

Jetzt stehen sie also vor der Rathaustür und verlangen lautstark nicht nur den Rathausschlüssel und die Stadtkasse, sondern Speis und Trank bis Aschermittwoch, einen Bierbrunnen statt der Wasserspender im Rathaus, eine Sanierung der Veranstaltungsräume, Lagerflächen für die Vereine, eine Ortsverschönerung, mehr Parkplätze und ein süßes Carepaket für die in Renningen vernachlässigten Kinder: Seit einem Jahr ist kein neuer Kinderarzt in Sicht. Die neue Präsidentin der Renninger Schlüsselgesellschaft, Melanie Bader, klagt an: „Renningen schaut mit viel Blabla nur nach den großen Dramen, die kleinen Leute werden immer vergessen, schaut mal raus aus eurem Elfenbeinturm.“ Rein wollen sie, in jenen.

Der Bürgermeister aber bleibt hart: „Daraus wird nix“, ruft er laut und deutlich, und nicht einmal ein paar warme Worte rückt er für die Narren heraus. Klar, dass die sich das nicht gefallen lassen und dass der Bürgermeister der närrischen Übermacht nicht lange standhalten kann, auch, weil sein Adlatus, der Erste Beigeordnete Peter Müller, sicherheitshalber dem Ansturm fern geblieben ist. Und so steht Wolfgang Faißt alleine auf verlorenem Posten, es kommt wie es kommen muss, die Narren stürmen das Rathaus, das Wolfgang Faißt zunächst noch halbherzig mit der Mistgabel verteidigt, bis er dann schnell die weiße Flagge hisst und den Rathausschlüssel übergibt. Aber, „der passt nicht überall“, frohlockt Faißt schelmisch, denn die Stadtkasse hat er wohlweislich in Sicherheit gebracht und bleibt dreist auf seinem Zaster hocken.

Selbst auf das Angebot, sich mit Bier und Süßigkeiten freizukaufen, geht der Bürgermeister nicht ein und bringt abends zur Prunksitzung der RSG statt der geforderten Kamellen und Bier nur Zahncreme und Kopfschmerztabletten mit.