Schorndorf/Winnenden - Die Rems-Murr-Kliniken sind wirtschaftlich offenkundig gut durch das Coronajahr gekommen. Man habe die Krise wie ein Fels in der Brandung gemeistert, sagt der Klinik-Geschäftsführer Marc Nickel. Trotz erheblicher Einschränkungen habe sich das operative Ergebnis mit rund 2,5 Millionen Euro um ungefähr den gleichen Betrag gegenüber dem Vorjahr verbessert. Die Investitionen, die vor allem durch den Neubau der Klinik in Winnenden angefallen sind, erwirtschaftet das freilich noch nicht. Der Kreis hat als Gesellschafter der Krankenhäuser in Winnenden und Schorndorf zum Jahresende 14,5 Millionen Euro zuschießen müssen.
Rettungsschirm hat einiges aufgefangen
Das unter dem Strich und vor allem unter den Rahmenbedingungen dennoch hervorragende Ergebnis bestätige den eingeschlagenen Weg, sagt der Landrat und Aufsichtsratsvorsitzende Richard Sigel. Die Medizinkonzeption und das vorausschauende Handeln der Klinikverantwortlichen hätten sich als richtig erwiesen. Unmittelbar bezahlt gemacht hätten sich dabei die gezielten Investitionen in die Notfallversorgung am Standort Schorndorf. Durch das Erreichen der Stufe der erweiterten Notfallversorgung habe man weitere Ausgleichszahlungen aus dem Rettungsschirm des Bundes erhalten, die im seitherigen Status nicht geflossen wären. Insgesamt hätten die Maßnahmenpakete von Bund und Land finanzielle Mehraufwendungen und Erlösausfälle durch die Coronakrise in 2020 zu großen Teilen kompensieren können.
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Hinter dem Ausgang des aktuellen Jahres stünden hingegen noch einige Fragezeichen. Im Gegensatz zum Beginn der Pandemie sei die finanzielle Absicherung der Krankenhäuser über einen Corona-Rettungsschirm noch nicht abschließend geregelt. Nickels Befürchtung ist, dass dieser zunehmend auf sogenannte Maximalversorger und Universitätskliniken zugeschnitten sei und mittlere und kleinere Krankenhäuser das Nachsehen hätten. Außerdem seien die Budgetverhandlungen mit den Krankenkassen noch nicht einmal angesetzt. Und so reiche der Prognosekorridor für den Abschluss dieses Geschäftsjahres von einem Plus von knapp zwei Millionen in der günstigsten bis zu einem Minus von 7,5 Millionen Euro in der pessimistischen Variante.
Unabhängig von diesen Unwägbarkeiten sei aber vor allem wichtig, dass die Klinik jetzt möglichst rasch in den Normalbetrieb zurückkehren könne – und über Corona hinaus die Patienten zurückkommen. In Lockdown-Zeiten mussten viele planbare Eingriffe verschoben werden. Aber der Klinikgeschäftsführer befürchtet auch, dass viele Menschen von sich aus etwa wichtige Vorsorgetermine hätten verstreichen lassen. Das etwa deute sich bereits in der Onkologie an. Die Kollegen seien mit immer mehr Fällen in fortgeschrittenen Krankheitsverläufen betraut.
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Aber auch weniger drängende Probleme könnten jetzt gefahrlos behandelt werden, verspricht Nickel: „Egal ob Knie, Hüfte oder andere Beschwerden, wir können das jetzt angehen.“ Und Landrat Sigel ergänzt: „Wahrscheinlich war die Zeit dafür nie besser geeignet als jetzt.“ Die Kliniken seien coronafrei, die Verdachtsfälle auf einer gesonderten Infektionsstation sicher isoliert.
Dass es im Herbst/Winter eine neuerliche Corona-Infektionswelle geben wird, davon ist Nickel, der neben der kaufmännischen auch eine medizinische Ausbildung vorweisen kann, allerdings überzeugt. So, wie sich in der kalten Jahreszeit regelmäßig Grippeviren verbreiteten, werde künftig auch mit den Coronaviren zu rechnen sein. „Die Pandemie wird endemisch werden.“ Die Stärke der nächsten Welle werde sich nach dem Stand der Impfungen richten und der Aggressivität möglicher Mutanten. „Wir jedenfalls“, sagt Nickel und meint damit die Rems-Murr-Kliniken, „sind besser vorbereitet als je zuvor.“
Investitionen in die Klinikstandorte
Volumen
Die Rems-Murr-Kliniken wollen in den kommenden Jahren an beiden Standorten in Erweiterungsbauten investieren. Insgesamt ist von einem Volumen von 130 Millionen Euro die Rede.
Winnenden
Im Juli soll mit dem bereits genehmigten Bau eines Parkdecks mit 567 neuen Stellplätzen begonnen werden. Fertig soll es im kommenden Jahr sein. Zudem hat es ein viergeschossiger Erweiterungsbau in das Krankenhausbauprogramm des Landes geschafft, in der übernächsten Woche soll es konkrete Fördergespräche geben. Nächstes Jahr soll mit dem Bau begonnen werden, der 2024 fertiggestellt sein könnte.
Schorndorf
Auch in Schorndorf sind Sanierungen und Erweiterungen geplant. Dort sollen unter anderem ein Funktionshaus neu gebaut und die Notaufnahme komplett neu gestaltet werden. Ein Zuschuss für die Planung ist bereits genehmigt. Klinikgeschäftsführer Nickel hofft, dass der Spatenstich 2023 gesetzt und alles spätestens 2025 fertig ist.
Übergreifend
Auch das Personal werde nach Möglichkeit aufgestockt, sagt der Landrat Richard Sigel. Zuletzt habe man mehr als 100 neue Pflegekräfte rekrutieren können.