Wegen der vielen Verspätungen und der schlechten Anschluss-Verbindungen der S-Bahn hat sich ein Kunde beschwert. Und er erhielt einen Tipp, der ihn fassungslos machte: er solle statt der Bahn doch einfach das Rad nehmen.

Holzgerlingen/Stuttgart - Der Mann, von dem hier die Rede ist, studiert an der Dualen Hochschule, er wohnt in Holzgerlingen (Kreis Böblingen), arbeitet in einer Firma in Ludwigsburg und „ist stark auf den öffentlichen Nahverkehr angewiesen“, sagt er. So steigt er morgens in die Schönbuchbahn, die ihn zum Bahnhof Böblingen bringt. Dort nimmt er die S 1 bis zur Haltestelle Schwabstraße, von dort aus geht es mit der S 5 nach Ludwigsburg – und abends zurück. „Bis vor zwei Jahren funktionierte das reibungslos“, sagt er, „seitdem wurde es zunehmend schlechter und hat nun einen Punkt erreicht, der absolut unzumutbar ist.“

 

Der Anschluss zur Schönbuchbahn klappe fast nie, das Umsteigen in die S 5 nur noch selten – und inzwischen habe er schon Probleme mit seinem Chef und seinen Dozenten, weil er zu spät zur Arbeit und zu den Vorlesungen komme. Einen Arzttermin, für den freinahm, habe er auch verpasst. So weit, so schlecht – angesichts der S-Bahn-Pannen können viele Pendler eine solche Geschichte erzählen.

Sechs Tage später kam die Antwort

Unser Mann hat seine Geschichte an das baden-württembergische Verkehrsministerium geschickt, weil er auf seine Beschwerden beim VVS und bei der Bahn zwar freundliche, aber eben standardmäßige Antworten und Entschuldigungen erhielt. „Ich wollte einfach wissen, was die Politik tut und ob sich das Land der Situation bewusst ist.“ Auf seine Mail erhielt er neun Tage später die Antwort, dass das Ministerium nicht zuständig sei, Aufgabenträger der S-Bahn sei der Verband Region Stuttgart, an den das Schreiben „zuständigkeitshalber“ weitergeleitet werden müsse. „Sie werden von dort Antwort erhalten“, versprach die Mitarbeitern.

Sechs Tage später war es so weit. Ein Mitarbeiter des Verbands Region Stuttgart erklärte sich einerseits zuständig – und verwies darauf, dass sich unser Mann mit der Beschwerde aber an den Kundendialog der Bahn, an den sein Schreiben ohnehin weitergeleitet werde, oder an den VVS wenden könne. Und er informierte darüber, dass man Zeittickets online bestellen könne und eine App über Verspätungen informiere – denn auch die langen Schlangen beim Kartenkauf und die ungenügenden Fahrgastinformationen hatte unser Mann bemängelt.

Erbost über den Regionalverband

So weit, so schlecht – denn unser Mann hatte in seiner Mail erklärt, dass er sich bei der Bahn und beim VVS schon beschwert hatte. Gerade deshalb habe er sich ja ans Land und die Politik gewendet, „damit die endlich Druck auf die DB Regio ausüben, damit endlich ein zuverlässiger Betrieb des Nahverkehrs möglich ist“.

Richtig erbost hat unseren Mann aber ein Tipp in der Antwort des Verbands Region Stuttgart. Immer mehr Menschen nutzten das Rad auch für Beruf, Schule oder Ausbildung, wird darin schwadroniert. „Zugegeben, die Strecke von Holzgerlingen nach Ludwigsburg wäre mit rund 40 Kilometern anspruchsvoll und sportlich – aber hätten Sie gedacht, dass schon ein Alltagsradler den kompletten Weg einfach in rund 2,5 Stunden von Tür zu Tür schaffen kann?“ Als Einstieg könne „jetzt im Sommer bei passender Wetterprognose“ auch eine Teilstrecke gewählt und der Rest mit dem öffentlichen Nahverkehr zurückgelegt werden. Für „Ihre Wunschstrecke“ mit dem Rad biete der VVS-Rad-routenplaner Informationen.

„Eine bodenlose Frechheit“

Unser Mann verlor ob dieser Antwort etwas die Fassung. 88 Kilometer jeden Tag zur Arbeit und zurück – das erschien ihm als Vorschlag doch eine „bodenlose Frechheit“. In seiner Antwortmail benutzte er öfter den Begriff, der auf den Körperteil verweist, der beim Radfahren besonderen Belastungen ausgesetzt ist. Jedenfalls hat unser Mann erkannt, was schiefläuft. „Die Schuld von einer Institution zur nächsten zu schieben ist keine Lösung“, lautet die Erkenntnis Nummer eins. Und die zweite: „Ich bin echt fassungslos.“