Hoden als Gericht – das klingt für viele Deutsche eher nach Dschungelcamp als nach Sterneküche. Doch der Stuttgarter Sternekoch Vincent Klink ist überzeugt von den nussig schmeckenden Testikeln

Berlin - Wenn am Samstag im serbischen Lipovica die Weltmeisterschaften im Hoden-Kochen stattfinden, ist der deutsche Starkoch Vincent Klink zwar nicht dabei. Doch das Restaurant „Wielandshöhe“ des Sternekochs aus Stuttgart hat einen Namen unter Innereien-Gourmets. Auch wenn Klink keine Hoden serviert, gegessen hat er sie auch schon: „Das ist sogar sehr gesund“, sagt der 69-Jährige der Nachrichtenagentur AFP. „Wer allerdings einen Testosteron-Überschuss hat, der muss das nicht auch noch essen. Da sind Hormone drin.“ In Deutschland sei Hoden auf der Speisekarte allerdings verpönt - mutmaßlich aus „ethischen Gründen“, sagt Klink.

 

Hoden als Überraschungsmenü

Dem Gerücht, Hoden auf der Karte sei sogar verboten, widerspricht Christoph Hauser vom Berliner Innereien-Tempel „Herz und Niere“. Es hänge vielmehr vom Veterinär ab, der das Schlachtfleisch freigeben müsse. Das bedeute mehr Aufwand und höhere Kosten, die der Gastronom tragen müsse. In Deutschland sei es zudem schwierig, an Rinderhoden zu kommen, weil die meisten Herden nur einen Zuchtbullen hätten und die übrigen männlichen Rinder bereits kastriert seien, sagt Hauser. Hoden gehören daher zwar regelmäßig, aber nicht oft zu seinen „Überraschungsmenüs“. Es gebe auch Liebhaber, die informiert würden, wenn frische Hoden da seien. Ansonsten „trifft es denjenigen, der gerade im Restaurant ist“. Die meisten seien „überrascht, wie lecker Hoden sein kann“.

Verkauf unter der Ladentheke

„In Südbaden gibt es manchmal Metzger, die einem das unter der Ladentheke verkaufen“, sagt Klink. „Dabei ist dagegen eigentlich überhaupt nichts einzuwenden.“ Geschmacklich sei Hoden allerdings „relativ neutral“. „In der Konsistenz ist es ähnlich wie Nierchen, im Geschmack eher eleganter beziehungsweise nicht sehr charakterstark. Da gibt man Essig dran und Gewürze wie Salbei und Thymian - mit heller Soße. Nussig. Das könnte man jedem unterjubeln, vielleicht sogar Veganern als Tofu.“ Hauser beschreibt den Geschmack als „sehr milchig-mild“. Wichtig sei eine schonende Zubereitung, erklärt Spitzenkoch Klink. „Das wird gegart. “Wie bei guten Nierchen sollte man im Kern aber nicht über 80 Grad kommen, danach wird es trocken und hart. Denn es ist sehr eiweißhaltig“, sagt Klink.

Laien sollten keine Innereien essen

Der spätere Fernsehkoch selbst machte Bekanntschaft mit Rinderhoden als junger Auszubildender in einer Kneipe im Schwäbischen. „Es war Zufall, mein Vater war Schlachthofchef in Schwäbisch-Gmünd und meinte, dass muss man mal ausprobieren. Er meinte, das sei meiner Ausbildung dienlich. Laien rate er „generell von Innereien ab“, wenn die Herkunft der Tiere unbekannt sei. „Ich käme nie auf die Idee, im Supermarkt Leber zu kaufen. Das sind ja alles Filterorgane“, warnt Klink angesichts von Massentierhaltung. Er selbst bietet keine Hoden an: „Manche Dinge koche ich einfach nicht, man muss ja nichts alles gegessen haben.“ Aber wenn, dann mit einer „hellen Soße und einem leichten Weißwein dazu.“ Bei früheren Hoden-Koch-Weltmeisterschaften in Serbien soll es sie auch schon als Gulasch oder auf Pizza gegeben haben.