Das Land sollte den Ausbau des islamischen Religionsunterrichts vorantreiben, auch wenn noch immer rechtliche Hürden bestehen, meint StZ-Redakteurin Nicole Höfle.

Stuttgart - Seit acht Jahren gibt es den islamischen Religionsunterricht in Baden-Württemberg, und noch sind grundlegende rechtliche Hürden nicht genommen. Der Islamunterricht läuft noch immer als Modellprojekt an nur wenigen Schulen. Auch andere Bundesländer behelfen sich mit rechtlichen Provisorien.

 

Was eine flächendeckende Ausweitung schwierig macht, ist die Frage, welche Rolle und welche Befugnisse der Staat den muslimischen Verbänden zugestehen will. Die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib) und der Verband Islamischer Kulturzentren (VIKZ) wollen bekenntnisorientierten Religionsunterricht in eigener Regie anbieten, so wie dies die katholische und die evangelische Kirche tun. Möglich wäre dies nur, wenn sie als Religionsgemeinschaften anerkannt würden, was in Baden-Württemberg bisher nur den Aleviten zugestanden wurde, sunnitischen Verbänden aber nicht. Als Religionsgemeinschaften aber hätten sie wie die christlichen Kirchen weit gehende Rechte. Dazu gehört die Hoheit über Inhalte des Bildungsplans genauso wie das Recht, Lehrerlaubnisse zu erteilen. Beides sind heikle Punkte, wenn man bedenkt, dass beide Verbände einen von der Türkei geprägten Islam vermitteln – und Ditib zudem vom Ministerium für Religionsangelegenheiten in Ankara beeinflusst ist. Schwierig ist auch, dass beide Verbände Muslime eines bestimmten Herkunftslandes vertreten, aber keineswegs die Gesamtheit der Muslime im Land. Dass Ditib oder VIKZ als einzelne Verbände Träger des Religionsunterrichts werden, ist deshalb sicher keine Lösung.

Muslimische Verbände müssen sich zusammenschließen

Die islamischen Verbände müssen sich zusammentun, wie dies vor Einführung des Islamunterrichts in der vom Land einberufenen Steuerungsgruppe bereits geschehen ist. Und sie müssen sich weiter öffnen für die islamischen Theologen der hiesigen Hochschulen. Vielleicht liegt die Lösung tatsächlich in der Gründung eines Rates der Muslime, dem auch Wissenschaftler angehören, die seit Jahren an dem Modellprojekt mitwirken, wie dies Islam-Experten der Hochschulen fordern. Man darf gespannt sein, welches Rechtskonstrukt das Kultusministerium finden wird.

Ziel jedenfalls sollte sein, den islamischen Religionsunterricht in den nächsten Jahren flächendeckend einzuführen. Die Erfahrungen an den beteiligten Stuttgarter Schulen zeigen: der Unterricht ist eine taugliche Möglichkeit, den Islam kindgerecht und historisch-kritisch zu vermitteln. Und er bietet die Chance, den Schülern zu einer religiösen Identität zu verhelfen und sie damit gegen extremistische Strömungen immun zu machen.