Beim Edinburgh-Festival hat der Hollywoodstar Kevin Spacey Klartext geredet: Das Fernsehen müsse aufpassen, dass es nicht vom Internet abgehängt werde.

Edinburgh - Man möge bitte keine Angst haben, beschwichtigte Kevin Spacey sein Publikum, er sei niemand mit einem wichtigen Job im Fernsehgeschäft, der seine Rede nutzen wolle, um sich für eine noch wichtigere Stelle zu empfehlen. Mit diesem Seitenhieb auf die Qualität mancher Vorträge beim Guardian Edinburgh International Television Festival gab der Hollywoodstar letzte Woche zu erkennen, wozu er die zentrale Festrede des Festivals nicht nutzen wollte: nämlich den versammelten Redakteuren, Abteilungsleitern, Quotenastrologen und Entscheidungsträgern aus vielen Anstalten Honig ums Maul zu schmieren.

 

Natürlich beteuerte Spacey bei seiner Rede, die übers Wochenende im Netz viel diskutiert wurde, was beinahe jeder sagt, der sich für Film und Fernsehen interessiert: „Wir erleben gerade ein neues goldenes Zeitalter des Fernsehens.“ Aber der witzig und empathisch sprechende Oscar-Preisträger wollte nicht nur darauf hinweisen, welche Qualitäten Spitzenserien wie „The Sopranos“, „Breaking Bad“ und „Mad Men“ haben. Spacey erinnerte seine Zuhörer an eine Mahnpredigt, die der große Regisseur David Lean („Lawrence von Arabien“) 1990 vor Hollywood-Gewaltigen gehalten hatte. Wenn sie weiter so feige vor allem auf Fortsetzungen des Bewährten setzen, Filme als Ergebnis von Marktforschung zusammenrühren und die Kreativen zügeln würden, so Lean damals, werde das Fernsehen das Kino überholen.

David Lean hat Recht behalten, aber Spacey wendete die Kernaussage gegen die Behaglichkeit der Redakteure. Wenn das etablierte Fernsehen nicht weiter innovativ und mutig zu Werke gehe, werde es ganz schnell überholt werden: von neuen Anbietern im Internet. Spacey weiß, wovon er da redet. Er hat gerade in der Hauptrolle der Serie „House of Cards“ geglänzt, die von Washingtons Politikbetrieb erzählt. Die ist nicht von einem der profilierten Kabelsender produziert und verbreitet worden, sondern vom Webdienst Netflix.

„Das Publikum will Qualität sehen, wann es will, wo es will und auf der Plattform, die ihm gerade gelegen kommt“, da ist sich Spacey sicher. Um dieses Publikum zu bedienen, brauche es Verantwortliche mit Mut zu Risiken und Experimenten. „Wir müssen überraschen, wir müssen Grenzen überschreiten, wir müssen die Zuschauer ins Neuland führen.“ Jeder Geste Spaceys merkt man an, dass er auch für die Nachwelt spricht. Die soll einmal kurz und knapp nachprüfen können, was im Sommer 2013 als Aufgabe des Fernsehens klar vor Augen stand. Um daran messen zu können, wie die Intendanten und Planer mit der offenen Herausforderung umgegangen sind.