Keine Probleme mit dem „Experiment Ruhestand“: Der frühere Landrat Johannes Fuchs hält sich in seinem ersten Jahr an ein Drei-Säulen-Modell und macht trotz vieler unerledigter Vorhaben einen zufriedenen und in sich ruhenden Eindruck.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)
Urbach - Im ersten Jahr seines Pensionärsdaseins bemüht sich der Landrat a. D. Johannes Fuchs, die früher überwiegend in den Beruf investierte Zeit mit der Familie zu verbringen. Auch das Zeitungsgespräch führt er teilweise gemeinsam mit seiner Frau Evi.
Herr Fuchs, bei unserem Abschlussinterview haben Sie gesagt, Sie werden die Freiheit genießen, nicht mehr ständig unter Beobachtung zu stehen – haben Sie das getan?
Ja, das ist meine neue Lebensqualität.
Das heißt, Sie leben wild und planlos in den Tag hinein?
Nein, ich glaube, das kann ich nicht. Ich habe jetzt drei Säulen in meinem Leben: meine Ehrenämter, meinen Bauernhof und meine zwei Enkelkinder (siehe „Die drei Säulen im Ruhestand“). Das in der Summe ist ein Leben, das in der Form, die Sie zitiert haben, voll aufgeht, aber hinter dem immer noch ein bisschen Struktur steckt. Ich versuche, diese drei Schwerpunkte so zu gestalten, dass daraus Abwechslung, aber auch eine gute Balance von Pflicht und Muße entsteht.
Ihre Frau haben Sie in der Aufzählung vergessen.
Nein, wir machen vieles miteinander. Bei den Enkelkindern sowieso und was den Bau angeht, in hundert Prozent gleichberechtigter Form – egal ob wir irgendwelche Fugen sanieren, streichen, im Wald unsere frisch gesetzten Bäume freischneiden oder Unkraut jäten. In den vergangenen Monaten waren wir fast immer zwei Tage pro Woche auf der Baustelle.
Als Aufsicht?
Als Handwerker. Mein Schwerpunkt ist die Sanierung von Stall und Scheune. Alles, was ich kann, mache ich selbst.
Wo haben Sie das gelernt?
Learning by doing und erklären lassen. Aber so etwas können Sie nur machen, wenn Sie eine Frau haben, die mit Ihnen durch dick und dünn geht.
Wie auch bei den Enkeln
Ja. Einmal pro Woche ist unser fester Enkeltag, und wenn Not am Mann ist, natürlich auch an anderen Tagen. Da ist eine ganz große Liebe entstanden, die mich nebenbei auch fit hält. Man entwickelt eine ganz neue Form der Beweglichkeit, wenn man auf den Kletterturm rauf und die Rutsche wieder runter muss.
Die zeitliche Verteilung auf ihre drei Hauptaktivitäten ist jeweils ein Drittel?
Johannes Fuchs: Im Groben ja.
Evi Fuchs Ich würde sagen, das Ehrenamt ist eher ein bisschen mehr. Rotes Kreuz ist jeden Tag.
Diese Säule brauchen Sie?
Im Moment ist sie für mich noch sehr wertvoll. So habe ich die Routine der Vergangenheit, Dinge wie Sitzungsleitung oder die Kommunikation mit verschiedenen Netzwerken, nicht abrupt und völlig aufgegeben.
Ihre Ehrenämter sind zeitlich befristet. Schaffen Sie danach Ersatz oder lassen Sie sich wiederwählen?
Johannes Fuchs: Das lass ich auf mich zukommen. Je nachdem, wie groß der Bedarf ist und ob meine Frau sagt, ich solle mich sinnstiftend einbringen.
Evi Fuchs Haha
Was vermissen Sie von Ihrer früheren hauptamtlichen Tätigkeit?
Johannes Fuchs: Eine schwierige Frage…
Evi Fuchs . . .eine spannende Frage
Johannes Fuchs: Ich möchte diese 37 Jahre in kommunaler Verantwortung nicht missen. Ich habe aber bewusst gesagt, ich schlage jetzt ein neues Lebenskapitel auf und sag mich los von alldem, was bisher meinen Alltag geprägt und bestimmt hat. Durch dieses konsequente „Neuanfang wagen“ hat das Leben für mich eine ganz neue Attraktivität gewonnen. Ich kann jetzt zum Beispiel morgens nach dem Aufstehen einfach mit meinem Freund an den Plüderhäuser Baggersee fahren und eine Runde schwimmen. Das war früher undenkbar.
Wann stehen Sie morgens auf?
Evi Fuchs: früh, immer noch früh!
Johannes Fuchs: Also, so um Siebene rum.
Evi Fuchs Er holt seinen Freund um zehn vor sieben ab, wenn sie Schwimmen gehen. Aber ich finde es trotzdem schön, dass er das macht und sich diese Freundschaft über die lange Zeit erhalten hat. Früher hat er bei zehn Anfragen mindestens achtmal absagen müssen.
Johannes Fuchs: Sie glauben nicht, was es für eine Wohltat ist, morgens früh zu beginnen, die Zeit vor sich zu haben und mit einer sportlichen Betätigung in den Tag zu starten.
Evi Fuchs Früher hieß es: Duschen, Anzug, Krawatte und ab auf die Arbeit