Bis 15. Juni sollen die zahlreichen Verbote und Ausnahmen zur Eindämmung von Corona auf den Prüfstand. Justizminister Wolf: Das durchschauen auch viele Fachleute nicht mehr.

Stuttgart - Grün-Schwarz will an diesem Freitag Klarheit darüber schaffen, wie viele Menschen sich künftig straffrei treffen dürfen – privat und bei Veranstaltungen, drinnen und draußen, ab Juni, Juli und August. Da der Ministerrat bisher darüber keinen Konsens fand, die CDU verlangt mehr Lockerungen als die Grünen, muss nun die Koalitionsspitze verhandeln. Der Ausgang ist ungewiss. Daneben soll auch der Vorschlag von Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) zur Sprache kommen, die Systematik der Gebote und Verbote grundlegend zu ändern: „Statt mit pauschalen Verboten und unzähligen Ausnahmen zu operieren, sollten wir rechtstechnisch von der Erlaubnis her kommen“, hat sie vorgeschlagen.

 

Dass es angebracht ist, das in vielen Wochen geknüpfte rechtliche Geflecht zu entwirren – mittlerweile wurde die Corona-Hauptverordnung mehrfach geändert, daneben gibt es mindestens 17 Unterverordnungen – hält man auch im Grünen-geführten Staatsministerium für angebracht. „Es macht Sinn, sich die Verordnungen in Gänze anzuschauen und, wo nötig, zu bereinigen“, sagt Regierungssprecher Rudi Hoogvliet. Ob es dann zu einer Umkehr der Systematik komme, müsse man sehen. Das Datum 15. Juni wird deshalb angepeilt, weil dann ohnehin die bisherige Corona-Verordnung ausläuft.

Gerichte korrigieren Regeln

Im Justizministerium wurden dazu bereits Überlegungen angestellt. Ressortchef Guido Wolf (CDU) unterstützt jedenfalls Eisenmanns Vorschlag: „Es ist in den vergangenen Wochen ein unübersichtliches Dickicht an Regelungen entstanden, das Bürgerinnen und Bürger, aber auch viele Fachleute nicht mehr überblicken.“ Die Praxis, über Nacht und unter enormem Zeitdruck Vorschriften zu ergänzen, zu streichen und zu ändern, müsse beendet werden. Wolf: „Die bisherigen Abläufe waren für die heiße Phase der Krise nicht zu vermeiden, jetzt müssen wir aber zu geordneten Verfahren kommen.“

Dass die Opposition der Regierung seit Tagen „Chaos“ ankreidet, liegt auch an den zahlreichen Unklarheiten in den mit heißer Nadel gestrickten Vorschriften. Wie zum Beispiel geführte Kanutouren oder Stadtführungen zu handhaben sind, oder welche Unterverordnungen nun für Fitnessstudios in Hotels gelten, erschließe sich nicht auf Anhieb, räumt man selbst im Justizministerium ein. Hinzu kommt, dass auch die Gerichte die Regeln zurecht rücken. So entschied am Mittwoch der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim, dass Bars und Kneipen ihre Gäste früher als vom Land vorgesehen bewirten dürfen, nämlich ab dem 30. Mai – sofern sie das im Freien machen. Sie dürfen nicht schlechter gestellt werden als etwa Biergärten und Speisewirtschaften mit Außengastronomie.