Podiumsdiskussionen gehören zu Wahlkämpfen wie die Sahne zum Kuchen – sie können den Genuss versüßen, aber auch schnell zu Überdruss führen. Vor allem, wenn stundenlange Statements und Floskeln abgenudelt werden. Das hat der Jugendgemeinderat Renningen konsequent verhindert.

Renningen - Podiumsdiskussionen gehören zu Wahlkämpfen wie die Sahne zum Kuchen – sie können den Genuss versüßen, aber auch schnell zu Überdruss führen. Vor allem, wenn stundenlange Statements und Floskeln abgenudelt werden. Das hat der Jugendgemeinderat Renningen konsequent verhindert. Die Moderatoren Maria Stickel (13. Klasse) und Luca Lorenzetti (11. Klasse) haben nicht nur streng die Redezeit kontrolliert, sondern die Landtagskandidaten daran gehindert, allzuweit abzuschweifen.

 

Das darf der Grünen-Abgeordnete Bernd Murschel hautnah erfahren, als er eine Frage von Luca Lorenzetti nicht direkt beantwortet: „Darf ich auf meine Frage zurückkommen?“, mahnt er. Oder als die wortgewaltige SPD-Frau Angelika Klingel eine dritte Replik zur Bildungspolitik ansetzen will, sagt Stickel: „Wir haben noch ein anderes Thema, das uns wichtig ist.“

Clever auch der Ansatz, ein Assoziationsspiel an den Anfang zu setzen: „Wir sagen einen Begriff und Sie sprechen aus, was Sie als erstes danken. Und bitte kurz.“

Was natürlich bei Kandidaten im Wahlkampf schwierig ist. Etwa auf das Stichwort Baden-Württemberg. „Eine tolle Region in Europa, die Menschen tragen Verantwortung und sind vernünftig“, beginnt der FDP-Mann Hans Dieter Scheerer, „wir müssen den Menschen Freiheit geben und nicht sozialistische Gleichmacherei.“ Noch ausufernder werden die Statements zur Bildungspolitik, etwa bei Sabine Kurtz: „Eine Schule für alle war immer das Ziel von SPD und Grünen, davon halte ich überhaupt nichts.“ Und schon ist man mittendrin bei dem Thema, das natürlich die gut 400 Schüler vor allem von den Klassen 10 an brennend interessiert: Wie sehen die Bildungspläne aus? Wie soll es mit dem Schulsystem insgesamt weitergehen?

Hier werden durchaus ideologische Unterschiede deutlich, und die Debatte ist tatsächlich lebhaft. Die CDU-Abgeordnete Sabine Kurtz erläutert, warum sie den Bildungsplan für die Schulen zumindest in ihrer ursprünglichen Form für problematisch hielt: „Hier soll ein neues Menschenbild propagiert werden. Zu Beginn wurde von der Dekomposition des Geschlechts geredet: Die Schüler sollten sich in der Pubertät überlegen, ob sie lieber ein Mann oder eine Frau sein wollen.“

Die jungen Moderatoren zeigen sich hier gut vorbereitet, fragen kritisch nach Kurtz’ Verbindungen zur rechtslastigen „Demo für alle“ in Stuttgart gegen den Bildungsplan und warten mit Zitaten auf. Kurtz verteidigt sich: „Wir führen mit allen Gespräche, auch mit den Vertretern Schwuler, Lesbischer, Transgender- und Quer-Lebensmodellen.“

Bernd Murschel und Angelika Klingel sehen die Schulen unter Grün-Rot hingegen gut aufgestellt: „Es wurde so viel investiert wie noch nie.“ Die Gemeinschaftsschule werde angenommen, und der Bildungsplan wolle die Schüler vor allem zu Demokratie und Mitbestimmung erziehen.

Der FDP-Kandidat Hans Dieter Scheerer zeigt sich rhetorisch am präzisesten und differenziert. „Das Thema Sexualität wird in der Debatte über den Bildungsplan überbewertet“, vertritt er eine moderate Position. Um gleich um so mehr gegen „sozialistische Gleichmacherei“ und „Bürokratie von oben“ zu wettern. „Meine Note für die Regierung wäre eine Fünf minus, mindestens“, sagt Scheerer klar.

Angelika Klingel (SPD) kontert unter dem Beifall der Schüler: „Ich bin für eine 1,0. Ich will, dass alles so gut bleibt.“

So werden die ideologischen Positionen ausgetauscht, aber eben nicht allzu holzschnittartig. Auch Fragen aus dem Publikum lockern die Debatte auf. „Wir bekommen jetzt Whiteboards, also elektronische Tafeln“, sagt ein Schüler, „aber viele Lehrer können damit nicht umgehen, wie kann das sein?“ Der Beifall im Saal ist ihm sicher. Angelika Klingel schlägt vor: „Warum geben die Schüler den Lehrern da nicht eine Unterrichtsstunde in Sachen Technik?“

Ein anderer Jugendlicher fragt, warum die AfD zwar oft kritisiert wird, aber nicht eingeladen wurde zur Debatte. Die Moderatorin Maria Stickel hat die Erklärung parat: „Wir mussten die Zahl der Teilnehmer begrenzen, daher haben wir nur die im Landtag vertretenen Parteien eingeladen.“ Das wird dann auch akzeptiert im Saal.

Der Organisator Konrad Krämer vom Jugendgemeinderat ist zufrieden: „Wir haben viele Schüler erreicht und für Politik interessiert, das war das Ziel.“