Die mehr als 200 Millionen Euro teure Ethylenpipeline wird seit eineinhalb Jahren ausgiebig getestet. Ursprünglich hatten deren Bauherren argumentiert, jede Verzögerung gefährde Arbeitsplätze in der bayerischen Chemieindustrie.

Alfdorf - Vor sechs Jahren hat die Münchener Gesellschaft Ethylen-Pipeline-Süd (EPS) mit dem Bau einer 370 Kilometer langen Ethylen-Leitung begonnen, die auch durch die Kreise Rems-Murr und Ludwigsburg führt. Wegen dieses Projekts sind etliche Grundstücksbesitzer in der Region enteignet worden. Eine schnelle Fertigstellung und Inbetriebnahme, so argumentierten die Bauherren damals, sei unbedingt erforderlich, da ansonsten der Verlust vieler Arbeitsplätze in der bayerischen Chemieindustrie drohen würde.

 

Seit eineinhalb Jahren ist die Pipeline nun fertig gebaut, doch sie harrt nach wie vor der Inbetriebnahme. Nach der Darstellung eines Pressesprechers ist die Leitung inzwischen „technisch fertig“, werde jedoch noch getestet. Das geschehe im Dialogverfahren mit den Sicherheitsfachleuten des Tüv, die immer neue Anforderungen stellten. In einer Pressemitteilung vermelden die Bauherren, die Pipeline sei unter anderem mit 200 Bar Wasserdruck auf ihre Dichtigkeit untersucht worden. Zudem habe man getestet, ob die Überwachungsanlagen Alarm schlagen, wenn der Gasdruck in der Leitung nachlasse. Überdies wolle man noch verschiedene Betriebszustände simulieren, heißt es in der Mitteilung. Warum sich diese Prüfungen inzwischen über mehr als ein Jahr hinziehen, dazu liefert die Pressemitteilung keine Erklärung. Als Fertigstellungstermin für die Ethylenpipeline gibt das Bauherrenkonsortium inzwischen den Sommer diesen Jahres an.

Ulrich Maier, der Sprecher der in Alfdorf organisierten Gegner der Pipeline, nannte auf Anfrage den Stand der Dinge „bemerkenswert“. Er verweist darauf, dass in den Gerichtsverfahren, mit denen die Gegner sich gegen die Verlegung der Gasleitung gewehrt hatten, die Bauherren stets Zeitdruck ins Feld geführt hätten. In der Tat hatte das Verwaltungsgericht Stuttgart im Eilverfahren zwei Mal, nämlich bei Klägern in Kirchheim/Ries (Ostalbkreis) sowie in Rudersberg, Bedenken angemeldet und die Arbeiten dort sogar zeitweise gestoppt. Im Ostalbkreis stand im Zweifel, ob für das von einem privatwirtschaftlichen Konsortium gebaute Projekt Leitungen gegen den Willen der Eigentümer in deren Grundstücke verlegt werden dürfen. Beim Baustopp in Rudersberg waren Sicherheitsbedenken ausschlaggebend, da die Leitungstrasse Häuser in geringem Abstand passiert. In Anweisungen, etwa der Bundesanstalt für Materialforschung (BAM), sind für Gasleitungen höhere Abstände angegeben. Das Kunststoffvorprodukt Ethylen, das hochdruckverflüssigt in der Pipeline fließen soll, gilt als leicht entzündlich und praktisch unlöschbar.Beide Entscheidungen im Eilverfahren wurden rückgängig gemacht. Einmal kassierte der Verwaltungsgerichtshof Mannheim (VGH) die einstweilige Verfügung. Im zweiten Fall zog das Verwaltungsgericht Stuttgart im Hauptsacheverfahren von sich aus seine Bedenken zurück .