CSU-Chef Horst Seehofer droht mit seinem Veto gegen die Reform der Erbschaftsteuer und fordert in einem Schreiben an Finanzminister Wolfgang Schäuble umfangreiche Nachbesserungen am Entwurf. Bayern will den Zugriff auf Privatvermögen abmildern.

In der großen Koalition spitzt sich der Streit über die Erbschaftsteuer zu. In einem internen Schreiben an Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer umfangreiche Korrekturen am Entwurf des Finanzministers verlangt. Seehofer lehnt zentrale Elemente der Reform ab. Der bayerische Ministerpräsident drohte indirekt sogar mit seinem Veto. Es sei offen, ob die für 8. Juli geplante Kabinettsbefassung stattfinden könne. „Wie besprochen ist mit meiner Zustimmung zum Versand des Referentenentwurfs nicht die Zustimmung Bayerns verbunden, den Gesetzentwurf dem Bundeskabinett zur Beschlussfassung zuzuleiten“, heißt es in dem Schreiben, das der Stuttgarter Zeitung vorliegt. Erst in der vergangenen Woche hatte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) klargestellt, dass das Kabinett Anfang Juli beschließen will. Der Zeitplan ist nun fraglich.

 

In dem Brief an Schäuble führt Seehofer aus, dass die Familienunternehmen viele Arbeitsplätze in Deutschland garantierten. Sie seien deshalb besonders schützenswert. Die von Schäuble ausgearbeitete Reform dürfe nicht dazu führen, den Bestand der Unternehmen zu gefährden. Seehofer mahnt eine Reihe von Nachbesserungen an. Die Wünsche des Koalitionspartners stoßen in der SPD aber auf offene Ablehnung. Auch Finanzminister Schäuble hält Seehofers Vorschläge für unrealistisch. Er befürchtet, dass bei einer Aufweichung des Entwurfs kein verfassungsfestes Gesetz herauskommt. Mit Schäuble sei ein Gesetz, das in Karlsruhe später kassiert wird, nicht zu machen, heißt es im Finanzministerium.

Seehofer fordert viel

Seehofer verlangt eine grundlegende Überarbeitung des Konzepts. Bei der Bedürfnisprüfung für große Familienunternehmen soll der Schwellenwert verdoppelt werden. Das Bundesverfassungsgericht hatte in seinem Urteil vom Dezember 2014 eine Bedürfnisprüfung für große Familienunternehmen gefordert, mit der in jedem Einzelfall überprüft werden soll, ob die Zahlung der Erbschaftsteuer den Bestand des Betriebs beeinträchtigt. Schäuble sieht für die Bedürfnisprüfung einen Schwellenwert von 20 Millionen Euro pro Erben vor. Wird dieser Wert erreicht, sollen Firmenerben die Hälfte ihres Privatvermögens für die betriebliche Erbschaftsteuer einsetzen. Bei Familienunternehmen, deren Gesellschafter sich auf Ausschüttungsbeschränkungen verständigt haben, will Schäuble einen Schwellenwert von 40 Millionen Euro für die Bedürfnisprüfung festlegen. Das reicht Seehofer nicht. Er verlangt, die Aufgriffsgrenze von 20 auf 40 Millionen Euro zu verdoppeln. Bei Familienunternehmen mit Gesellschafterbindung soll der Freibetrag laut Seehofer bei 60 Millionen Euro liegen. Mit der Einführung eines Freibetrags will der CSU-Chef einen Fallbeileffekt verhindern. Außerdem möchte Seehofer bei Übertragungen großer Firmen den Zugriff auf das Privatvermögen abmildern. Verfügt der Firmenerbe bei der Erbschaft oder Schenkung über eigenes Vermögen, soll dies nicht einbezogen werden. Allein aus dem nicht-betrieblichen Vermögen, das dem Firmenerben zufließt, soll die Erbschaftsteuer bezahlt werden. In Seehofers Variante müssen Erben weniger zahlen. Schäuble will das gesamte Privatvermögen heranziehen und zur Hälfte besteuern.

Bayern hält Schäubles Pläne für zu rigide

Allerdings bietet Schäuble auf Druck der Union auch eine Option für Erben an, die ihr Privatvermögen nicht preisgeben wollen. Bei diesem Abschmelzmodell fällt die steuerliche Verschonung umso geringer aus, je höher das übertragene Vermögen ist. Nach Schäubles Plan soll das Abschmelzmodell bei 20 Millionen Euro beginnen. Seehofer plädiert für Schwellenwerte von 40 Millionen Euro. Bei Familienunternehmen mit Gesellschafterbindung soll die Grenze bei 60 Millionen Euro liegen.

Bayern hält die geplanten Regeln des Finanzministers für zu rigide. Während Schäuble eine jahrzehntelange Bindungsfrist für Gesellschafterverträge zur Bedingung macht, um Vergünstigungen zu erhalten, plädiert Seehofer für kürzere Zeiten. Bei der Regelverschonung (Betrieb muss mindestens fünf Jahre fortgeführt werden) soll eine fünfjährige Bindung der Gesellschafterverträge ausreichen. Bei der Optionsverschonung (Haltefrist sieben Jahre) soll die Bindung sieben Jahre betragen.

Auch bei der Bagatellgrenze für Kleinbetriebe spricht sich Seehofer für großzügigere Bestimmungen aus. Die Befreiung vom Nachweis der Lohnsumme soll für Unternehmen bis zu fünf Mitarbeitern gelten. Schäuble sieht als Obergrenze eine Beschäftigtenzahl von drei Mitarbeitern vor.