Erstmals seit 1997 waren am Wochenende wieder deutsche Militärflugzeuge zu einem bewaffneten Rettungseinsatz unterwegs.

Berlin - Die Evakuierungsaktion der Luftwaffe in Libyen erinnert an die "Operation Libelle" von 1997. Damals hatte die Bundeswehr in einer dramatischen Aktion rund 100 Menschen aus der von Kriegswirren geprägten albanischen Hauptstadt Tirana herausgeholt. Erstmals seit diesem Ereignis waren am Wochenende wieder deutsche Militärflugzeuge zu einem bewaffneten Rettungseinsatz unterwegs: 132 Personen, darunter 22 Deutsche, wurden am Samstag aus Libyen ausgeflogen.

"Ich danke den Angehörigen der Bundeswehr für ihren mutigen Einsatz", sagte Außenminister Guido Westerwelle am Sonntag in Berlin. Er sei froh, dass diese "nicht ungefährliche Evakuierungsaktion" aus der libyschen Wüste geglückt sei. Die britischen Streitkräfte brachten nach Angaben des Ministers weitere 18 Deutsche aus dem Land. Die deutschen "Transall"-Maschinen waren am Samstag um 20.30 Uhr sicher auf Kreta gelandet.

In Berlin war die Entscheidung zur Evakuierung am Freitagabend gefallen, nachdem sich immer mehr Menschen in einem Camp der Firma Wintershall gesammelt hatten, die auch über eine eigene Landebahn in der Wüste verfügt. Unter den Evakuierten befanden sich nach Firmenangaben 21 Mitarbeiter der Wintershall AG. Damit hat das Unternehmen alle seine internationalen Mitarbeiter aus dem Land gebracht. Wintershall-Vorstandsvorsitzender Rainer Seele dankte der Bundesregierung und sagte: "Wir sind erleichtert und dankbar."

Solche Einsätze der Bundeswehr stehen in der Regel unter Parlamentsvorbehalt. Westerwelle teilte mit, dass die Bundesregierung die Lage als sehr gefährlich eingeschätzt und den unverzüglichen Einsatz der Luftwaffe angeordnet habe. Er habe darüber laut Parlamentsbeteiligungsgesetz die Fraktionsvorsitzenden informiert.

Deutschland begrüßt UN-Sanktionen


Derweil beschloss der UN-Sicherheitsrat in der Nacht zum Sonntag als Reaktion auf die eskalierende Gewalt in dem nordafrikanischen Land, ein Waffenembargo zu verhängen, Reisebeschränkungen für führende Mitglieder der libyschen Regierung einzuführen und Auslandsvermögen der Gaddafi-Familie einzufrieren.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) begrüßte die Entscheidungen und forderte Diktator Muammar al Gaddafi zugleich zum Machtverzicht auf. Die Einstimmigkeit des UN-Beschlusses verdeutliche die Geschlossenheit der internationalen Staatengemeinschaft in der Verurteilung der Schandtaten Gaddafis, sagte sie und betonte: "Es ist höchste Zeit für ihn zu gehen."

Fast gleichlautend äußerte sich Vizekanzler Westerwelle. "Die Zeit des Diktators ist abgelaufen. Er muss gehen. Punkt und Aus." Der Außenminister wies zugleich darauf hin, dass die Übergriffe der libyschen Führung nun vor den Internationalen Strafgerichtshof kommen. "Das zeigt: Wer Verbrechen gegen das eigene Volk verübt, wird persönlich zur Verantwortung gezogen."

Westerwelle dringt auf rasche EU-Entscheidungen


Zugleich drückte Westerwelle seine Erwartung aus, dass nach den klaren Entscheidungen der Vereinten Nationen auch die Europäische Union rasch Sanktionen beschließt. Nach der "politischen Einigung" vom Freitag müsse es zu Wochenbeginn auch direkte Sanktionen gegen das Regime geben.

Trotz der blutigen Ereignisse in Libyen rechnet Westerwelle gegenwärtig nicht mit einer militärischen Intervention. "Ich kenne derartige Diskussionen derzeit nicht", sagte er. Doch sei die Einrichtung von Flugverbotszonen nicht ausgeschlossen, sollte der Diktator mit der Luftwaffe gegen seine Bevölkerung vorgehen wollen.

Dringender Appell zur Ausreise aus Libyen


Erst am Samstag hatte das Auswärtige Amt seine Reisewarnung für Libyen noch einmal verschärft. Westerwelle forderte am Sonntag die noch etwa 100 im Land verbliebenen Deutschen "mit Nachdruck" dazu auf, Libyen zu verlassen. Er bitte alle deutschen Staatsbürger, "diesen Hinweis sehr ernst zu nehmen". Die Sicherheitslage sei "sehr kritisch".