Retro Classics in Stuttgart Die Oldtimerschätze eines Esslinger Sammlers

Benzin im Blut: der Sammler Otto Huissel Foto: Ines Rudel

Mit einer Suzuki hat für Otto Huissel alles angefangen. Heute besitzt der 75-Jährige viele historische Fahrzeuge aus aller Welt – für uns öffnet er die Tore seiner Halle in Ostfildern.

Während sich die Autowelt mit Elektroantrieben neu erfindet und erste Autos am Stuttgarter Flughafen selbstständig auf ihre Parkplätze einbiegen, hat Otto Huissel die Uhr zurückgestellt. Seine Autowelt riecht nach Benzin, da rosten Bleche noch durch, und beim Mercedes-Benz 219 Ponton funkelt der gewaltige Kühlergrill. Otto Huissel trägt einen Blaumann mit aufgenähtem Ford-Logo, er sammelt seit Jahrzehnten alte Motorräder, Oldtimer und Traktoren – demnächst beginnt für ihn die fünfte Jahreszeit.

 

Die hat für ihn nichts mit Fasching zu tun: Am 23. Februar öffnen die Retro Classics in Stuttgart, eine Messe für Fans von klassischen Fahrzeugen. Huissel, 75, freut sich auf „viele Benzingespräche“ unter Gleichgesinnten, die Fans von alten Autos reden beispielsweise über Ford-T-Modelle, über Traktoren von Stihl oder seltene Vespa.

Mit dem Goggo-Motorroller durch Esslingen

Otto Huissel kennt sie alle, und er besitzt auch viele von ihnen. Per Knopfdruck öffnet er das Rolltor zur Vergangenheit: In einem gewöhnlichen Gewerbegebiet in Ostfildern zeigt er in einer Halle, die er einem Freund abgekauft hat, seine Schätze. Über eine Wendeltreppe erreicht er die zweite Ebene seines kleinen Privatmuseums. „Ich habe früh angefangen, alte Autos zu sammeln, so wie es mein Geldbeutel eben hergegeben hat“, erzählt er.

Zunächst erlaubte ihm sein Geldbeutel, in Zweiräder zu investieren. Nach der Schule trug er Prospekte aus, sparte eisern und kaufte sich davon seine erste Suzuki. Später fuhr seine Mutter mit einem Goggo-Motorroller zu viert von Esslingen aus zum Weinberg des Opas. Irgendwo quetschte sich der kleine Otto auf dem Gefährt, das eigentlich nicht für eine Familie ausgelegt war, dazwischen. Die Polizei sah seinerzeit noch nicht so genau hin.

Wenn sich der Marder durch die Sitzbezüge nagt

20 Motorräder besitzt Huissel heute, bei den Autos und Traktoren hat er ein wenig den Überblick verloren, er weiß nur, dass die Halle inzwischen zu klein ist. Und dennoch kommt für den früheren Bankkaufmann bei den meisten Fahrzeugen eine Trennung nicht infrage. Liebevoll streicht er über die silberne Kühlerhaube eines Alfa-Romeo-Rundheck-Spiders, den er vor 40 Jahren gekauft und viele Stunden restauriert hat.

„Wir konnten damals auf einer Urlaubsreise von München bis Thessaloniki offen fahren“, erinnert sich Huissel, „es kam uns kein Regentag dazwischen.“ Wenn dem Oldtimerfan ein historisches Fahrzeug gefällt, lässt er sich nicht so schnell vom mitunter schlechten Zustand des Wagens entmutigen – in manchen Fällen fraß sich der Rost über den Lack, mal hatte sich ein Marder durch die Sitzbezüge genagt. „Ich habe viel selbst geschraubt und – wenn ich nicht mehr weiterkam – auch mal was vom Fachmann machen lassen.“

Ein Kulissenmaler malt ihm eine Tankstelle in die Halle

Während die Autobranche derzeit darüber klagt, dass der Ausbau des Ladesäulennetzes für Elektrofahrzeuge zu langsam vorankommt, hat sich Huissel in seiner Freizeit mit Tankstellen aus den 1950er Jahren beschäftigt. Ihm schwebte für seine Halle eine Esso-Tankstelle als Wandgemälde vor. Doch wer sollte ihm diese malen? In einer Wirtschaft in Neuhausen sah Huissel ein Bild, das ihm gefiel – dessen Maler verdingte sich sonst für die Kulissenbilder der örtlichen Narrensitzungen.

Otto Huissel beauftragte ihn, und so tauchen seine Besucher in der Halle in Ostfildern heute atmosphärisch noch tiefer in die Automobilgeschichte ein – alte Zapfsäulen von Esso hat sich Huissel über seine guten Kontakte in die Szene auch noch besorgt. Die Ideen und der Sprit gehen dem Autoliebhaber nicht so schnell aus: In einem Nebenraum der Halle steht ein Kühlschrank, der gut mit regionalen Bieren gefüllt ist. „Das hier ist mein zweites Wohnzimmer“, erzählt Huissel. „Hier mache ich abends mit Freunden beim Bier oder Viertele ein Vesper.“

Er restauriert einen Messerschmitt-Kabinenroller

In der Oldtimerszene geht es nicht nur um Karossen, sondern auch um Geselligkeit. Otto Huissel ist seit vielen Jahren beim Traktorenstammtisch in Esslingen mit dabei, bei den Treffen planen die Enthusiasten ihre nächsten Ausfahrten ins Remstal oder auf die Ostalb. Huissel sammelt vor allem Traktoren von Herstellern aus der Region: von Stihl beispielsweise oder von Kaelble, der einst seinen Sitz in Backnang hatte.

Schon allein der Start bei einigen der Traktoren bedingt Handarbeit. Es ist nicht damit getan, einen Schlüssel umzudrehen oder auf einen Knopf zu drücken. Huissel öffnet eine alte Blechdose, in der er Zündhütchen aufbewahrt, mit denen er den Traktor startet, den er zusätzlich von Hand ankurbelt. Als Oldtimerfan hat Otto Huissel auch im Ruhestand immer was zu tun. Momentan restauriert er einen Messerschmitt-Kabinenroller – sobald er fertig ist, wird er in einem aparten Schweinchenrosa über die Straßen der Region rollen.

Informationen zu den Retro Classics

Messe
In sieben Hallen der Landesmesse präsentieren sich vom 23. bis 26. Februar bei den Retro Classics Oldtimerclubs und Restauratoren, Tuner und Ersatzteilhändler sowie gewerbliche und private Verkäufer.

Tickets
Die Messe ist am Donnerstag von 11 bis 19 Uhr geöffnet, Freitag bis Sonntag jeweils von 9 bis 18 Uhr. Tageskarten kosten im Online-Verkauf 20 Euro, an der Tageskasse 22 Euro, ermäßigt 15 und 17 Euro.

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