Der Reiseberater kennt die Vorlieben seiner Kunden, schon bevor er sie überhaupt gesehen hat. Ein Blick auf die Reisetrends von morgen.

Es geht um die Zukunft, und es geht um viel Geld: Wenn Trendforscher einen Blick nach vorn wagen, dann um ihre Kunden im Wettbewerb gut aufzustellen. Nils Müller ist Gründer der Agentur Trendone und berät unter anderem Fluggesellschaften und Reiseveranstalter. 80 Trendscouts sind im Auftrag der Agentur in 20 verschiedenen Regionen international unterwegs und füttern die Agentur mit monatlich 1500 neuen Beobachtungen und Meldungen - Müller und Co. ziehen ihre Schlüsse daraus.

 

Was wird die nahe Zukunft an Trends für die Reisewelt bringen, was kommt, was bleibt? Eines ist für Müller auf jeden Falls klar: „Wir leben in einem Zeitalter der exponentiellen Beschleunigung.“ Totgesagte leben länger. Trendforscher Nils Müller macht sich um das Reisebüro keine Sorgen: Es muss nur auf allen Kanälen präsent sein. „Online ist keine Konkurrenz, sondern muss in den Verkaufsprozess integriert sein“, sagt der Geschäftsführer von Trendone. Schon heute informieren sich vier von fünf Kunden vorab im Internet. Das Reisebüro der nahen Zukunft muss dafür sorgen, dass die Reisewilligen vorab die Informationen online bekommen, die auf ihre Wünsche zugeschnitten sind. „Die Berater müssen die Vorlieben ihrer Kunden kennen und wissen, was sie in sozialen Netzwerken über ihre Reisen gepostet haben“, so Müller.

Den Ausflug mit der Datenbrille gibt es nur im Reisebüro

Der Gang ins physische Büro wird dann via App auf ein Zeitfenster terminiert - warten war gestern. Die Beratung selbst wird zum großen Kino: Der Kunde bekommt eine Datenbrille aufgesetzt und kann so schon mal erleben, wie es sich anfühlt, über den kubanischen Strand zu laufen oder auf den Malediven zu schnorcheln. Die Simulation mit der Virtual-Reality-Brille wird so zum entscheidenden Faktor vor der Buchung. Den Ausflug mit der Datenbrille gibt es nur im Reisebüro und wird dessen Attraktivität steigern, so Müller. „Mit der Brille Oculus Rift wird diese neue Technologie 2014 massenfähig.“ Die Fluggesellschaften sind heute vor allem eins: defizitär. Um wieder aus der Verlustzone zu kommen, empfiehlt Nils Müller die Ausweitung der Konsumzone.

Das Flugzeug der Zukunft wird eine Art Kaufhaus in der Luft sein: Kaufen, kaufen, kaufen - auf der Langstrecke gibt es ja genügend Zeit dafür. Die Waren bekommt der Reisende dann am Boden ausgehändigt. Auch Tina Rademacher-Scheele von der internationalen Netzwerkagentur JWT ist davon überzeugt, dass die Flughäfen von morgen noch mehr als heute überdimensionalen Shopping Malls gleichen. Ein Beispiel: Der Airport in Vancouver plant derzeit ein 400 000 Quadratmeter großes Outlet. Manche Luxus-Einkaufszentren haben bereits Hotels integriert - der Reisende muss die Mall also beim Kurztrip nicht einmal mehr zum Schlafen verlassen.

Shoppen wird auf Reisen zum Selbstzweck, ist Reiseanlass genauso wie Aktivität. Das ist einer der größten internationalen Reisetrends, die eine JWT-Studie unter rund 1000 Befragten in den USA und in England ergeben hat. Die Ergebnisse seien auch auf Deutschland übertragbar: „Das Reiseverhalten von Engländern und Deutschen ist ziemlich ähnlich, und mit leichter Zeitverzögerung schwappen Trends sowieso über den Ozean“, sagt Tina Rademacher-Scheele. Das Flugzeug von morgen ist zoniert, weiß Nils Müller. Es wird Zonen zum Arbeiten - natürlich mit WLAN - geben, Zonen zum Entspannen, zum Shoppen und eigene Wellnessbereiche. „Man wird fitter aus dem Flugzeug aussteigen, als man eingestiegen ist“, prophezeit der Trendforscher. Social Seating wird ebenfalls ein Thema werden. Will sagen: Ich kann vorher schauen, welche meiner Facebook- oder Linked-In-Kontakte den gleichen Flug gebucht haben, und dann entscheiden, neben wem ich sitzen möchte.

Die Peer-Group ist immer mit dabei

Das Programm „Meet and Seat“ der Fluglinie KLM bietet einen ähnlichen Service heute schon an, auch das Start-up „planely“ funktioniert nach diesem Prinzip. Zufallsbekanntschaften im Flugzeug dürften also über kurz oder lang der Vergangenheit angehören - man bleibt auch in der Luft unter seinesgleichen. Im Flieger geht weiter, was bei der Wahl des Reiseziels schon begonnen hat: Die Peer-Group, die gleichgesinnten Freunde in den sozialen Netzwerken, sind immer mit dabei. Wo waren sie schon, wie hat es ihnen gefallen, was haben sie darüber gepostet? Wer hält was von welchem Hotel? Bewertungsportale spielen überhaupt eine immer wichtigere Rolle für die Wahl von Reiseziel und Unterkunft. Wenn dann noch Urteile der eigenen Freunde im sozialen Netzwerk herausgefiltert werden können, umso besser.

Statt in einem Hotelzimmer übernachten die jüngeren Reisenden lieber in privaten Apartments, suchen sich über eine Internetplattform einen Zeltplatz im Garten oder lassen sich von Altersgenossen durch den Stadtteil führen. In den USA kann man auch Mitfluggelegenheiten im Privatjet suchen und buchen. Besonders von der Generation Y, den zwischen 20- und 35-Jährigen, werden diese „Peer-to-Peer-Netzwerke“ genutzt. „Und deren Verhalten beeinflusst immer auch die älteren Generationen. Deshalb beobachten wir diese Entwicklung so genau“, sagt Tina Rademacher-Scheele. Plattformen wie airbnb, die Privatunterkünfte vermitteln, haben die etablierte Reisebranche schon aufgemischt. Hotels müssen sich darauf einstellen, ihre Gäste in Zukunft individueller anzusprechen.

Der Tourist von morgen ist gläsern, seine Aktivitäten in den sozialen Netzwerken werden gescannt, auf dass seine Bedürfnisse bekannt sind, bevor er als Hotelgast eincheckt. So darf sich jeder wie ein VIP, eine wichtige Person, fühlen - und etwa Empfehlungen für Sportevents oder für Konzerte auf dem Zimmer erwarten, je nachdem, was ihn oder sie interessiert. Superpersonalisierung ist die Zauberformel der Zukunft. „Das ist für Hotels eine große Herausforderung, die eigentlich auf Massenbetrieb eingestellt sind. Denn der Megatrend zur Individualisierung, zum einzigartigen Reiseerlebnis, wird die nächsten Jahre prägen“, so Rademacher-Scheele. Der Kokon des sozialen Netzwerks reist jedenfalls immer mit - auch in entlegenste Ecken.

Das Smartphone, das nach einer Umfrage des Online-Reiseanbieters Expedia 83 Prozent der jüngeren Reisenden auch im Urlaub nutzen, wird zum Reiseführer, sagt einem, wo es auch den anderen gut gefallen hat, und zeigt einem den Weg zu den von den Freunden empfohlenen Hotspots. Die digitale Nabelschnur wird auch beim Reisen immer wichtiger: Nur was online war, ist wahr.

CMT 2014

Allgemeine Informationen
CMT - Die Urlaubsmesse. Internationale Ausstellung für Caravan, Motor, Touristik Ort: Landesmesse Stuttgart (Flughafen), Messepiazza 1, 70629 Stuttgart Angebot: 2000 Aussteller; Sondermessen zu Kreuzfahrten, Golf und Wellness, Fahrrad und Wandern; Caravan- und Reisemobil-Ausstellung

Öffnungszeiten: bis 19. Januar, täglich 10-18 Uhr, Telefon: 07 11 / 1 85 60 - 0, www.messestuttgart.de/cmt

Anreise
Das Messegelände verfügt über direkte Anbindungen an die A 8, die B 27 und den Flughafen. Vom Stuttgarter Hauptbahnhof mit der S-Bahn S 2 oder S 3 in Richtung Flughafen (Filderstadt)/Messe Stuttgart. Eingabe Navigationssystem: Flughafenrandstraße/Flughafen, 70629 Stuttgart Eintrittspreise Erwachsene (Tageskarte, inkl. VVS): 13 Euro, ermäßigte Tageskarte (Schüler, Studenten, Rentner, Wehr- und Zivildienstleistende, Schwerbehinderte, inkl. VVS): 10 Euro, Familientageskarte: 28 Euro, Dauerkarte: 25 Euro; Happy-Hour-Card (ab 15.30 Uhr, ohne VVS): 6 Euro.

Online-Eintrittskartenverkauf unter: www.messestuttgart.de/vorverkauf

Unser Stand auf der CMT Der Stand von Stuttgarter Nachrichten, Stuttgarter Zeitung, Sonntag Aktuell und unserem Reiseportal Fernweh-Aktuell.com befindet sich im Foyer direkt am Eingang Ost, FOY 40 .