Hübsch hergerichtete Citroëns, aber auch sündhaft teure (und unverkäufliche) Luxuskarossen sind noch bis zum Sonntag bei der Retro Classics in den Messehallen auf den Fildern zu sehen.

Stuttgart - Die 15. Ausgabe der Retro Classics hat Rekorde gebrochen, noch bevor am Donnerstag die ersten Besucher in die Hallen strömten. Erstmals sind alle Messehallen mit dem weiten Thema Oldtimer belegt, fast 1500 Aussteller bedeuten neuen Rekord und ebenso die Ausstellungsfläche von mittlerweile 120 000 Quadratmetern. „Weil wir die Messe-Piazza als Verkaufsfläche für Fahrzeuge hinzugenommen haben, sind wir nun die größte europäische Oldtimer-Messe“, erklärt Retro-Classics-Chef Karl Ulrich Herrmann. Der Andrang ist groß, schon im Dezember waren alle Plätze ausgebucht. Herrmann wäre nicht überrascht, wenn auch die Besucherzahl von 81 000 im Jahr 2014 übertroffen wird.

 

Wessen Herz auch nur ein klein wenig für das Thema automobiles Kulturgut schlägt, der dürfte bei dieser Messe zufrieden nach Hause gehen. Die großen Oldtimer-Händler aus der Republik haben vorwiegend bestens restaurierte Klassiker im Angebot. Interessenten können etwa den Mercedes 190 SL (1955 bis 1963) nach der Farbe wählen. Andere freuen sich mehr an den „Brot-und-Butter-Autos“, die längst aus dem Straßenverkehr verschwunden, aber nicht vergessen sind. Da sind die Preise zwar nicht sechsstellig, aber mitunter dennoch stattlich. So ruft ein Händler aus Köln 18 700 Euro für eine Citroën Dyane aus dem Jahr 1960 auf. Er argumentiert damit, dass der Wagen aus einer holländischen Sammlung um eine Rohkarosserie herum neu aufgebaut wurde und somit dem Werksneuzustand entspreche. „Diese Dyane ist bestimmt eine der allerbesten auf dem Markt“, versichert er. Ein italienischer Händler, von ihnen kommen traditionsgemäß viele nach Stuttgart, bietet ein hübsches, unverbrauchtes Golf-I-Cabriolet aus dem Jahr 1989 mit wenigen Kilometern für realistische 7900 Euro an. Dieser Golf ist ein Youngtimer, dessen Wert so langsam erkannt wird, wie auch jener des Mercedes SLK, von denen einige im Angebot sind. Wer kaufen will, aber nicht in dieser preislichen Größenordnung, wird vielleicht an einem der vielen Modellauto-Theken fündig, Sonderangebote durchaus anschaulicher Ferrari-Modelle sind schon für fünf Euro zu finden.

Sonderausstellung zum BMW m5

Aber es geht natürlich nicht nur ums Kaufen, sondern auch ums Anschauen. Mercedes-Benz Classic präsentiert einen überaus eindrucksvollen 540-K-Stromlinienwagen aus dem Jahr 1938. Der sollte bei der Fernfahrt Berlin–Rom eingesetzt werden, die aber angesichts der politischen Großwetterlage abgesagt wurde. Der Wagen geriet in Vergessenheit. Erst vor wenigen Jahren stießen Classic-Spezialisten von Mercedes auf Teile, die zu einem schnellen Wagen gehören mussten. Konstruktionspläne wurden damit in Zusammenhang gebracht. Recherchen ergaben, dass dieser Mercedes in den 1940er Jahren von Dunlop für Reifentestfahrten eingesetzt worden war. Zweieinhalb Jahre vergingen für die Rekonstruktion des 540 K. Erst vor Kurzem musste er auf der Teststrecke seine Leistung unter Beweis stellen – er schaffte 185,7 km/h und damit genau die theoretische Vorgabe. Porsche hat Exponate der Ausstellung „Projekt: Geheim!“ zur Messe gebracht, Prototypen, Studien und Forschungsfahrzeuge sind zu sehen, die nie in Serie gingen. Zu den Klassikern gehört ein Porsche 718 RS 60 Spyder, mit dem Herrmann/Gendebien und Herrmann/Bonnier 1960 die „12 Stunden von Sebring“ und die Targa Florio gewannen.

Zum Thema BMW wird eine Sonderausstellung 30 Jahre „M5“ gezeigt. Es geht aber auch viel kleiner, so ist eine kleine Schau Maico gewidmet, dem Motorrad- und Kleinwagenhersteller aus Pfäffingen bei Tübingen. Oder ganz groß – unter dem Stichwort „die Schnauze vorn“ sind historische Omnibusse aus ganz Europa zu sehen. Mercedes, Saurer und Setra – ohne Schnauze – gehören dazu, und dazwischen ein schicker VW-T1-„Samba“-Bus.