Weil der Rohrer See in schlechtem Zustand ist, wird der Fischbestand gesenkt. Ein Gutachten klärt den Sanierungsbedarf. Aber zuerst rücken die Elektrofischer an.

Rohr - Die Elektrofischer werden Ende Oktober erwartet. Mit ihren Gummistiefeln werden sie durch das seichte Wasser des Rohrer Sees waten. Was sonst hochgradig gefährlich ist, werden sie unter kontrollierten Bedingungen tun. Denn sie werden das Wasser um sie herum unter Strom setzen. Die Fische werden dadurch aber nicht etwa getötet. Legt man nämlich Gleichstrom an, werden sie von der Anode, also dem Pluspol, angelockt. Bei ausreichender Stromstärke werden sie bewusstlos und können mit dem Köcher entnommen werden.

 

Zu der Aktion hat ein von der Stadt beauftragter Gewässerkundler geraten. „Er hat festgestellt, dass der Fischbestand zu hoch ist“, sagt Alexander Gass, der beim Tiefbauamt für die Betreuung der städtischen Seen zuständig ist. Denn die Qualität des Rohrer Sees ist, wie mehrfach berichtet, nicht die beste. Vor allem der Sauerstoffgehalt lässt im Sommer zu wünschen übrig. Weil es vor Ort keinen Anglerverein gibt, der den See gepachtet hat, wird die Stadt selbst zum Fischen anrücken. „Wir machen das selbst“, sagt Gass. Die Tiere sollen anschließend aber nicht getötet, sondern in einem anderen See wieder ausgesetzt werden.

Bereits 2014 wurden Proben aus dem See entnommen

Nach wie vor ist aber unklar, wie gut oder wie schlecht es tatsächlich um den Rohrer See bestellt ist. Ein Gutachten sollte bereist 2014 Aufschluss bringen. Aber die drei Termine, zu denen der Gewässerkundler Proben entnahm, waren nicht ausreichend. Also wurde die Untersuchungsdauer auf das Jahr 2015 erweitert. „Über das Jahr hinweg wurden Proben entnommen“, sagt Gass. Das ist wichtig , denn der Zustand des Sees ist im Frühjahr ein anderer als im Sommer oder Herbst. Der Bericht soll Ende des Jahres fertig sein. „Und in diesem Gutachten werden Vorschläge unterbreitet, wie wir die Gewässerqualität verbessern können.“

Das Problem ist der Zulauf, oder besser: der fehlende Zulauf. „Wie in vielen Stuttgarter Gewässern kann dieser im Sommer zurückgehen oder versiegen“, sagt Gass. „Und so war das auch in diesem Sommer.“ Aus dem Brunnen, der den Roher See speist, floss irgendwann kein Wasser mehr. „Und wenn dann eine starke Hitzeperiode ansteht, können die Sauerstoffwerte sinken und es zu Schwierigkeiten für die Fische kommen.“ Oder anderes formuliert, droht der See umzukippen.

Dahinter verbirgt sich folgendes Phänomen: Weil das Wasser steht, verwandelt sich der See etwa durch herabfallende Blätter oder anderes in eine nährstoffreiche Suppe. In der vermehren sich Algen. Die wiederum sondern wahlweise Gifte ab, um ihre Konkurrenten abzuwimmeln, oder verdunkeln durch ihre schiere Zahl den See. Das führt dazu, dass andere Pflanzen absterben und zu Boden sinken. Dort machen sich die Bakterien über die Überreste her und verbrauchen dabei derart viel Sauerstoff, dass irgendwann die Fische ersticken.

Der Sanierungsaufwand ist noch nicht absehbar

Wegen Sauerstoffknappheit musste in diesem Sommer zum Beispiel gleich mehrfach die Feuerwehr und das Technische Hilfswerk gen Möhringen ausrücken. Am Riedsee etwa pumpten sie frisches Wasser in den See oder reicherten das Nass durch eingeleitet Luft an. Der örtliche Angelverein war an der Aktion ebenfalls beteiligt.

Welche Vorschläge in Rohr Abhilfe schaffen können, kann Gass noch nicht sagen. Der Mann vom Tiefbauamt will das Papier des Gewässerkundlers abwarten. Möglich wäre jedoch, dass kleinere Maßnahmen aus dem normalen Budget seines Amts bezahlt werden können. Würde es teurer, müsste zusätzliches Geld vom Gemeinderat bewilligt werden. Möglich wäre aber auch, den Rohrer See schlicht ein weiteres Jahr zu beobachten. Unter Umständen könnte sich das Problem nämlich bereits dadurch gelöst haben, dass dort künftig weniger Fische weniger Sauerstoff brauchen.