Ein Erfolgsmodell auch in Neugereut: Ehrenamtliche helfen Bürgern, kaputte Geräte wieder zu reparieren, damit weniger weggeworfen werden muss. Im April treten die Initiativen gemeinsam auf der Messe Stuttgart auf.

Repaircafés als Anlaufstellen für Reparaturen gibt es in verschiedenen Stadtteilen, zum Beispiel im Stuttgarter Westen. Seit April 2015 gibt es einmal im Monat jeweils am Samstag von 10 bis 15 Uhr ein Repaircafé im Eltern-Kind-Zentrum (EKiZ) im Westen, wie Matthias Bohling vom Repaircafé in der Ludwigstraße 41 berichtet. Die nächsten Termine im EKiZ sind am 18. März und am 15. April.

 

Sogenannte Reparatur-Ausflüge gibt es auch in der Stadtteilbibliothek am Mailänder Platz, im Treffpunkt Rotebühlplatz, im Theater Rampe, im Theater Junges Ensemble, im Gemeindehaus Obertürkheim, im Gerber und an weiteren Orten. Bohling zählt 12 bis 20 beteiligte ehrenamtliche Mithelfer pro Veranstaltung. „Da wir die Reparatur fördern möchten, um Nachhaltigkeit zu praktizieren, haben wir uns gleich zu Beginn entschieden, kein Geld zu verlangen“, erklärt er.

Die Aktiven setzen auf freiwillige Spenden. Nicht repariert werden im EKiZ Kaffeevollautomaten und Tintenstrahldrucker. Aber es wurden schon etliche Haushaltsgeräte, Lampen, Fahrräder, Spielsachen, Kleidungsstücke und Elektronik wieder auf Vordermann gebracht. Möbelstücke sind seltener dabei. Aktuell suchen die Ehrenamtlichen einen Web-Profi, der ihnen bei ihrem Internetauftritt hilft.

Erfolgsbilanz nach drei Jahren in Neugereut

Auch in Neugereut wird seit ein paar Jahren repariert statt weggeworfen. Hier gab es bereits im Sommer 2017 erste Überlegungen der Verantwortlichen von der Stadt um Karin Lauser und Stadtteilmanagerin Ute Kinn sowie vom Stadtteilhaus, danach wurden Mitstreiter gesucht. Anfang 2019 wurde schließlich das Repaircafé im Stadtteil- und Familienzentrum Neugereut eingerichtet. Die vergangenen drei Jahre hätten gezeigt, dass man von einer Erfolgsbilanz sprechen könne, sagt Rainer Schmidt. Es wurden 512 Besucher gezählt, die Reparaturbedürftiges mitbrachten, davon konnten 289 Gegenstände von durchschnittlich zwölf Schraubern wieder in Gang gesetzt oder repariert werden. Die Einrichtung hatte somit eine Erfolgsquote von 56,5, Prozent. Die ehrenamtlich Tätigen setzen sich aus Elektronikern, Elektroingenieuren und Physikern zusammen, die den Besuchern jeden dritten Donnerstag im Monat von 15 bis 19 Uhr im Flamingoweg 24 in Neugereut helfen.

Auch in Feuerbach im Hobbyhimmel läuft es gut

Auch Rudolf Riegel ist dabei, er ist zugleich im Hobbyhimmel in Feuerbach tätig, in der Siemensstraße 140b. Dort findet jeden letzten Sonntag im Monat von 13 bis 17 Uhr ein Repaircafé statt. „Es läuft gut“, sagt Riegel. In Feuerbach werden auch Metall und Holz bearbeitet. In Neugereut wird repariert, was die Leute bringen. Auch zwei Schneiderinnen sind im Einsatz für Reparaturen.

Erstmals Repaircafés aus Stuttgart bei der Messe

Nun sind die Aktiven aus dem Stadtteilhaus Neugereut erstmals bei der Fair-Handeln-Messe in Stuttgart dabei. Dort sind sie an einem Gemeinschaftsstand mit anderen Repaircafés vertreten. Neben dem Hobbyhimmel aus Feuerbach wird das Repaircafé aus Dürrlewang/Rohr mit dabei sein. Auf der Messe wollen die Neugereuter auf den ökologischen Fußabdruck aufmerksam machen, den es zu verringern gilt, und Besucherinnen und Besucher auch zum Nachdenken über den Energieverbrauch anregen, etwa durch das Abschalten von Stromfressern und die Nutzung von LED-Lampen, oder Bürger für die Installation von Balkon-Photovoltaikanlagen sensibilisieren.

Die Fair Handeln findet vom 13. bis 16. April 2023 auf dem Gelände der Messe Stuttgart statt. Sie ist Teil der Stuttgarter Frühjahrsmessen, eines Messeverbunds, der in diesem Jahr aus insgesamt zwölf Veranstaltungen besteht und in Summe rund 1000 Ausstellerinnen und Aussteller vor Ort hat, wie Simon Valachovic von der Veranstalterseite berichtet.

Neu ist, dass sich mehrere ehrenamtliche Initiativen zusammenschließen, um auf der Messe eine gemeinsame Fläche für Repaircafés anzubieten. Schmidt hofft auf eine weitere Vernetzung der Repaircafés. Die Sonderschau wird den Namen „Repair & Share“ tragen. Hier werden die entsprechenden Anbieter aus verschiedenen Stadtbezirken Stuttgarts sowohl beratend als auch aktiv tätig sein. Das bedeutet: Sie werden auf der Messe elektrische und mechanisch defekte Geräte entgegennehmen und versuchen, diese repariert zurückzugeben. Davon ausgeschlossen sind allerdings Mobiltelefone oder Computer. Die Besucher können auch selbst Hand anlegen. Neben den Repaircafés ist auch die teilbar e. V. dabei, die unter anderem Haushaltsgegenstände, Werkzeug, Camping- und Outdoor-Artikel teilt. Hier steht das Prinzip des Teilens im Vordergrund. Allen Initiativen sind Nachhaltigkeit und Müllvermeidung ein großes Anliegen. Mit der Aktion wollen die Repaircafés sichtbarer werden und außerdem die Besucher für das Thema Nachhaltigkeit sensibilisieren und sie zum Mitmachen animieren.

Repaircafés

In Deutschland
gibt es rund 960 Repaircafés, versammelt sind sie auf der Internetseite www.reparatur-initiativen.de. Viele Adressen gibt es auch über https://repaircafe.org/de.

Die ersten Repaircafés
wurden 2009 in den Niederlanden gegründet. Heute existieren solche Einrichtungen mit Schwerpunkt Europa in vielen Ländern weltweit.