Eine bundesweit aktive Gruppe von Katholikinnen tritt für eine Reform der Kirche ein. Auch in Stuttgart hat sie jetzt ein Zeichen gesetzt.

Stuttgart - Zufrieden betrachtet Birgit Kälberer das Plakat, das sie eben an einer der Türen zur Domkirche St. Eberhard angebracht hat: sieben Thesen, die Veränderungen in der katholischen Kirche einfordern. Initiiert hat die bundesweite Aktion Maria 2.0 eine 2019 gegründete Initiative katholischer Christinnen, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, für eine Glaubensinstitution zu streiten, die ihrem Anspruch gerecht wird. „Die Kirche ist eine wichtige Stimme, etwa wenn es um das Eintreten für Menschenrechte geht“, so Kälberer. „Sie ist aber wenig glaubwürdig, wenn sie selbst Menschenrechte gering achtet.“

 

„Wir wollen keine Spaltung der Kirche“

Die Kritik bezieht sich nicht nur auf die nachgeordnete Rolle der Frau, etwa wenn es ums Priesteramt geht. Die Thesen von Maria 2.0 fordern auch eine Abkehr vom Zölibatszwang, eine „wertschätzende Haltung gegenüber jeglicher achtsamer Sexualität und Partnerschaft“ und die konsequente Aufklärung von Missbrauchsfällen. „Wir wollen keine Spaltung der Kirche“, betont Aktivistin Beatrice Dörner. „Es ist aber höchste Zeit, dass wir sie von innen verändern.“ Kälberer zitiert Dompfarrer und Stadtdekan Christian Hermes: Die Kirche dürfe nicht die rote Laterne tragen, sondern müsse voranschreiten.

Die Diözese Rottenburg-Stuttgart sei eher liberal, gibt Ursula Mühlbauer zu verstehen, die ebenfalls als Ansprechpartnerin für Gottesdienstbesucher vor der Domkirche bereitsteht. Hermes sei dem Thesenanschlag gegenüber aufgeschlossen gewesen.

Die Austrittswelle ist ein Alarmsignal

Johanna Beck ist Kirchengemeinderätin in St. Eberhard. Auch sie unterstützt die Reformbestrebungen: Man müsse sich nur einmal ansehen, wer in den Gemeinden ehrenamtlich tätig sei – nämlich überwiegend Frauen. Mehr Partizipation sei längst überfällig. „In gewissem Sinne spielt uns die aktuelle Austrittswelle in die Karten“, sagt Birgit Kälberer. Sie hofft, dass solche Alarmsignale auch unbewegliche Geister in der Kirche zum Umdenken bewegen könnten. „Es geht uns darum, zu zeigen, wie viele Menschen hinter unseren Thesen für eine zeitgemäßere Kirche stehen, die auch der Botschaft Christi besser gerecht wird“, erklärt die engagierte Katholikin.