Die kleinen, feinen Geschichten des Alltags hat der schwäbische Kabarettist Uli Keuler bei seinem lustigen Auftritt in der Renninger Stegwiesenhalle im Gepäck. Die Zuhörer lachen Tränen.

Renningen - Ein Mann, ein Mikrofon und ein Stuhl, dazu eine ausverkaufte Halle mit vom Lachen geschüttelten Zuschauern. Das ist ein Kabarettabend mit Uli Keuler. Der schwäbische Kabarettist verstand es in der Renninger Steigwiesenhalle, das Kleinklein des Alltags ganz groß rauszubringen.

 

Wer kennt sie nicht, die Situation am Fahrkartenschalter, wenn man nach einer gefühlten Stunde die Lebensgeschichte und Familienverhältnisse seines Vordermannes und dessen Freundeskreis bis ins kleinste Detail kennt, aber der Zug weg ist. Keuler baut beim Fahrkartekauf für acht Erwachsene und sieben Kinder nach Tauberbischoffsheim gekonnt Spannung auf und reizt die Lachmuskeln seiner Zuhörer ohne Aufwärmphase.

Keuler hat Alltagsgeschichten mit ganz normalen Menschen im Fokus und schnell findet sich der Zuhörer selbst wieder und bekommt einen neunen, sehr skurrilen Blickwinkel auf das Geschehen. Selten bewegt er sich dabei vor die Haustüre seiner karikierten Mitmenschen. Die neue Hightech-Küche bietet genug kabarettistischen Stoff und das Wasserkochen wird zu einem Akt, der an das Hochfahren eines Kernkraftwerks nach der Revision erinnert. „Mach das Küchenlicht an, dass die Fotozelle am Wasserhahn den Topf sieht“, versucht Keuler der fiktiven Frau in der Küche zu erklären und scheitert selbst an der Spracherkennung der Geräte. „Schatz, ich sprech’ doch Hochdeutsch. Die Spracherkennung funktioniert nicht“, versucht er den ausbleibenden Erfolg zu rechtfertigen bis er dem Gerät in hilfloser Wut anweist: „Hitzeschild aktivieren!“ Und da sage der Rotzlöffel, er sei ein Herd und kein Raumschiff, so der sichtlich frustrierte Besserwisser. Dennoch gibt er sich unbesiegbar und versucht auch die Frau zu ermuntern nicht aufzugeben: „Überleg mal, was die Küche alles kann. Du kannst den Alpenstraßenbericht auf dem Schneebesen speichern.“

Das Programm von Uli Keuler ist selten politisch, doch auf den Zeitgeist und seine Folgen hat der Comedian es schonungslos abgesehen. Das arme Kind ist die bissige Überzeichnung von Helikoptereltern, die ihren 19-jährigen Sohn im ersten Semester zum ersten Mal ohne Elternschutz zur Exkursion lassen müssen. „Jetzt studiert er Geografie und in der Studienverwaltung hat keiner gesagt, dass die im ersten Semester drei Tage ohne Elternbegleitung auf die Alb müssen“, klagt der über besorgte Vater über den seit sechs Stunden abgerissenen Telefonkontakt zum Sohn. Er lässt die Bemühungen Revue passieren, die die Eltern unternommen hätten, um ja alles richtig zu machen. So habe er schon während der Schwangerschaft das Einmaleins mit der Taschenlampe durch die Bauchdecke geblinkt.

„Wellness für das Auto“

Keuler nimmt seine Mitmenschen auf die Schippe – doch die Bilder, die er von ihnen zeichnet, sind im schlimmsten Fall böse, nie aber bösartig. In „Wellness für das Auto“ nimmt er als einfühlsamer Werkstattbesitzer mit dem Hang zur Esoterik die Liebe des Schwaben zu seinem heiligen Blechle auf die Schippe und im Therapeutenton nimmt er das Ende eines Kundenfahrzeuges telefonisch zur Kenntnis. Der sechs Wochen alten Ersatzbeschaffung verspricht er ein „Bärli-Bad in unserer Waschstraße und eine anschließende Motorreinigung nach Hildegard von Bingen.“

Seine Figuren sind auf den ersten Blick vertraut und unaufgeregt. Gekonnt schlüpft er in ihre Rollen und der Zuschauer nimmt den Kabarettisten Keuler kaum mehr wahr, umso mehr dafür seine eigene Identifikation mit den Handelnden. Keuler hilft den Menschen, herzhaft über sich selbst zu lachen.Das Programm ist keine Jagd nach tagesaktuellen Sensationen, sondern das Ergebnis einer sanften Überarbeitung. Damit hebt sich der langjährige Kabarettist inhaltlich wohltuend von den jüngeren Akteuren der boomenden Comedy-Branche ab.