Reaktion auf die Corona-Krise Bahn dünnt Fernzug-Angebot aus

Der Schienenkonzern legt die ICE-1-Flotte bis mindestens Ende April still. Die Kapazitäten im Fernverkehr werden spürbar reduziert.
Berlin - Die Deutsche Bahn AG schränkt wegen der Corona-Krise nun auch im Inland ihr Fernzug-Angebot deutlich ein und legt ein Fünftel ihrer Hochgeschwindigkeitszüge vorläufig still. Die gesamte ICE-1-Flotte soll in den nächsten Tagen aus dem Verkehr gezogen werden. Die ersten der 58 rot-weißen Flitzer werden bereits auf Abstellgleise gefahren und sollen dort bis mindestens Ende April stehen bleiben. Das hat unsere Redaktion aus Unternehmenskreisen erfahren, in denen entsprechende Mitteilungen intern verbreitet wurden.
Bahn: Derzeit noch 75 Prozent des Angebots verfügbar
Bereits vorige Woche hatte die Lokführergewerkschaft GDL gefordert, das Angebot auch zum Schutz der Beschäftigten deutlich auf das unbedingt notwendige Maß zu verringern. Der Staatskonzern fährt nach eigenen Angaben derzeit noch 75 Prozent der Verbindungen im Fern- wie Regionalverkehr. Der internationale Verkehr ist sind schon einiger Zeit unterbrochen, die Züge enden an den Grenzen. Die teilbaren ICE 2 und ICE 3 sind teils nur noch mit halber Länge unterwegs, Sprinterzüge entfallen.
Durch die verschärften Ausgangs- und Reisebeschränkungen sind manche Fernzüge fast leer. Passagiere berichten, dass zum Beispiel am Wochenende in sonst gut belegten Großabteilen überhaupt niemand mehr saß. An manchen Bahnhöfen werden demnach die Türen gar nicht mehr geöffnet, weil niemand ein- oder aussteigt. Verbindungen zu einigen Urlaubsregionen wie Sylt, Rügen und Oberstdorf sind wegen der massiven Restriktionen für Reisende gestrichen worden. Die DB sei mit den Behörden in ständigem Austausch, erklärte ein Sprecher auf Anfrage. Man werde weiterhin eine stabile Grundversorgung aufrechterhalten. Das Abstellen der ICE-1-Züge wollte er nicht bestätigen. Die DB beobachte das Fahrgastverhalten täglich und passe das Angebot gezielt an.
Bislang breite Grundversorgung mit Mobilität gesichert
Die ICE-Flotte besteht aus fast 300 Fahrzeugen, voriges Jahr wurden die Fernzüge (inklusive Intercity) von 151 Millionen Kunden genutzt. Bis 2030 sollen es 260 Millionen pro Jahr sein. Der Staatskonzern hat im Personen- und Fernverkehr bisher eine breite Grundversorgung mit Mobilität gesichert, während private Konkurrenten wie Flixbus und Flixtrain ihr Angebot schon vor Wochen komplett eingestellt haben.
Auch DB-Chef Richard Lutz musste sich als Verdachtsfall zur Vorsicht zeitweise in häusliche Quarantäne begeben, weil sich ein enger Mitarbeiter mit dem Virus angesteckt hatte. Nach Informationen unserer Zeitung wird Lutz an diesem Dienstag wieder in sein Büro hoch oben im Bahn-Tower am Potsdamer Platz zurückkehren. Bei der DB AG mit ihren rund 200 000 Mitarbeitern allein in Deutschland wurden bis Montag 226 Corona-Erkrankungen registriert, wie aus internen Mitteilungen hervorgeht. Bereits Mitte voriger Woche waren mehr als 1300 Verdachtsfälle erfasst worden.
Pause soll sinnvoll genutzt werden
Die Pause für die ICE-Flotte will der Konzern zu verstärkten Reparaturen und Modernisierungen nutzen. In den DB-Werken herrscht Hochbetrieb, auch weil der neue ICE 4 von Siemens immer noch Probleme mit Türsteuerungen und Bremsen hat. Der ICE 1 ist der älteste Hochgeschwindigkeitszug der DB und seit fast 30 Jahren im Einsatz.
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