Das Kabinett bringt die Reform der Erbschaftsteuer noch vor der Sommerpause auf den Weg, um die Zeitvorgabe des Bundesverfassungsgerichts einzuhalten. Künftig kommt es auf die Definition des betriebsnotwendigen Vermögens an.

Berlin - Das Bundeskabinett entscheidet an diesem Mittwoch über die Reform der Erbschaftsteuer für Betriebsvermögen. Die Regierung will das Gesetz vor der Sommerpause auf den Weg bringen, um die Zeitvorgabe des Bundesverfassungsgerichts einzuhalten. Karlsruhe hatte im Dezember 2014 Teile des geltendes Gesetzes kassiert und dem Gesetzgeber bis Juli 2016 Zeit für eine Neuregelung gegeben. Die CSU fordert weiter Korrekturen. Die CSU-Minister stimmen im Kabinett zwar zu, geben aber eine Protokollnotiz ab. Die Wirtschaftsverbände befürchten höhere Steuern für Familienunternehmen. Die wesentlichen Teile des Gesetzentwurfs:

 

Laut Gesetzentwurf rechnet das Bundesfinanzministerium durch die Änderungen mit Mehreinnahmen von 200 Millionen Euro jährlich. Unionsfraktionschef Volker Kauder gab allerdings bei einer Tagung zu, dass die finanziellen Folgen kaum abzuschätzen seien. Bis jetzt beträgt das Steueraufkommen aus der Erbschaftsteuer 5,7 Milliarden Euro pro Jahr. Die Wirtschaft befürchtet eine Verdoppelung.

Schwellenwert von 26 Millionen Euro pro Erbfall

Bei den großen Familienunternehmen bleibt es im Wesentlichen beim Vorschlag von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Allerdings wird der Schwellenwert, von dem an eine Bedürfnisprüfung erfolgt, angehoben. Bei der Bedürfnisprüfung wird festgestellt, in welchem Umfang Privatvermögen vorhanden ist. Der Erbe eines großen Familienunternehmens muss die Hälfte seines Privatvermögens zur Zahlung der betrieblichen Erbschaftsteuer abtreten. Der Schwellenwert, von dem an das vorgesehen ist, soll 26 Millionen Euro pro Erbfall betragen. Schäuble hatte ursprünglich 20 Millionen Euro vorgesehen. CSU-Chef Horst Seehofer forderte eine Verdoppelung, konnte sich aber nicht durchsetzen. Es bleibt bei Schäubles Ansatz, dass bei großen Familienunternehmen das Privatvermögen berücksichtigt wird. Auch dagegen gibt es in der CSU Bedenken. Die Regierung sieht eine höhere Freigrenze für die Bedürfnisprüfung von 52 Millionen Euro vor, wenn der Firmenerbe eine enge Bindung an den Betrieb nachweist. Allerdings sind die Hürden dafür extrem hoch: Wie es aus Regierungskreisen hieß, müssen Beschränkungen bei der Ausschüttung, der Ausübung der Stimmrechte und für den Fall der Veräußerung bestehen. Nur dann gilt der höhere Schwellenwert. Zudem gibt es den höheren Steuerrabatt nur dann, wenn die gesellschaftlichen Bindungen zehn Jahre vor Erbfall oder Schenkung und 30 Jahre danach nicht geändert werden.

Es bleibt dabei, dass eine Option eingeführt wird, um den Zugriff auf das Privatvermögen zu vermeiden. Beim „Abschlagsmodell“ sind gegenüber dem ursprünglichen Entwurf kleinere Korrekturen vorgesehen. Das Prinzip lautet: Es wird umso weniger Betriebsvermögen verschont, je höher der Wert des Unternehmens ist. Bei einem übertragenen Betriebsvermögen von 26 bis 116 Millionen Euro soll der Steuerrabatt bei der Regel- und Optionsverschonung um jeweils ein Prozent je 1,5 Millionen Euro sinken. Ab einem Wert von 116 Millionen Euro beträgt der Steuernachlass statt 85 Prozent nur noch 20 Prozent (Regelverschonung). Bei der Optionsverschonung sind es 35 Prozent statt 100 Prozent. Damit ist der Steuerrabatt etwas geringer als ursprünglich geplant.

Welche Steuern zu zahlen sind, hängt auch davon ab, was als betriebsnotwendiges Vermögen eingestuft wird. Nur das betriebsnotwendige Betriebsvermögen wird verschont. Die Stiftung Familienunternehmen macht folgende Rechnung bei der Bedürfnisprüfung auf: Mit der Neuregelung muss der Erbe 50 Prozent des Privatvermögens und die Hälfte des nicht-betriebsnotwendigen Vermögens für die Erbschaftsteuer auf Betriebsvermögen einsetzen.

Der Zugriff auf das Privatvermögen soll vermieden werden

Hier nimmt Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) gegenüber dem Referentenentwurf noch kleinere Änderungen vor. Erben von Kleinbetrieben bis zu 15 Mitarbeitern können auf einfachere Weise steuerlich geschont werden. Die Erben eines Betriebs mit bis zu drei Mitarbeitern profitieren von den Verschonungsregeln, ohne dass sie die Kriterien bei der Lohnsumme nachweisen müssen. Die allgemeine Verschonungsregel bleibt unverändert: Wird der Betrieb mindestens fünf Jahre (Regelverschonung) gehalten, gibt es einen Steuerrabatt von 85 Prozent. Bei der Fortführung über sieben Jahre (Optionsverschonung) sind es 100 Prozent. Die Zahl der Mitarbeiter wird nach Köpfen berechnet. Neu ist, dass Beschäftigte in Mutterschutz, Elternzeit und Beschäftigte mit längerer Erkrankung sowie Auszubildende nicht eingerechnet werden. Ebenfalls neu ist, dass auch Betriebe mit bis zu 15 Mitarbeitern in den Genuss der einfacheren Verschonung kommen. Betriebe mit vier bis zehn Beschäftigten müssen entweder nachweisen, dass die Lohnsumme nach fünf Jahren mindestens 250 Prozent vom Ausgangswert beträgt. Bei sieben Jahren Haltefrist sind es mindestens 500 Prozent. Auch für Betriebe von elf bis 15 Beschäftigten gibt es niedrigere Hürden: Die Lohnsumme muss nach fünf Jahren 300 Prozent und nach sieben Jahren 565 Prozent betragen.